Die neuen Abgeordneten auf Krautmarkt :Robert Weber will sich im Parlament für die Arbeitnehmer einsetzen
VON JOELLE MERGES
Nach Marc Spautz und Ali Kaes zog am 28. Juli mit Robert Weber der dritte Mann aus der LCGB-Spitze ins Parlament ein. Einen Widerspruch zwischen seinem gewerkschaftlichen und seinem politischen Engagement kann der frisch gebackene CSV-Abgeordnete nicht erkennen, auch wenn dies einige politische Beobachter anders sehen.
Ob der Christliche Gewerkschaftsbund sich denn nun als Unterorganisation in die Christlich-Soziale Volkspartei eingliedern werde, fragten so manche hämisch, als Webers Kandidatur für die Landeswahlen publik wurde. Wie kann ein Gewerkschaftspräsident sich glaubhaft für die Interessen der Arbeitnehmer einsetzen, wenn er andererseits als Abgeordneter unliebsame Regierungsentscheidungen abnicken müsse, gaben einige Beobachter zu bedenken.
"Erstaunlicherweise kommen solche Fragen nur von Leuten außerhalb des LCGB. Meine Gewerkschaftskollegen fragen sich eher, ob ich noch über genügend Zeit verfüge, um mich für ihre Anliegen einzusetzen", lautet Webers Replik auf die Bedenkenträger. Für den LCGB-Präsidenten gehen Abgeordneten- und Gewerkschaftsmandat Hand in Hand. Das parlamentarische Engagement gehöre zur Tradition seiner Gewerkschaft, erklärt der 54-Jährige, denn schließlich hätten fast alle seine Vorgänger einen ähnlichen Weg eingeschlagen, wie er es nun tue. Und über die politische Laufbahn von Leuten wie Jean Spautz oder Marcel Glesener seien keine kontroversen Debatten geführt worden.
Zudem sei es ja nicht so, als ob er seine neue Karriere aus heiterem Himmel eingeschlagen habe. In die CSV sei er in jungen Jahren eingetreten, noch ehe er Gewerkschaftsmitglied wurde. "Jean-Claude Juncker erzählt immer die Geschichte, wonach ich ihm die Volkspartei schmackhaft gemacht hätte, während er mich zum Gewerkschaftsbund geholt habe", sagt Weber. Gemeinsam leiteten sie eine Zeit lang die Geschicke der CSJ, der eine als Präsident (Juncker), der andere als Generalsekretär (Weber). Dass Weber junior in der christlich-sozialen Jugend derzeit die gleiche Aufgabe erfüllt wie seinerzeit der Vater, sei reiner Zufall.
Wie auch immer: Mit CSV-Leuten wie Jean-Claude Juncker oder Marie-Josée Jacobs verbindet Weber seit jenen Tagen eine enge Freundschaft, die dazu führte, dass er von Parteivertretern bei vergangenen Wahlen schon öfters gefragt worden sei, ob er nicht an einem Listenplatz interessiert wäre. Sogar der direkte Wechsel in die Regierung habe man ihm schon einmal angetragen, erzählt Weber. Er habe solche Angebote aber stets mit Verweis auf sein Amt an der Spitze des LCGB zurückgewiesen. Dass ihm "sein Betrieb" sehr am Herzen liegt, daraus macht Weber keinen Hehl. Seit 1978 ist er hauptberuflicher Gewerkschafter, und den LCGB kennt er eigenen Aussagen nach "in- und auswendig". Alle Abteilungen habe er in den zurückliegenden Jahren kennengelernt, von der Pressearbeit über die Kollektiwertragsverhandlungen bis zu den einzelnen Fachverbänden.
Seit Januar 1996 steht Robert Weber nun an der Spitze des LCGB mit seinen 40 000 Mitgliedern, und im Herbst wird er zum letzten Mal für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren kandidieren. Weil seine Zeit als Gewerkschaftspräsident sich also langsam dem Ende zuneigt und weil er sich "zu jung für den Ruhestand fühlt", habe er sich zum Wechsel in die Politik überreden lassen – obwohl dieser Schritt eigenem Bekunden nach nie in der Lebensplanung vorgesehen war. Was Robert Weber aber nicht davon abhalten wird, sich die kommenden fünf Jahre mit vollem Einsatz seiner parlamentarischen Aufgabe zu widmen. Dass sein ehemaliger OGBL-Kollege John Castegnaro sich mit einer gewissen Resignation aus der Abgeordnetenkammer verabschiedet hat, stellt der LCGB-Präsident nicht in Abrede. Jedoch befürchtet er nicht, dass es ihm ähnlich ergehen werde. "Ich werde mich nicht so schnell unterkriegen lassen." Der parlamentarische Neuling bittet sich ausdrücklich das Recht aus, seine Meinung weiterhin kundzutun. Dass diese Ansichten manchmal von der Mehrheitsmeinung abweichen, müsse seine Fraktion in Kauf nehmen.
