Das Regierungsabkommen: Die kommunale Baustelle
Laurent Zeimet, Luxemburger Wort
Die Landesplanung wurde dem neuen Ministerium für Nachhaltigkeit einverleibt, im Gegenzug wechselte die Polizei wieder von der Justiz in den Kompetenzbereich des Innenministers. Hausherr bleibt hier in den nächsten fünf Jahren Jean-Marie Halsdorf von der CSV.
Die Themenpalette des Innenministeriums hat sich gegenüber der vorigen Legislaturperiode nicht dramatisch verändert. Ganz oben auf der Tagesordnung steht weiterhin die Territorialreform, die bis 2017 abgeschlossen werden soll. Ein Spezialausschuss des Parlaments hatte unter dem Vorsitz von Michel Wolter und Alex Bodry in den vergangenen fünf Jahren die entsprechende Vorarbeit geleistet.
Ziel ist es, die Anzahl der 116 Kommunen des Großherzogtums deutlich zu reduzieren. Der Durchbruch gelang, nachdem der Gemeindeverband Syvicol sich zu Fusionen bekannte und die Richtschnur von 3 000 Einwohnern akzeptierte.
Damit Kommunen zu modernen Dienstleistungsanbietern werden, sei diese „kritische Masse“ an Einwohnern sinnvoll, so die Annahme. Auf Grundlage der Schlussfolgerungen der Wolter/Bodry-Kommission wurde eine sogenannte Kartografie einer neuen kommunalen Landschaft gezeichnet, die wiederum den Gemeinden zur Diskussion vorgelegt wurde. Dieser Dialog soll fortgesetzt werden. „Die Territorialreform wird nicht gegen die Gemeinden durchgezogen“, erklärte Premier Jean-Claude Juncker am 28. Juli in der Abgeordnetenkammer. An der Zielsetzung will die CSV/LSAP-Koalition aber weiter festhalten, bis „spätestens“ 2017 soll die Gebietsreform in die Tat umgesetzt worden sein. Die 3 000-Einwohner-Marke wird im urbanen Raum aber weniger streng gehandhabt, im ländlichen Raum soll auch der Ausdehnung der Gemeinde Rechnung getragen werden. Am Ende des Diskussionsprozesses mit den Kommunen sollen die Bürger das letzte Wort haben. Über die Zusammenlegung von Gemeinden wird per Referendum entschieden, und die Regierung behält sich das Recht vor, selbst die Bürger an die Urnen zu rufen, sollten ihre Gemeindeväter nicht bis zu den nächsten Landeswahlen (also bis 2014) zu einer Fusion Stellung bezogen haben.
Für die Koalition ist eine geglückte Territorialreform Voraussetzung für manch andere Neuerung in der kommunalen Landschaft. So zum Beispiel die Frage der Abschaffung von Doppelmandaten und die Einführung des Vollzeitbürgermeisters. Beides will die Regierung „nach“ der Territorialreform „prüfen“, wobei sie laut Zeitplan dann nicht mehr im Amt sein dürfte. Was die Freistellung der Lokalpolitiker betrifft, so will die Regierung den Congé politique stufenweise erweitern, unter Berücksichtigung der neuen Aufgaben, die auf die Verantwortlichen zukommen. Zu den Kommunalwahlen 2011 werden erstmals Mitbürger aus Drittstaaten kandidieren dürfen. Nicht-Luxemburger sollen dann auch ein Mandat in einem Schöffenrat übernehmen können.
Zeitgleich mit der Ausarbeitung der neuen kommunalen Landkarte will das Innenministerium mit dem Syvicol die Arbeit an einem Entwurf zur Reform der kommunalen Finanzen beginnen. So soll in Betracht gezogen werden, die Entwicklung der kommunalen Einnahmen an die Staatseinnahmen anzulehnen.
Die Ministerien werden beauftragt, transparente und nachvollziehbare Kriterien vorzulegen, nach denen Subsidien an Gemeinden und Syndikate vergeben werden. Regionale Fonds zur Verteilung von staatlichen Finanzmitteln hält die Regierung für nützlich. Während an der Territorialreform gefeilt wird, soll auch die Schaffung solcher Fonds vorbereitet werden. Durch eine Modernisierung der kommunalen Buchführung soll eine kurz- und mittelfristige Finanzplanung in den Ratshäusern gewährleistet werden. Die bisherige Kontrolle der Gemeindekonten soll unter Umständen an den Rechnungshof angegliedert werden.
Mehr Rechtssicherheit verspricht sich die Regierung von der Ausarbeitung eines „Code territorial“, der alle Bestimmungen über die Kommunen vereinigen könnte. Widersprüchliche Regelungen sollen auf diese Weise aus der Welt geschafft werden.
Die staatliche Aufsicht über die Gemeinden soll erleichtert werden. In Zukunft will der Staat nur noch die Gesetzmäßigkeit der kommunalen Entscheidungen kontrollieren. „Dies stellt eine Stärkung der kommunalen Autonomie dar“, wird im Koalitionsabkommen betont. Zudem wird die doppelte Kontrolle durch den Distriktskommissar und das Innenministerium abgeschafft. Die Kommissare sollen in einer einheitlichen, aber dezentralisierten Behörde aufgehen, die die Gemeinden bei der Anwendung der Gesetze berät.
Die Regierung will die Modernisierung der Rettungsdienste weiterführen. So soll eine Reorganisation per Gesetz durchgeführt werden. Ein nationaler Plan wird als Grundlage dienen, um u.a. eine Hierarchisierung der Einsatzzentren festzulegen und Kompetenzzentren für verschiedene Ernstfälle einzurichten. Die Freiwilligen sollen von hauptberuflichem Personal unterstützt werden, um so eine Dauerbereitschaft in den Einsatzzentren zu gewährleisten.
Auch die Strukturen der Polizei sollen angepasst werden, um die Präsenz vor Ort zu verbessern. Das Polizeigesetz von 1999 und die Disziplinarvorschriften sollen überarbeitet werden. Die Aufgaben der Agents municipaux wollen CSV und LSAP erweitern, ohne aber eine „kommunale Polizei“ zu schaffen.
Die Zuständigkeit für den Wasserschutz verblieb beim Innenministerium. Der Bewirtschaftungsplan soll umgesetzt und Quellenschutzzonen ausgewiesen werden. Zügig soll der Leitplan zum Hochwasserschutz angewendet werden. Auf Dauer will die Regierung einen einheitlichen Wasserpreis im Großherzogtum einführen.
Die Koalition hält an ihrem Ziel fest, Luxemburg zum „kommerziellen Zentrum“ der Großregion zu machen. Dem Innenminister wurde die Kompetenz für alles Großregionale zugesprochen und eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Nachbarn in Aussicht gestellt.
Quelle: Luxemburger Wort, 18. August 2009, Laurent Zeimet