Eine Reflexion zu den anstehenden Gemeinderatswahlen. Freie Tribüne von Paul Weimerskirch, Nationalsekretär der Chrëschtlech Sozial Gemengeréit CSG
Die Juniwahlen, die Koalitionsverhandlungen, die vielen Diskussionen in den Parteien und das neue Regierungsprogramm standen vor den Sommerferien im Mittelpunkt des politischen Geschehens. Steuer- und finanztechnische Aspekte, arbeits- und sozialrechtliche Themen – standen zur Debatte. Lokalpolitische Fragen wurden, wenn überhaupt, doch nur eher am Rande thematisiert, kommunalpolitische Aussagen waren kaum gefragt, abgesehen von Fragen, die das Innenministerium direkt betreffen, so u.a. die Territorialreform.
Blickfeld Gemeinde
Das wird sich allerdings in den kommenden Wochen sicherlich ändern, stehen doch im Oktober 2011 Gemeinderatswahlen auf der Tagesordnung. Und alle Parteien werden wohl oder übel die damit verbundenen Vorbereitungsarbeiten angehen. Die Vereinigung der CSV-Gemeindepolitiker (Chrëschtlech Sozial Gemengeréit – CSG) hat mit dem statutarischen Kongress bereits eine erste Etappe absolviert. Mit einer neuen Mannschaft, mit einem neuen Programm und mit neuen Ideen werden wir uns zu neuen Ufern aufmachen. Kandidatenlisten sind aufzustellen, Rahmenprogramme sind festzulegen und auf die verschiedenen Gemeinden hin orientierte und spezifische Fragestellungen sind zu klären. Somit werden die alltäglichen Sorgen, Anliegen und Bedürfnisse der Mitbürger in den Kommunen ins Blickfeld gerückt, auch von jenen, die sonst gerne die kommunalpolitischen Fragen in überspitzten Darstellungen öfters mal etwas spöttisch kommentieren.
Es wäre allerdings ein fataler Irrtum, den Einsatz für diese kommenden Wahlen und somit auch den Stellenwert der Gemeinden zu unterschätzen. Denn nur auf der kommunalen Ebene besteht für Bürgerinnen und Bürger die echte Chance, sich an der Gestaltung ihres Gemeinwesens zu beteiligen, Kontrollen auszuüben und unmittelbar an der künftigen Entwicklung der Lebensqualität mitzuentscheiden. Nur auf dieser Ebene werden vom Bürger Pflichten und Aufgaben übernommen, die der unmittelbaren örtlichen Gemeinschaft zugute kommen. Dies sind grundlegende Elemente einer demokratischen Gesellschaft.
Kein Selbstzweck
Das Aufgabengebiet der Gemeinde ist heutzutage mannigfaltig. Einerseits muss das kommunalpolitische Tagesgeschehen gestaltet und die zukünftige Entwicklung der Kommune geplant werden, andererseits sind zahllose Verwaltungsaufgaben und unterschiedlichste Dienstleistungen zu erledigen. Ob es sich um die ständig wachsenden Ausgaben, die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde, die Wohnungsbaupolitik, die Verkehrsentwicklung, die gesamte Infrastruktur oder die Gestaltung der gesamten kulturellen Entwicklung handelt, von der Vereinsförderung bis hin zum Theater, überall sind unsere Bürgermeister, Schöffen und Gemeinderäte gefordert, mit Visionen und Kreativität, mit großer Verantwortung und Mut, mit Fachkompetenz und ständigem Informationswillen, ihre Frau und ihren Mann zu stellen. Auch wenn die Ausführung vieler kommunaler Projekte durch staatliche Bestimmungen reglementiert ist, so ist es Aufgabe der Gemeindeverantwortlichen, Ziele für die künftige Entwicklung zu setzen, Projekte zu planen und zu realisieren und die notwendigen Finanzmittel dafür aufzubringen. Dabei ist die kommunale Selbstverwaltung beileibe kein Selbstzweck. Auch wenn Kommunalpolitiker mit ihren Entscheidungen und Aktivitäten ihren eigenen Lebensraum mitgestalten, ist jede Frau und jeder Mann in der Kommunalpolitik in erster Linie im Dienste anderer aktiv und hat sich um die kleinen und großen Sorgen der Mitmenschen zu kümmern. – Nebenbei bemerkt, es darf nicht nur als Ironie des Schicksals angesehen werden, dass jede Handlung sofort von der Gemeindebevölkerung kritisiert wird und die KommunalpolitikerInnen diese Kritik sofort, direkt und ungeschminkt um die Ohren bekommen, hingegen die Leistungen und der Einsatz als selbstverständlich und meist unbedankt eingefordert werden.
Zesummen. An eise Gemengen.
Die eigentliche Legitimation des Kommunalpolitikers liegt in der Gestaltung der Lebensbedingungen, der Verbesserung der Lebensqualität in den Ortschaften, sowie in der Absicherung der Leistungs- und Lebensfähigkeit der Gemeinde.
Doch neben diesen Sachaufgaben werden an Kommunalpolitiker hohe Anforderungen an ihre Führungskompetenz gestellt. Verhandlungsgeschick, Organisationstalent, Mut zum fairen Dialog, konstruktive Zusammenarbeit, globales Denken und Handeln, die Fähigkeit, Brücken zu schlagen, ein offenes Ohr haben und Verständnis zeigen, sind hier gleichermaßen Auftrag für Majorität und Opposition. Kleinkriege oder persönliche Unterstellungen sind fehl am Platz, wenn es gilt mitzuhelfen, die Lebensqualität auf lokalen Raum zu verbessern, dort wo jung und alt sich verstehen sollen, wo der ausländische Mitbürger als gleichwertiger Partner gesehen wird, wo Kinder und Erwachsene zusammenleben, wo Partnerschaft und Toleranz groß geschrieben werden, wo der behinderte Mitmensch seinen Platz hat – kurz gesagt, dort, wo Bürgerinnen und Bürger ihre Heimat haben, sich wohlfühlen, gerne da wohnen und stolz auf ihr Gemeinwesen und die gewählten Vertreter sein können.
Wo solche Verhältnisse herrschen, werden auch notwendige politische Auseinandersetzungen, wird Wahlwerbung und der Kampf um die Wählerstimme bei aller noch so harten Sachkritik (und nur darum sollte es gehen) mit Vernunft und Einfühlungsvermögen und vor allem mit Achtung vor dem Menschen geführt – die Voraussetzung für echtes "Miteinander", für ein echtes "Zesummen an eise Gemengen" – Und das sollte doch wohl ein Ziel in unserer Gesellschaft sein!
Paul Weimerskirch, Nationalsekretär der CSG, 21. Oktober 2009