Michel Wolter schreibt im CSV Profil
Steinbrück – der Mann ist Finanzminister in Deutschland – gehört zu jenen deutschen „Sozialistenmenschen“, wie Jean Asselborn das nennt, die auch mal zur Keule greifen. Auch in Deutschland ist Wahlkampf, und dort drischt er in Wahlveranstaltungen der SPD regelmäßig auf Luxemburg und andere europäische Staaten ein, weil deren Steuerlandschaft ihm nicht genehm ist. Brachialrhetorik, die man von deutschen Spitzenpolitikern schlecht verträgt.
Steinmeier, mit Vornamen Frank-Walter, ist im Hauptberuf deutscher Außenminister und hobbymäßig mit Jean Asselborn befreundet. Der hatte seinen kochenden Freund in seine Heimatgemeinde eingeladen, um dort mit ihm zusammen den sozialistischen Wahlkampf in Luxemburg zu lancieren. Am Rednerpult bei dieser Veranstaltung fiel Steinmeier kein Wort der Entschuldigung für die Entgleisungen seines Kollegen Steinbrück ein.
In Steinfort, denn dort kommt Asselborn bekanntlich her, bekamen die LSAP-Militanten – und über die Presse also auch ganz Luxemburg – ebenfalls kein Wort der Entschuldigung gegen dem unsäglichen Ausrutscher von SPD-Chef Franz Müntefering zu hören, der gemeint hatte, früher hätte man halt Soldaten in Steuerparadiese geschickt. Damit war wieder einmal auch Luxemburg gemeint, denn die gesammelte deutsche Sozialdemokratie scheint uns für ein solches Paradies zu halten. Steinmeier fiel in Steinfort nicht ein, den Luxemburgern zu versichern, die deutschen Soldaten blieben bis auf Weiteres zu Hause. Vielleicht stellen sich ja auch führende deutsche Sozialdemokraten vor, sie könnten nach Ouagadougou geschickt werden, wo Steinbrück ebenfalls ein Steuerparadies vermutet?
Das alles klingt nach Umgangsformen aus der Steinzeit. Im modernen Europa, das von deutschen Sozialdemokraten wie Willy Brandt und Helmut Schmidt mit aufgebaut wurde, hatten wir gehofft, dass die ruppigen Töne und Methoden der Vergangenheit endlich aus der Mode wären. Die Botschaft, dass freundschaftlich verbundene Nachbarn auch einen zivilisierten Umgangston ohne Kriegsdrohungen miteinander pflegen, ist allerdings bei Müntefering, Steinbrück und auch Steinmeier nicht angekommen. Sagen wir es also nochmal: Die Zeiten sind glücklicherweise nicht mehr so, dass wir gehorchen müssen, wenn ein deutscher Mensch etwas brüllt.
Steinmeier hätte sich in Steinfort für Steinbrück entschuldigen müssen, und für Müntefering mit. Hat er aber nicht getan. Asselborn hatte wohl nicht ausreichend darauf gedrängt, und auch vergessen, Steinmeier mit auf den Weg zu geben, seine Parteikameraden sollen Luxemburg endlich in Ruhe lassen. Ob wohl luxemburgische Sozialisten die ständigen Anrempelungen der deutschen Kollegen besser vertragen als andere Luxemburger? Wohl kaum. Deshalb sollte so langsam ein Aufschrei des Entsetzens durch die LSAP gehen. Wenn man denn schon in diesen Zeiten glaubt, deutsche Politiker zum luxemburgischen Wahlkampfauftakt einladen zu müssen, dann wäre es höchst angebracht, dass die hier den Kniefall üben würden. Tun sie es nicht, sollte ihnen bedeutet werden, dass sie hier nicht mehr willkommen sind.
Michel Wolter, CSV Profil 9. Mai 2009