Paradigmenwechsel: Effizientes Bauen und Plusenergie-siedlungsstrukturen

“Neben der Verringerung des Energieverbrauchs in den Haushalten und im Verkehr werden wir uns demzufolge eine neue Kultur „Bauen & Wohnen sowie Mobilität“ aneignen müssen.” Eine freie Tribüne von Marcel Oberweis, CSV-Abgeordneter

Die nachhaltige Entwicklung muss als ein generationsübergreifendes Aufsuchen nach der richtigen Lebensart angesehen werden. Diese Aufgabe können wir jedoch nur lösen, wenn wir uns bequemen, neue Pfade zu betreten, sie muss derart ausgestaltet werden, dass wir die Auswirkungen auf die Lebensqualität der kommenden Generationen im Blick haben; die kurzfristigen und egoistischen Einzelinteressen haben ausgedient. Außerdem sind es nicht nur die wirtschaftlichen Zwänge u.a. die steigenden Energiepreise sowie die wachsende Energieabhängigkeit, die uns zwingen, neue Wege bezüglich der Energieversorgung und der Besiedlung des Raumes aufzusuchen. 

Nahezu 40 Prozent der in Luxemburg eingesetzten Energie (Erdgas und Erdöl) werden zum Heizen der Gebäude und Häuser verbraucht, an den Treibhausemissionen sind sie jedoch nur zu 14 Prozent beteiligt. Angesichts der zur Neige gehenden Reserven an Erdöl und Erdgas ist es ein Gebot der Stunde, die Energie rationeller einzusetzen und somit die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Neben der Verringerung des Energieverbrauchs in den Haushalten und im Verkehr werden wir uns demzufolge eine neue Kultur „Bauen & Wohnen sowie Mobilität“ aneignen müssen. Gefordert sind hier die Raumplaner, die Planer und die Bauherren. Ein wichtiger Partner in diesem Umdenkprozess sind ohne Zweifel die Architekten, sie werden einen entscheidenden Einfluss auf die Konzeption in den Bereichen Raumbesiedlung, Stadtplanung, solare Gebäudegestaltung, effizienter Energieverbrauch und Verwendung von einheimischen Baumaterialien nehmen. 

Die Nachhaltigkeit in der Raumbesiedlung liefert den Stoff, aus dem wir unsere Städte und Dörfer bauen, die Landschaften aufwerten und die Biodiversität schützen werden. Es soll hier auf das am 27. März 2003 vom Regierungsrat verabschiedete "Programme Directeur" hingewiesen werden, das den Rahmen für die Erarbeitung des Integrativen Verkehrs- und Landesplanungs-Konzeptes (IVL)lieferte. Demzufolge soll Luxemburg langfristig als Wohn- und Arbeitsort attraktiv und lebenswert bleiben. Das IVL hat den Weg vorgegeben und die Politik ist nunmehr gefordert, die einzelnen Belange der Verkehrserschließung und -besänftigung sowie der Raumbesiedlung aufeinander abzustimmen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist aber die Schaffung der nachhaltigen Raumstruktur, dies unter Berücksichtigung von siedlungsbezogenen, verkehrtechnischen und umweltschützerischen Aspekten. Mit diesem Planungsinstrument können einerseits neue Siedlungsflächen für Wohnungen und Unternehmen in den Gemeinden und andererseits neue Verkehrsadern ausgelotet werden. 

Es geht letztendlich um das Aufsuchen eines Konzeptes, das die Bereiche: Wohnen, Arbeiten, Bildung, Freizeitgestaltung und Versorgung optimal vernetzt.

Planen und Bauen nach umweltschützerischen Kriterien 

Das Konzept der Nachhaltigkeit verlangt von den Architekten, den Einsatz von intelligenter Technik und innovativen Konstruktionen sowie umweltverträglichen Baumaterialien. Zusätzlich werden wird der umweltbezogenen Energiebelieferung einen hohen Stellenwert einräumen und dies insbesondere durch den Einsatz der aktiven und der passiven Solarnutzung in den Gebäuden und Häusern. Durch den Einsatz von dezentralen Blockheizkraftwerken, beruhend auf der Biomasse, werden umweltfreundlich Wärme und elektrische Energie erzeugt, wobei die erste durch die aufzubauenden Nahwärmenetze genutzt werden kann. Ohne Zweifel wird die Zukunft den Plusenenergiesiedlungstrukturen gehören, in denen mehr Energie bereitgestellt als deren verbraucht wird. Da der sparsame Umgang mit der Ressource Boden in Luxemburg ein wichtiges Element in der Raumplanung und der Stadt- & Dorfentwicklung darstellt, muss die Planung so gestaltet werden, um die ausgewiesenen Siedlungsflächen in den Gemeinden optimal zu nutzen. Außerdem bedarf es dem Einsatz von intelligenten Technologien und von innovativen Bauweisen mit heimischen umweltverträglichen Baustoffen. 

Mittels des Energiepasses wird die gefragte Auskunft über den tatsächlichen Energiebedarf eines Gebäudes oder Hauses geliefert. Diese Informationen sollen sowohl dem Bauherren als auch dem Mieter dienen, darüber werden wir die Sanierung des Altbaubestandes umgehend in die Wege leiten, das Handwerk und der Handel bringen sich als willkommene Partner ein. 

Zusätzlich soll neben der Siedlungsplanung auch dem Verkehr ein hohes Augenmass gewidmet werden. Wir werden vom „harten Verkehr“ Abschied nehmen und uns immer stärker der „sanften Mobilität“ zuwenden müssen, in den Städten und Dörfern wird dem Fußgänger und dem Radfahrer die nötige Priorität eingeräumt. Die Automobilbranche hat diesen Zeitgeist erkannt und liefert bereits die ersten Modelle mit Hybridantrieb und Elektroantrieb. Dieser Wechsel bedingt die Nutzung der erneuerbaren Energien zur Gewinnung von elektrischer Energie vor Ort d.h. in unseren Gegenden. Durch den Bau von „Carports“, d.h. Parkingflächen mit integrierten Photovoltaikanlagen in den Siedlungen, in den Geschäftszentren sowie in den P+R-Parkings wird dieser Wechsel beflügelt. 

Die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien, den Raumgestaltern, den Landschaftsarchitekten, den Ingenieurbüros und den Stadtplanern sowie den Gemeinden wird die gewünschte Lebensqualität liefern, es bedarf nur der der Auslotung eines vernetzten Leitbildes, welches sich an den drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung orientiert. 

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter, 27. Oktober 2009