Auf dem Weg zur grünen Mobilität

“Insbesondere im Bereich der Mobilität weist die Europäische Union eine hohe Erdölabhängigkeit auf, deshalb konzentrieren sich viele Anstrengungen auf die Elektromobilität, ein Standbein der wirtschaftlichen Renaissance.” Eine Freie Tribüne von Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Die geopolitischen Spannungen hinsichtlich der Versorgung mit Erdöl und Erdgas sowie die angestrebten Klimaschutzziele bedingen ein Umdenken der langfristigen und sicheren Energieversorgung. Gegenwärtig importieren die 27 Mitgliedsstaaten etwa 50 Prozent des fossilen Energieverbrauchs und den Angaben der Internationalen Energieagentur zufolge wird dieser Wert im Jahr 2030 zwischen 70 bis 80 Prozent liegen. Gemäß dem geschnürten Energie- & Umweltpaket der Europäischen Union wird nunmehr vermehrt auf die effiziente Energienutzung und den Einsatz der erneuerbaren Energieträger gesetzt. Die Treibhausgasemissionen werden um mindestens 20 bis 30 Prozent bis 2020 und um 50 Prozent bis 2050 reduziert. 

Insbesondere im Bereich der Mobilität weist die Europäische Union eine hohe Erdölabhängigkeit auf, deshalb konzentrieren sich viele Anstrengungen auf die Elektromobilität, ein Standbein der wirtschaftlichen Renaissance. Rund 20 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in der Europäischen Union fallen im Verkehr an und nahezu 100 Prozent der für den Verkehr genutzten Energie stammen aus den fossilen Brennstoffen. Diese sind ihrerseits die Hauptursache für die Treibhausgasemissionen und die verringerte Lebensqualität in den Ballungszentren. In der ressourcen- und umweltschonenden Mobilität sieht die Regierung deshalb einen wichtigen Schalthebel für den Transportsektor im Allgemeinen und für den Öffentlichen Personenverkehr im Speziellen. 

Es mag erstaunlich klingen, aber als Carl Friedrich Benz seine Motorkutsche im Jahr 1885 der Öffentlichkeit vorstellte, war das erste elektrisch angetriebene Automobil bereits etwa 50 Jahren im Einsatz. Der US-Amerikaner Thomas Davenport brachte dieses Fahrzeug mit einer nicht aufladbaren Batterie im Jahr 1834 „auf die Strasse“. Das erste Elektromobil mit einem aufladbaren Bleiakkumulator stellte Gustave Trouvé in Paris im Jahr 1881 vor, es handelte sich um ein Dreirad und erreichte bereits 12 km/h, vier Jahre vor dem ersten Automobil mit einem Verbrennungsmotor. Das 20. Jahrhundert hätte das Zeitalter für den Elektrowagen werden können, wenn nicht im Jahr 1912 der elektrische Anlasser von Cadillac das Fahren mit der Motorkutsche so einfach gestaltet hätte. 

Heute jedoch schaut die Technikwelt, angesichts der Diskussionen um den Klimawandel wieder auf den Elektroantrieb und die ersten Lichtblicke lassen sich bereits ausmachen. Die Automobilindustrie setzt verstärkt auf die Hybrid- und die Elektroautomobile, sie waren der Blickfang der Technik begeistertem Besucher auf den rezenten Autosalons.

Die Mobilität der Zukunft – der Elektromotor tritt auf den Plan 

Angetrieben durch Erfolg versprechende Automobile, welche mit Lithium-Ionen-Akkumulatoren versehen sind und eine Reichweite bis zu 180 km bei einer Maximalgeschwindigkeit von 140 km/h aufweisen, tritt der Elektromotor aus seinem Schattendasein heraus. Angesichts der Tatsache, dass 80 Prozent der Fahrten nicht länger als 70 km und die Hälfte sogar nicht länger als 40 km sind, reicht die noch knapp bemessene Kapazität der aktuellen Akkumulatoren aus. Am Beispiel des demnächst in Hambach hergestellten Elektrofahrzeugs „For Two“ kann gezeigt werden, dass hier eine Leistung von 33 kW und eine Maximalgeschwindigkeit von 112 km/h vorliegen. 

Damit der langsame Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zum Elektromotor gelingen kann, bedarf es der Versorgung mit elektrischer Energie. Würde man die benötigte elektrische Energie nur aus den Kohlekraftwerken mit ihren Treibhausgasemissionen oder den Kernkraftwerken bereitstellen, dann ergäbe sich kein Gewinn für die Umwelt. Die Elektromobilität stellt nur dann einen Gewinn für die Umwelt dar, wenn die elektrische Energie für den Elektromotor aus erneuerbaren Energien: Wasserkraft, Biomasse, Solarenergie und Windenergie, bereitgestellt wird. Angesichts der Tatsache, dass die Europäische Union sich dazu bekannt hat, den Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent bis zum Jahr 2020 zu steigern, stellt die sich im Aufbau befindliche Elektroautoflotte einen wichtigen Partner dar. 

