Der Wohnungsbauminister im Interview.
Marco Schank will Gemeinden für verstärkte Nutzung des „Pacte logement“ sensibilisieren
Luxemburger Wort, 30. September 2009, Claude Feyereisen
Luxemburg befindet sich in der Krise, doch die Immobilienpreise zeigen sich davon ziemlich unberührt. Im LW-Interview spricht Wohnungsbauminister Marco Schank über die Lage auf dem Immobilienmarkt, die allgemeine Preistendenz und den Sinn und Zweck von Niedrigenergiehäusern.
Für ein Einfamilienhaus musste ein Käufer in Luxemburg 2008 im Schnitt 552 000 Euro zahlen. Ein Apartment war im Durchschnitt für 334 000 Euro zu haben. Beides entspricht in etwa dem Preisniveau von 2007. Das geht aus den Erhebungen des „Observatoire de l’habitat“ hervor. Herr Schank, wie schätzen Sie die derzeitige Lage auf dem Immobilienmarkt ein?
Die Situation mag auf den ersten Blick recht seltsam erscheinen, doch ist sie angesichts des allgemein hohen Preisniveaus der vergangenen Jahre durchaus nachvollziehbar: Sowohl Verkäufer als auch Kaufinteressenten warten derzeit ab. Der Verkäufer, weil er den höchstmöglichen Preis erzielen will und/oder weil er diesen möglicherweise noch vor kurzem für seine Immobilie bezahlt hat. Der Kaufinteressent, weil er darauf hofft, dass die geforderten Preise durch die Krise sinken werden beziehungsweise, dass die Verkäufer von ihren hohen Preisforderungen abrücken. Im Klartext bedeutet das, dass beide Parteien abwarten und dass sich auf dem Immobilienmarkt derzeit nur sehr wenig tut.
Also hat die Krise einen direkten Einfluss auf die Immobilienpreise?
Das kann man nicht eindeutig sagen. Fakt ist, dass im zweiten Trimester 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 22,7 Prozent mehr Häuser und 63,9 Prozent mehr Wohnungen zum Verkauf standen. Bei jenen Häusern und Wohnungen, für die ein Mieter gesucht wird, wurde für besagten Vergleichszeitraum ein Zuwachs von 91,7 beziehungsweise 60 Prozent verzeichnet. Das Angebot ist so groß wie nur selten, doch sind die Preise bislang nur sehr leicht gefallen. Der Grund hierfür ist, wie bereits eingangs gesagt, die abwartende Haltung von Verkäufern und Käufern.
Wie verlässlich sind die Erhebungen des „Observatoire de l’habitat“ angesichts der Tatsache, dass diese auf der Basis von Immobilienanzeigen erfolgen?
Sie geben uns Aufschluss über die allgemeinen Tendenzen. Ich plädiere jedoch dafür, dass – so wie es im Koalitionsabkommen vorgesehen ist – wir künftig präzisere Angaben über die Entwicklung des Immobilienmarktes zu unserer Verfügung haben. Erreicht werden soll das durch eine gewisse Standardisierung der notariellen Akten sowie einer insgesamt engeren Zusammenarbeit mit Notariat und Enregistrement-Verwaltung bei der Analyse des Marktes.
Eine generelle Tendenz hin zu niedrigeren Immobilienpreisen ist demnach nicht zweifelsfrei festzustellen. Wie wollen Sie den derzeit stabilen, in naher Zukunft möglicherweise aber bereits wieder steigenden Preisen entgegenwirken? Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, dass der Wohnraum im Großherzogtum für Einheimische erschwinglich bleibt?
Damit der Erwerb eines Eigenheims erschwinglich bleibt beziehungsweise erschwinglich wird, müssen die Gemeinden stärker mit in die Verantwortung genommen werden. Der „Pacte logement“ bietet ihnen die entsprechenden Möglichkeiten. Es soll mehr Bauland erschlossen und es soll kostengünstiger erschlossen werden, lautet die Zielsetzung. Bis dato haben 101 von 116 Gemeinden einen „Pacte logement“ abgeschlossen.
Viele Luxemburger Familien wandern in das nahe Grenzgebiet ab. Wohnen wird dort aller Voraussicht nach immer günstiger sein als hierzulande …
Wir müssen erreichen, dass sich (junge) Leute ein Haus oder eine Wohnung in Luxemburg leisten können. Auch das gehört zur Verantwortung der öffentlichen Hand! Auch aus diesem Grund wurde der „Pacte logement“ geschaffen.
Und das bedeutet konkret?
Ich wiederhole mich: Die Gemeinden müssen sich mit Hilfe des „Pacte logement“ stärker mit einbringen. Sie müssen selbst in den Wohnungsbau investieren und ausreichend Wohnraum für die Wohnraumsuchenden schaffen. Sie werden dabei vom Staat finanziell unterstützt. Eine Kampagne soll die Gemeinden in Zukunft stärker für die Nutzung der Instrumente des „Pacte logement“ sensibilisieren. Gleichzeitig könnte das Ministerium den Gemeinden bei Wohnungsbauprojekten beratend zur Seite stehen.
Die Diskussion um die hohen Immobilienpreise hat jene um ökologisches Bauen etwas zurückgedrängt, zumal Niedrigenergiehäuser beim Bau bislang in der Regel teurer sind als herkömmliche Bauwerke …
Für mich persönlich müssten Niedrigenergiehäuser bereits heute Standard sein. Die Energiepreise sind derzeit, wohl wegen der Krise, recht niedrig – und stabil. Das kann in nicht allzu ferner Zukunft aber wieder das Gegenteil sein! Also sollte man beim Hausbau darauf achten, möglichst energieeffizient zu bauen. Über mehrere Jahre gerechnet, lohnt sich dann die Niedrigenergiebauweise. Ich stelle fest, dass sich immer mehr Bürger darüber informieren.
Es gibt demnach in Sachen Immobilienmarkt und -preise in Luxemburg noch viel zu tun. Wo sehen Sie, neben den hohen Immobilienpreisen, noch weiteren Handlungsbedarf?
Ich will so schnell wie möglich eine Diskussion über adäquate Bauformen in ländlichen Regionen anheizen …
Quelle: Luxemburger Wort, 29. September 2009, Claude Feyereisen