Vertrauen in die Politik

Laurent Mosar zum Kammerpräsidenten ernannt

VON JOELLE MERGES 

Zur zweiten Sondersitzung nach den Parlamentswahlen traf gestern die Abgeordnetenkammer zusammen. Auf der Tagesordnung standen die Vereidigung von 18 Volksvertretern, die Wahl eines neuen Kammervorsitzenden, die Anordnung der einzelnen Fraktionen sowie die Zusammensetzung der verschiedenen Parlamentsausschüsse.

Die Tagesordnung der Sondersitzung umfasste insgesamt acht Punkte, die die Volksvertreter in etwas mehr als einer Stunde abarbeiteten. Ein Höhepunkt stellte die Vereidigung jener 18 Parlamentarier dar, die im Zuge der Regierungsbildung in die Abgeordnetenkammer nachrückten.

Dazu zählen zunächst einmal die ehemaligen Minister Fernand Boden und Jean-Louis Schiltz (beide CSV) sowie Lucien Lux (LSAP). Zum ersten Mal im Hohen Haus Platz nahmen gestern Emile Eicher, Léon Gloden, Marc Lies, Robert Weber (alle CSV), Claude Haagen und Ben Scheuer (beide LSAP). Als altneue Abgeordnete wurden Sylvie Andrich-Duval, Lucien Clement, Norbert Haupert, Jean-Paul Schaaf, Raymond Weydert (alle CSV) sowie Marc Angel, Fernand Diederich, Roger Negri und Vera Spautz für die Sozialisten vereidigt.

„Ein Präsident zum Anfassen“

Zu ihrem neuen Vorsitzenden erklärte die nunmehr wieder vollständig besetzte Abgeordnetenkammer den CSV-Politiker Laurent Mosar. Ihm zur Seite stehen die Vizepräsidenten Michel Wolter (CSV), Lydia Mutsch (LSAP) und Lydie Polfer (DP). Mosar tritt die Nachfolge seines Fraktionskollegen Lucien Weiler an, der mit gebrochener Stimme Abschied vom Präsidentenposten nahm – einem Amt, das er stets als große Ehre und würdevolle Aufgabe empfunden habe. Das Parlament und die fast vollständig vertretene Regierung bedankten sich bei Lucien Weiler mit stehenden Ovationen.

Ähnlich würdevoll wie sein Vorgänger versteht auch der neue Erste Bürger des Landes seine Funktion, in der er sich vor allem volksnah geben will. Für heute Mittag hat Mosar daher einen Besuch im Obdachlosenheim der „Stëmm vun der Strooss“ in Bonneweg vorgesehen, denn: „Der Parlamentsvorsitzende muss ein offenes Ohr haben für die Sorgen der sozial schwachen Bevölkerungsschichten.“ Darüber hinaus will der neue Kammerpräsident den Meinungsaustausch mit der Öffentlichkeit intensivieren. In diesem Sinne müsse sich das Parlament als Interessenvertretung der Allgemeinheit verstehen. Seinen Abgeordnetenkollegen rief Mosar ins Gewissen: „Wir sollten als Vorbild für die Bürger im Lande auftreten. Nur so kann es uns gelingen, das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder herzustellen.“ Seine Kollegen rief er auf, im gegenseitigen Respekt miteinander umzugehen. Er selbst werde sich jedenfalls darum bemühen, jedem Volksvertreter gleich welch politischer Couleur ein offenes Ohr zu schenken. Dieses Versprechen konnte Mosar gleich gestern unter Beweis stellen, als sich André Hoffmann (Déi Lénk) darüber beschwerte, dass seine Partei ebenso wie die ADR bei der Ernennung der luxemburgischen Vertreter in den internationalen Parlamenten nicht berücksichtigt wurden, da beide Gruppierungen keinen Fraktionsstatus besitzen. Diesen Ausschluss bezeichnete der Vertreter der Linkspartei als inakzeptabel. Man kam schließlich überein, dass die Präsidentenkonferenz sich demnächst um eine gütliche Beilegung der Streitfrage bemühen soll.

Als Mitglieder dieser Präsidentenkonferenz wurden gestern Laurent Mosar, Jean-Louis Schiltz, Lucien Lux, Xavier Bettel und François Bausch bestimmt. Das Kammerbüro, das das Parlament auf nationaler und internationaler Ebene vertritt sowie für finanzielle und administrative Fragen zuständig ist, setzt sich zusammen aus Lucien Clement, Lucien Weiler, Jean-Louis Schiltz, Alex Bodry, Lucien Lux, Xavier Bettel und François Bausch. Claude Frieseisen wurde im Amt des Generalsekretärs bestätigt.

Die neue Abgeordnetenkammer besteht aus vier Fraktionen: Die CSV unter der Leitung von Jean-Louis Schiltz zählt 26 Mitglieder; die Sozialisten mit an der Spitze Lucien Lux sind mit 13 Parlamentariern vertreten; die DP zählt neun Abgeordnete und wird durch Xavier Bettel geleitet; sieben Mitglieder zählt die Fraktion der Grünen, an deren Spitze François Bausch steht. Dazu kommen noch die politischen Gruppierungen ADR und Déi Lénk mit vier beziehungsweise einem Vertreter.

Die parlamentarische Arbeit wird die kommenden fünf Jahre in vier ordnungsmäßigen und 18 ständigen Ausschüssen vorbereitet. Sie bestehen aus jeweils zwölf Mitgliedern (fünf Sitze für die CSV, drei für die LSAP, zwei für die DP, ein Sitz für die Grünen sowie jeweils abwechselnd ein Sitz für ADR und Déi Lénk). Geleitet werden die Kommissionen von folgenden Volksvertretern:

– Konten (Carlo Wagner, DP)

– Kontrolle des Nachrichtendienstes (François Bausch, Déi Gréng)

– Petitionen (Carlo Wagner, DP)

– Reglement (Gast Gibéryen, ADR)

– Außen- und Europapolitik, Verteidigung, Entwicklungshilfe und Immigration (Ben Fayot, LSAP)

– Inneres, Großregion und Polizei (Ali Kaes, CSV)

– Landwirtschaft, Weinbau und nachhaltige Entwicklung (Roger Negri, LSAP)

– Mittelstand und Tourismus (Lucien Clement, CSV)

– Haushaltskontrolle (Anne Brasseur, DP)

– Kultur (Martine Mergen, CSV)

– Nachhaltigkeit (Fernand Boden, CSV)

– Wirtschaft, Außenhandel und Solidarwirtschaft (Alex Bodry, LSAP)

– Bildung, Berufsbildung und Sport (Ben Fayot, LSAP)

– Hochschule, Forschung, Medien und Kommunikation (Lucien Thiel, CSV)

– Familie, Jugend und Chancengleichheit (Mill Majerus, CSV)

– Finanzen und Haushalt (Michel Wolter, CSV)

– öffentlicher Dienst und administrative Vereinfachung (Norbert Haupert, CSV)

– Institutionen und Verfassungsreform (Paul-Henri Meyers, CSV)

– Justiz (Christine Doerner, CSV)

– Wohnungsbau (Marcel Oberweis, CSV)

– Gesundheit und soziale Sicherheit (Lydia Mutsch, LSAP)

– Arbeit und Beschäftigung (Lucien Lux, LSAP).

Heute Morgen setzt die Abgeordnetenkammer ihre Arbeiten fort. Premierminister Jean-Claude Juncker wird im Namen des Kabinetts die Regierungserklärung vortragen.

Quelle: Luxemburger Wort, 29. Juli 2009