Die derzeit andiskutierten Projekte hinsichtlich der Nutzung der Windenergie auf dem Meer und der Sonnenenergie aus den Wüsten erlauben nach ihrer Verwirklichung die Bereitstellung hoher Mengen an erneuerbarer elektrischer Energie für den Ladeprozess der Akkumulatoren. Um 15 Prozent des Verbrauchs an elektrischer Energie in der Europäischen Union durch die Nutzung der Sonnenenergie in Afrika zudecken, bedarf es Investitionen in Höhe von 400 Milliarden Euro; die Sanierung der Bankenpleiten hat bis dato schon fast 8000 Milliarden Euro gekostet.
Folgende Informationen seitens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit aus dem Jahr 2008 mögen hier nützlich sein. Der Verbrennungsmotor verursacht durchschnittlich 133 g CO2 pro km Fahrstrecke, der Elektromotor auf Basis des aktuellen Energiemix etwa 107 g CO2 pro km und bei Nutzung von ausschließlich erneuerbaren Energien nur 5 g CO2 pro km. Bei näherer Betrachtung der Energiebilanz erkennt man, dass beim Elektromobil der Nutzungsgrad vom Akkumulator bis zum Rad mit 85 bis 90 Prozent angegeben wird, hingegen nur bis zu 35 Prozent für das Verbrennungsmobil. 

Hinsichtlich des Ladeprozesses geben die Hersteller zwei Möglichkeiten an: Beim Anschluss des Lithium-Ionen-Akkumulators an eine Steckdose, dauert der Ladevorgang 25 Minuten um etwa 80 Prozent der Kapazität einzuspeichern. Noch streiten sich die Hersteller mit den Energielieferanten, ob die Aufladung über Gleichstrom oder Wechselstrom erfolgen soll. Möchte man den Akkumulator jedoch auf 100 Prozent laden, dann dauert der Vorgang etwa sieben bis acht Stunden. 

Noch verfügen wir nicht über die nötigen Ladestationen, dieser Nachteil verflüchtigt sich jedoch durch die ständig steigende Flotte von Elektromobilen. Immerhin möchte die deutsche Regierung mehr als 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2020 im Gesamtfuhrpark vorfinden.
Einen Nachteil stellen die hohen Kosten der Lithium-Ionen-Akkumulatoren (zwischen 25.000 bis 23.000 Euro) dar, durch das erhöhte Aufkommen von Elektromobilen kommt es hier zur gewünschten Kostendregression, das ausgemachte Ziel ist hier 200 Euro pro kWh bis 2020. Parallel wird sich die Energiedichte der neuartigen Speicher durch die Forschung und Entwicklung erhöhen. Heute beträgt die Energiedichte nur 0,16 kWh/kg und dies gegenüber der von Benzin mit 13 kWh/kg. Die derzeitigen Forschungsaufgaben zielen darauf ab, die Energiedichte kurzfristig auf 0,2 kWh/kg und langfristig auf 2 kWh/kg zu steigern. 

Als ein wichtiger Vorteil für die Ressourcen schonende nachhaltige Wirtschaft entpuppen sich der einfachere Aufbau und die wesentlich höhere Lebensdauer der Elektromotoren, ebenfalls kommt die Verschleißarmut zur Geltung. Wissend, dass die Anschaffungskosten des Lithium-Ionen-Akkumulators sehr hoch sind, laufen derzeit Bestrebungen, den leeren Speicher an den zu errichtenden Wechselstationen gegen einen aufgeladenen auszutauschen. Leider liegen die Ansichten zwischen den Energieversorgungsunternehmen und den Automobilherstellern noch weit auseinander, hier müsste die Europäische Kommission dringend die Partner zur Besinnung aufrufen, andernfalls werden die aufstrebenden Schwellenländer das Heft in die Hand nehmen.

Die Elektroflotte – ein Speicher für die überschüssige erneuerbare Energie 

Für die Energieversorger ergibt sich ein weiterer Vorteil, indem sie den überschüssigen Wind- und Solarstrom zum Ladevorgang in den Akkumulatoren als kostengünstige standortgebundene Speicher benutzen können. Nach Aussagen der Energieversorger müssten etwa 300 Elektrofahrzeuge einer 3 MW-Windenergieanlage gegenüberstehen. Bei auftretendem Mangel an elektrischer Spitzenleistung im Verbundnetz hingegen, kann man auf die geladenen Lithium-Ionen-Akkumulatoren der Elektromobile zurückgreifen, die am Netz zum Ladevorgang angeschlossen sind. Durch die intelligente Steuerung im europäischen Verbundnetz bieten sich somit die Elektromobile als virtuelle Energiespeicher und -lieferanten an. 

Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, die länderübergreifenden Verbundleitungen so auszulegen, dass sie ausreichend Kapazitäten haben, um die Schwankungen der erneuerbaren Energien zu verkraften. Würde man den elektrischen Strom aus fossilen Kraftwerken zur Verfügung stellen, so werden pro km Fahrtstrecke etwa 162 g CO2 ausgestoßen. Wenn die elektrische Energie jedoch aus erneuerbaren Energien gewonnen und zur Verfügung gestellt wird, so sinken die Emissionen auf 5 g CO2 pro km Fahrtstrecke, dies gemäß den Berechnungen des Deutschen Bundesministeriums für Umwelt mit Stand 2008. 

Einen weiteren faszinierenden Aspekt bietet die Möglichkeit der Bereitstellung von erneuerbarer elektrischer Energie aus den Maghreb-Staaten und der Sahara. Dieses Konzept wird derzeit durch ein breit angelegtes Konsortium von Unternehmen, Banken und Versicherungen SOLARTEC auf seine Machbarkeit untersucht. Wenn diese Zusammenarbeit gelingt, dann erhalten die Menschen in den Ländern südlich des Mittelmeeres ebenfalls die Möglichkeit, eine nachhaltige elektrogetriebene Mobilität auf erneuerbarer Basis aufzubauen und den Überschuss an elektrischer Energie in die Länder nördlich des Mittelmeeres zu leiten, ein Beispiel von technologischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit. 

Bedingt durch den Umstand, dass die Elektrofahrzeuge sehr geräuscharm und keine Schadstoffe emittieren, eignen sie sich vorzüglich für den Pendlerdienst in den Ballungsgebieten. Sicher wird der Anschaffungspreis eines Elektromobils zu Beginn der Einführung höher als des vergleichbaren Verbrennungsmobils sein, aber die Mehrkosten lassen sich schnell gegenüber dem teurer werdenden Benzin und Diesel sowie den Wartungskosten aufrechnen. Bei Einsicht der bereits vorliegenden Unterlagen erkennt man, dass sich für eine Fahrtstrecke von 100 km durch die bereitgestellte elektrische Energie von 15 kWh aus dem Lithium-Ionen-Akkumulator die Kosten auf etwa 2,2 Euro belaufen.

Die Elektromobilität – ein Schlüsselbereich für den wirtschaftlichen Aufschwung 

Die Vision der Elektromobilität beginnt langsam Realität zu werden. Bei näherer Betrachtung erkennt man das Bestreben sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik, die erneuerbaren Energien umfänglich zu nutzen. Die Elektromobilität stellt einen wichtigen umfassenden Ansatz im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung dar und wird die Wirtschaft auf die kommende „Nach-Erdöl-Ära“ vorbereiten. Es bedarf des technischen Wandels hin zu den klimafreundlichen und effizienten Energietechniken. 

In diesem Sinne ergibt sich durch Bündelung von unterschiedlichen Partnern in unserer Großregion zu einem wirtschaftlichen Cluster, die Elektromobilität auf breiter Basis zu unterstützen. Durch die gesteigerte Kooperation zwischen der Automobilindustrie, der chemischen Industrie, der Kommunikationstechnologien und der Energieversorgungsunternehmen werden die Voraussetzungen geschaffen, eine entschlossene Richtungsänderung hin zu einer nachhaltigen Mobilität mit hohem Mehrwert einzuleiten. Die Weiterentwicklung des Lithium-Ionen-Akkumulators sowie der Elektroautomobile auf vier oder zwei Rädern sollte einen Schwerpunkt des Clusters bilden, in welchem die Forschungsstätten und die Universitäten auch eine führende Rolle übernehmen sollen. 

Bedingt durch den Umstand, dass die breite Bevölkerung die nachhaltige Entwicklung als eine wirkungsvolle Richtschnur des Wandels anerkennt, mittels welcher neue Arbeitsplätze geschaffen werden, sollte die Politik diesen wichtigen Entwicklungsprozess vorantreiben. 

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter, 11. Februar 2010

Literaturnachweis:
http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromobilität
http://www.unendlich-viel-energie.de/de/verkehr/elektromobilitaet.html
http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2009
http://www.bmvbs.de/-,302.1091796/Nationaler-Entwicklungsplan
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/740/472266/text