von Marc Spautz
Seit sich in der Europäischen Union die Finanz- und damit auch eine allgemeine Wirtschaftskrise ausgebreitet haben, sieht Luxemburg sich mit massiven, aber was noch schlimmer ist mit unberechtigten Vorwürfen konfrontiert. So gewinnt man den Eindruck, wenn man die deutsche oder französische Presse konsultiert, die Finanzkrise habe ihren Ursprung in Luxemburg genommen, Luxemburg sei mit dem Beharren auf das Bankgeheimnis Schuld am desolaten Zustand der Weltwirtschaft.
Es ist schon seltsam: Jetzt wo die Wirtschaft unserer großen Nachbarn ins Straucheln kommt, wird nicht danach gesucht, gemeinsam Lösungen zu finden, um aus der misslichen Lage herauszukommen, sondern es wird versucht, einen Schuldigen zu finden. Und was bietet sich hier für Steinbrück und Sarkozy geradezu an? Luxemburg mit seinem Finanzplatz, der beiden schon seit längerem ein Dorn im Auge ist!
Seit Monaten sieht man, dass auf der europäischen Ebene die „großen“ Länder sich absprechen, Initiativen ergreifen, Vorschläge auf die Tagesordnung bringen, ohne mit den anderen sprich den kleineren Ländern zu sprechen. Sollte sich aber diese Vorgehensweise durchsetzen, dann wird die Europäische Union die längste Zeit eine Union gewesen sein!
Die Hauptstärke der EU war bisher die Solidarität aller – egal ob groß oder klein. Staatsmänner, die den Namen noch verdient haben, wie de Gaulle, Pompidou, Mitterrand, Brandt, Schmidt und Kohl wäre es im Traum nicht eingefallen die kleineren Länder innerhalb der Union so zu brüskieren, respektive nicht mehr in Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen. Wie oft war Luxemburg auch als Vermittler zwischen den Großen tätig, damit die EU auf ihrem Weg weitergehen konnte? Wären die europäischen Verträge ohne die Rolle der Kleinen so zustande gekommen? Ist nicht gerade deren nicht bestehende Großmachtstreben der Garant, dass die EU heute da steht, wo sie steht?
Das Vorgehen oder Vorpreschen einzelner deutscher und französischer Politiker zeigt nicht gerade deren Weitsicht: Ohne eine gemeinsame Politik, die darauf beruht, dass jedes Land in der EU unabhängig seiner Größe eine Stimme hat, hat Europa keinen Chance! Wir sind alle darauf angewiesen, dass wir in der EU mit einer Stimme sprechen und an einem gemeinsamen Strang ziehen. Wohin das Streben einzelner Staaten geführt hat – siehe die beiden Weltkriege –, sollte uns als warnendes Beispiel dienen!
Und auch eine weitere Gefahr birgt das Vorgehen unserer beiden Nachbarn: Wie sollen wir die Bürger für Europa – unsere Zukunft – begeistern, wenn diese Attacken weiterhin nicht aufhören? Wie jemanden für eine Idee begeistern, wenn einzelne nur noch Partikularinteressen haben und die gemeinsamen Ziele aus den Augen verlieren?
Solidarität ist ein Schlüsselwort innerhalb der Union – es ist nur zu hoffen, dass dies nicht auf dem Altar der Interessen der großen Länder geopfert wird! Sollte dies der Fall sein, so werden wir nicht nur mit der Wirtschaftskrise zu kämpfen haben, sondern auch noch damit die Idee eines gemeinsamen starken Europas wieder neu zu erfinden, nur weil einige wenige kurzfristig sehen und handeln.
Marc Spautz