Klima- und Umweltgerechtigkeit : ein Fremdwort oder?

Freie Tribüne von Dr.-Ing. Marcel Oberweis

Die Welt wird derzeit von einer bis dato nicht gekannten Finanz- und Wirtschaftskrise in Atem gehalten wird, aber weitaus schlimmer ziehen am Horizont die bedrohlichen Wolken der Klimakrise auf. Ein kurzer Blick auf die dramatischen Auswirkungen z.B. in den Ländern der Sahel-Zone bekräftigt dies zur Genüge, hier herrscht der akute Wassermangel und die Ernährungskrise steht an. 

Und die rezenten Berichte der Wissenschaftler besagen, dass die Menschen es nicht schaffen werden, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau bis zu Ende des vorliegenden Jahrhunderts zu begrenzen. Dies umso mehr, angesichts der Tatsache, dass sich die Ära der fossilen Energieträger ihrem Ende zuneigt. Es kann mit Recht behauptet werden, der Klimawandel stellt die größte globale Gesundheitsbedrohung des 21. Jahrhunderts dar. Nicht nur die Biodiversität leidet unter den Bedingungen, nein vielmehr auch Milliarden von Menschen, wir müssen den steten Rückgang der Ökosysteme befürchten. 

Die an der Natur verursachten Schäden steigen in einem Maß an, dass ihre Behebung durch die kommenden Generationen viel Mühe und finanzielle Mittel aufbrauchen werden. In der Regel hängen die Umweltverschmutzungen mit dem Marktversagen zusammen, die Natur wir als eine Gratisgabe erkannt, obschon sie die Grundlage für das Weiterbestehen der Menschheit darstellt. Man kann diesem Mangel nur begegnen, wenn man die externen Effekte internalisiert, d.h. die Umweltschäden als Kosten dem Verursacher aufbürdet. Möchte man die Umweltverschmutzung ernsthaft bekämpfen, dann müssen alle Aktivitäten auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden. Demzufolge sollten alle Gesetzesprojekte, sofern sie unsere Umwelt betreffen, durch die nachhaltige Brille untersucht werden. Nur so können wir den Verursacher von Umweltschäden im Frühstadium entlarven und ihn zur Kasse bitten, denn es kann dann nicht mehr angehen, die Belastungen an der Umwelt auf den Staat, die Gemeinden oder die Allgemeinheit abzuwälzen. Der Schutz der knappen Umweltressourcen: Luft, Boden und Wasser ist angesagt und ich möchte unterstreichen, dass endlich die weltweite Klima- und Umweltgerechtigkeit eingeklagt werden muss. 

In dieser eher traurig stimmenden Atmosphäre setzen die Vereinten Nationen alles dran, dass für die UN-Umweltkonferenz COP15 in Kopenhagen vom 7. bis 18. Dezember 2009 ein Manifest vorliegt, welches es der Staatengemeinschaft erlaubt, den entscheidenden Schritt auf dem nachhaltigen Weg des „Nach-Kyoto-2012“ zu begehen. Spätestens seit dem jüngsten Bericht des Weltklimarates stehen die vernetzen Themen: Energieversorgung, Klimawandel, Ressourceneffizienz, Wasserkrise und Nahrungsmittelmangel oben auf der Agenda von unzähligen Konferenzen und Debatten.

Die eigenen Hausaufgaben mit Mut angehen 

Wir müssen anerkennen, dass die Nachhaltigkeit der wichtigste Leitbegriff für die langfristige Zukunftspolitik darstellt, sie die ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte einvernehmlich verbindet. Die Vernunft sagt uns, dass wohl die Industrieländer eine Bringschuld haben, darüber hinaus mögen aber auch die Schwellenländer ihre Chance darin sehen, dass sie unverzüglich auf die modernen Umwelttechnologien setzen. 

Deshalb ist es wichtig, dass in Kopenhagen die notwendigen Entscheidungen getroffen werden. Wohl gibt es immer noch Skeptiker, aber es lässt sich behaupten, dass der menschliche Einfluss auf das Klima die dominante Rolle spielt. Entscheidend aber ist die folgende Tatsache: wenn wir bis 2020 keine nennenswerten Fortschritte erzielt haben, dann wird die Zeit bis 2050 eine sehr schwierige Zeit werden. Bis 2050 müssen wir die Treibhausgasemissionen um 50 Prozent verringern, andernfalls wird das System aus dem Ruder laufen, an uns ist es die Dekarbonisierung der Gesellschaft umgehend einzuläuten. Es lohnt jedoch nicht, immer nur mit dem Finder auf die anderen zu zeigen. Vielmehr sollte jeder Staat seine Hausaufgaben lösen, als Schwerpunkte mögen die Bereiche Altbausanierung, umweltfreundliche Mobilität, Energieeffizienz und Energieeinsparung sowie der massive Ausbau der erneuerbaren Energien inklusiv der Kraft-Wärme-Kopplung mit Nahwärmenetzen angesprochen werden. Als wichtige Punkte mögen die Ausbildung sowie die Forschung auf der Agenda stehen. 

Aufgrund der gewonnenen Fakten muss der Weg vorbereitet werden, den Nachfolger des Kyoto-Protokolls nach 2012 hinsichtlich der massiven Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu gestalten. 

Wenn dies nicht gelingt, dann könnte das Klima im 21. Jahrhundert den Kipppunkt überschreiten. Die Entscheidungsträger wissen nun, dass alle Warnlampen auf Rot stehen; die aktuelle Wirtschaftskrise kann uns die hervorragende Chance für den notwendigen Umdenkprozess liefern. Die Bewältigung des Klimawandels erfordert eine zweigleisige Reaktion: einerseits gilt es, durch beherzte Klimaschutzmaßnahmen die Emissionen von Treibhausgasen zu verringern, und andererseits sind die Anpassungsmaßnahmen dringend erforderlich, um die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Wenn uns dieser Spagat nicht gelingt, dann wird Klima- und Umweltgerechtigkeit fürwahr ein Fremdwort bleiben. Die bange Frage die sich erhebt, was werden wir denen (die Menschen die am meisten unter den Folgen zu leiden haben) antworten, die uns zur Rechenschaft ziehen werden?

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, 26. Mai 2009