In letzter Minute

Ein neuer Abgeordneter auf Krautmarkt, Raymond Weydert

Mit Raymond Weydert wurde am 17. März wahrscheinlich der letzte Parlamentarier dieser Legislaturperiode auf Krautmarkt vereidigt. Dem Bürgermeister von Niederanven liegt vor allem die Territorialreform am Herzen.

Sprichwörtlich in letzter Minute betritt Raymond Weydert die politische Bühne auf Krautmarkt. Am 17. März wurde der Bürgermeister der Gemeinde Niederanven im Plenum vereidigt. Dem CSV-Politiker bleibt folglich nur wenig Zeit, um sich warmzulaufen. Dass er bis zur letzten öffentlichen Sitzung des Parlaments im Mai keine Akzente mehr setzen kann, dessen ist sich Weydert denn auch voll und ganz bewusst. Seine Karriere als Volksvertreter geht er dennoch zuversichtlich an: „Abgeordneter zu sein, war immer ein Traum, heute wurde er Wirklichkeit“, so der frisch gebackene Parlamentarier in seiner Antrittsrede.

Weydert ist nicht nur im Hinblick auf die laufende Legislaturperiode ein Spätberufener. Als er 1993 zum ersten Mal bei Kommunalwahlen kandidiert, ist er bereits 45 Jahre alt. Davor hatte die Familie Vorrang: „Als Politiker ist man viel unterwegs. Deshalb habe ich mit dem politischen Engagement gewartet, bis meine beiden Söhne aus dem Gröbsten heraus waren“, erklärt er seinen relativ späten Einstieg in die Politik.

Bei der Wahl klappt es dann aber auf Anhieb: Raymond Weydert schafft nicht nur den Sprung in den Gemeinderat von Niederanven, sondern er wird gleich zum ersten Schöffen ernannt. Der Bürgermeister hieß damals übrigens Jean Schiltz. Heute ist Schiltz erster Schöffe und der Bürgermeister heißt Weydert.

Für den politischen Neuling ist das Schöffenamt zunächst ein Sprung ins kalte Wasser. Doch Weydert schwimmt sich frei. Nach einem kurzen Intermezzo als Gemeinderat – 2000 war er vom Service d’économie rurale an die Spitze des Weinbauinstituts in Remich übergewechselt – wird er 2001 Bürgermeister, ein Amt, das ihm wie auf den Leib geschneidert scheint. Die Kommunalpolitik macht dem populären Gemeindevater sichtlich Spaß: „Es ist schön, wenn man den Menschen helfen kann. Allerdings muss man auch wissen, wo die Grenzen sind. Man muss dann den Mut haben, und den Bürgern klarmachen, dass es so nicht geht. Man kann es nicht immer allen recht machen.“

Die Begeisterung für die Kommunalpolitik wurde Raymond Weydert buchstäblich in die Wiege gelegt. Sein Großvater Mathias Wirtz war zwischen 1921 und 1963 42 Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Mompach. Dann übernahm sein Vater Chrétien Weydert das Amt bis ins Jahr 1975: „Bis in die 60er-Jahre habe ich die Kommunalpolitik hautnah erlebt. Damals standen der Gemeinde nämlich keine adäquaten Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Sitzungen fanden deshalb bei uns in der guten Stube statt. Und wir Kinder waren natürlich mittendrin.“

Nach der Kommunal- folgt nun also die Landespolitik. Raymond Weydert hofft, dass es nicht bei dem kurzen Gastspiel auf Krautmarkt bleiben wird und er nach den Wahlen vom 7. Juni erneut ins Parlament einziehen kann, damit er seine Ziele verwirklichen kann. Seine politischen Schwerpunkte ergeben sich zum Teil aus seinen Erfahrungen auf Gemeindeebene, aber auch seiner beruflichen Laufbahn als Diplom-Agaringenieur.

Als besonders wichtig erachtet Raymond Weydert die Territorialreform, und damit verbunden die verschiedenen sektoriellen Leitpläne. Damit ein kohärentes Ganzes entsteht, müssen Gemeinden und Staat eng zusammenarbeiten, so Weydert. Besonders am Herzen liegt ihm in diesem Zusammenhang der Wohnungsbau. Zwar sei der Pacte logement ein Schritt in die richtige Richtung, doch reiche dies nicht aus, glaubt Weydert. Der Kommunalpolitiker will deshalb, dass auch das kommunale Flächennutzungsgesetz aus dem Jahr 2004 angepasst wird: „Der ausufernden Bürokratie muss Einhalt geboten werden.

Als Bürgermeister hat Raymond Weydert nämlich leidvolle Erfahrungen mit bürokratischen Hürden gemacht. Um bezahlbaren Wohnraum bemüht, wollte die Gemeinde Sozialwohnungen schaffen. Genügend Bauland steht auch zur Verfügung, allerdings hakt es bei den Prozeduren: „Um eine dichtere Bauweise zu ermöglichen, müssen wir den PAG punktuell abändern. Die dazu erforderlichen Prozeduren sind einfach zu schwerfällig“, bedauert Weydert.

Dem Agraringenieur und langjährigen Mitarbeiter des Service d’économie rurale liegt auch die Landwirtschaft am Herzen. „Wir müssen uns stärker für einheimischen Produkte einsetzen“, fordert Weydert. „Davon profitieren sowohl der Agrarsektor als auch die Lebensmittelbranche.“ Für den Fall, dass er nach dem 7. Juni dem Parlament angehört, könnte sich der ehemalige Direktor des Weinbauinstituts durchaus vorstellen, in der Agrarkommission aktiv zu sein.

Dann wäre da noch die soziale Dimension. „In Krisenzeiten kommt es mehr denn je auf die Solidarität an“, unterstreicht Weydert, und hofft, dass die Konjunkturprogramme so schnell wie möglich greifen. Gleichzeitig müsse man aber aufpassen, dass der hohe Standard bei den Sozialleistungen gehalten werden kann.

Luxemburger Wort, 7. April 2009, Dani Schumacher