Eine systematische Obstruktion kündigt der Gewerkschafter jedoch nicht an, denn schließlich hätten nicht alle politischen Fragen eine sozialpolitische Dimension, die ihm zudem noch missfallen könnte. Wenn es aber zum Beispiel konkret um ein Thema wie verlängerte Ladenöffnungszeiten am Samstag geht, auf die sich die Koalitionsparteien geeinigt haben, dann bleibt der LCGB-Präsident seiner Grundüberzeugung treu. So leicht werde die Regierung in dieser Frage nicht durchkommen, warnt Robert Weber. Stehen den Beschäftigten in diesem Fall auch Zuschläge zu, wie sie derzeit bei der Sonntagsarbeit erfallen? Wie hat es sich in Zukunft mit den verlängerten Öffnungszeiten an den Vorabenden von bestimmten Feiertagen? Und wie greift man den kleinen Einzelhandelsgeschäften unter die Arme, denen mit dieser Maßnahme eher wenig geholfen ist. "Die Angelegenheit ist komplizierter, als sie auf den ersten Blick erscheint", fasst Robert Weber die Gemengelage zusammen. Darüber hinaus sei nicht allein der Handel von einer solchen Entscheidung betroffen, sondern auch das Handwerk.
Kompliziert könnte es für den Gewerkschafter und Abgeordneten auch werden, sollten demnächst Tripartite-Verhandlungen anstehen. Eine klare "Gewaltentrennung" werde er in diesem Fall anstreben, schon allein aus Fairness-Gründen gegenüber seinen Parlamentskollegen, verspricht Weber. Ob die politischen Beobachter dies ähnlich sehen werden, bleibt abzuwarten.
Auf eine klare Gewaltentrennung hat sich der LCGB-Präsident auch mit seinen Gewerkschafts- und Abgeordnetenkollegen Spautz und Kaes verständigt. Innergewerkschaftliche Konkurrenz soll es während des Wahlkampfs übrigens nicht gegeben haben. Während Spautz und Kaes sich auf Krautmarkt um die Dossiers Sozialpolitik und Arbeitsrecht kümmern, wird er sich in die Wirtschafts- und Finanzpolitik einarbeiten. Um die zusätzliche Arbeitslast zu bewältigen, wird Weber sich von seinen Aufgaben in der Arbeitnehmerkammer und im Wirtschafts- und Sozialrat verabschieden. Auch wenn ihm die Arbeit in diesem Gremium eigenen Aussagen zufolge immer besonders gefallen hat. "Leider wird der Stellenwert des Beirats unterschätzt."
Sturm auf das Rathaus
Besonders schätzen gelernt hat der Gewerkschafter beim WSR den Sozialdialog, der heute leider nicht mehr besonders gepflegt werde. Statt dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihre Probleme unter sich regelten, überließen sie die Lösungssuche allzu häufig der Politik. Diese wisse aber nicht unbedingt immer am besten, was für die Unternehmer oder die Beschäftigten gerade gut sei.
Für die Belange der Beschäftigten wird sich in den kommenden fünf Jahren der Abgeordnete und der Gewerkschafter Robert Weber einsetzen. Darüber hinaus schwebt ihm noch ein anderer Einsatz vor Augen: Der Bürgermeisterposten seiner Heimatgemeinde würde ihn auch reizen. "2011 werde ich den Sturm auf das Roeser Rathaus einläuten", sagt Weber … und lacht dabei.
Steckbrief: Robert Weber
Im Parlament: Seit dem 28. Juli 2009. Wahlbezirk: Süden. Wohnt in: Peppingen.
Geboren: Am 5. März 1955 in Düdelingen.
Familienstand: Verheiratet, Vater von zwei Kindern.
Beruf: Seit 1978 ist Robert Weber beim LCGB tätig, in dem er nahezu alle Funktionen innehatte. Den Gewerkschaftsvorsitz übt er seit dem 21. Januar 1996 aus.
Andere Aufgaben: Das Interesse an der Kultur und der Geschichte bezeichnet Weber als seine "politischen Hobbies". Ihm schwebt die Schaffung eines industriehistorischen Kulturwegs durch die Minette-Region vor. Für das Projekt will sich der Vizepräsident der Geschichtsfreunde Roeserbann im Parlament einsetzen.
Parlamentarische Kommissionen: Wirtschaft, Haushaltskontrolle, Inneres (zuständig für Polizei).
Quelle: Luxemburger Wort, 5. August 2009