Das Regierungsprogramm : Studieren und forschen „made in Luxembourg“
VON PIT BOUCHE
Für Minister François Biltgen gibt es drei übergreifende Aufgabenbereiche: die Förderung der Hochschulausbildung, der Forschung aber auch der praktischen Anwendung von Forschungserfolgen. Die Regierung setzt vor allem auf Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren, um in Luxemburg Kompetenz- und Innovationspole zu schaffen. In erster Linie steht jedoch weiterhin die positive Entwicklung der Universität im Mittelpunkt der staatlichen Bemühungen.
Dabei wurde anfangs über die Universität Luxemburg lange heftig gestritten. Zuerst stand vor allem der Sinn des ganzen Projektes in Frage, später dann der Standort. Doch bei der Vorstellung des Regierungsabkommens stellte Staatsminister Jean-Claude Juncker eindeutig klar: „Die Standortfrage der Universität betrachten wir als geklärt.“ Und auch den Zweck einer eigenen Universität bezweifelt kaum noch jemand in einem Land, in dem über die Hälfte der geschaffenen Arbeitsplätze eine BAC+-Ausbildung voraussetzen, sowie in einem allgemeinen Wirtschaftsumfeld, das ständig Innovationen, also hochkarätige Forschung benötigt.
Wenig überraschend ist es, dass die Universität nun hauptsächlich in Esch-Belval angesiedelt wird, jedoch bleiben die Fakultäten der Rechtswissenschaft und des Finanzwesens der Hauptstadt erhalten.
In diesem Zusammenhang soll laut Regierungsprogramm auch der Besitz des unbeweglichen Vermögens auf die Universität übergehen. Durch eine neu gegründete Stiftung wird die Universität demzufolge zukünftig die Verwaltung der Immobilien übernehmen.
Eine der Prioritäten der neuen Regierung bleibt es, die Anzahl der Diplomabgänger zu vergrößern. Daher soll an der Universität das Angebot der Studiengänge und der Berufsausbildungen erweitert werden, dies vor allem im Bereich der „techniciens supérieurs“. Die Grundvoraussetzung wurde mit dem im Juni gestimmten Gesetz über die Organisation des Hochschulwesens bereits geschaffen.
Doch auch die Möglichkeiten der Weiterbildung sollen stark ausgebaut werden, was die Regierung im Rahmen des nächsten Entwicklungsabkommens mit der Universität umsetzen möchte. Ferner wird die CSV/LSAP-Koalition die Anzahl von Unterkünften soweit erhöhen, dass 20 Prozent der Studenten eine Bleibe finden.
Im Bereich der Leitung und der Entscheidungsprozesse innerhalb der Universität ist es der Wunsch von Schwarz-Rot, dass die Studenten stärker miteinbezogen werden und die interne Kommunikation verbessert wird. So sollen z. B. die Studentenvertretungen weiterentwickelt werden.
Des Weiteren werden allgemein die Anerkennung der Diplome „im Sinne einer größeren Transparenz“ umstrukturiert und die Autonomie der Universität ausgebaut.
Um „Theorie und Praxis“ besser zu vereinen, soll speziell die Ausbildung der Grundschullehrer überarbeitet werden, wobei auf die Empfehlungen externer Sachverständiger zurückgegriffen wird. Was die Lehrer der Sekundarschulen betrifft, peilt die Regierung die Einführung eines spezifischen Masterlehrgangs an der Universität Luxemburg an. Studenten, die beabsichtigen später eine Sprache zu unterrichten, müssen aber zukünftig wenigstens vier Semester in einem Land verbringen, in dem diese Sprache amtlich anerkannt ist.
Neben der Ausbildung gehört auch die Forschung zu den Aufgaben der Universität. Klare Absicht der Regierung ist es dabei, die Humanwissenschaften nicht zu vernachlässigen, denn es sollen nicht nur rein wirtschaftliche Interessen im Mittelpunkt stehen. Im Großen und Ganzen soll sich die Universität, wie insgesamt die Forschungseinrichtungen in Luxemburg, aber auf wenige Bereiche konzentrieren und spezialisieren. Allerdings wird der Universität genügend Flexibilität eingeräumt, um sich bietende Gelegenheiten mittelfristig nutzen zu können.
Die Zusammenarbeit zwischen Universität und öffentlichen Forschungszentren soll dabei weiter verbessert werden. So wird in Zukunft geografisch eine größere Nähe bestehen, da auch die Letztgenannten größtenteils in der „Cité des sciences“ in Esch-Belval angesiedelt werden sollen. Zudem sollen gemeinsame internationale Projekte zu stärkeren Synergien zwischen den nationalen Akteuren führen und allgemein die Mobilität der Forscher zwischen den verschiedenen Forschungsinstituten gefördert werden.
Weiterhin bleibt es Ziel der CSV/LSAP-Koalition, die Forschungsausgaben des Staates auf ein Prozent des Bruttoinlandproduktes zu erhöhen. Allerdings will man darüber wachen, dass die Mittel effizient eingesetzt werden. Deshalb werden auch in Zukunft mehrjährige Programme erstellt, deren Fortschritte überprüft werden. Die ganzheitliche Forschungspolitik soll durch internationale Expertengruppen regelmäßig bewertet werden.
Durch das Konzept des „Dreiecks des Wissens“ hofft die Regierung, langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Luxemburger Wirtschaft zu stärken. So sollen nicht nur die Hochschulausbildung und die Forschung gefördert werden, die Forschungsresultate müssen auch verstärkt eine praktische Anwendung finden. Auf Basis von Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren sollen demzufolge regelrechte Kompetenzpole entstehen.
Dazu ist es aber notwendig die Anzahl der Forscher zu erhöhen. Als Grundvoraussetzung wollen CSV und LSAP die Karrierebedingungen attraktiver gestalten. Vor allem müssen die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit der Anteil von Frauen in solchen Berufen gesteigert wird. Auch die Jugend soll durch Sensibilisierungskampagnen verstärkt für solche Karrieremöglichkeiten begeistert werden.
Des Weiteren möchte Schwarz-Rot den Unternehmungsgeist fördern und die Schaffung neuer Gewerbe adäquat begleiten, damit auf Basis der Forschung schlussendlich auch neue Wirtschaftsaktivitäten entstehen können.
Auf europäischer und internationaler Ebene setzt sich die Regierung für weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit ein. Auch sollen luxemburgische Forschungsinstitute verstärkt in europäische Projekte eingebunden werden. Innerhalb der Großregion stellen CSV und LSAP sogar gemeinsame wissenschaftliche Forschungsprogramme in Aussicht. Zudem versucht die Regierung Synergien zwischen der nationalen Forschungspolitik und der Entwicklungshilfe herzustellen.
Im Bereich der Weltraumforschung wird schließlich der diesbezügliche nationale Aktionsplan weiter umgesetzt. Vor allem die Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren sollen ausgebaut werden und dadurch neue Anwendungen, Produkte und Dienstleistungen auf Basis der Satelliteninfrastrukturen entstehen.
Quelle: Luxemburger Wort, 14. September 2009