Die Staatssekretärin für Kultur Octavie Modert im Wort-Gespräch
Octavie Modert über Kultur, Geld und die Budgetüberziehungen des Festungsmuseums; Gespräch mit Vesna Andonovic, Luxemburger Wort, 11. April 2009
Geld und Kultur hausen zwar unter einem Dach, doch von Liebesehe kann nicht wirklich die Rede sein – dazu sind die Anliegen des Ersteren der Zweiten wohl zu weltlich. Die Terminologie der „Zweckbeziehung“ trifft es dann wohl schon eher. Spätestens seit der Budgetüberziehung des Festungsmuseums treten die Finanzen jedoch erneut in den Mittelpunkt der Diskussion. Wir sprachen mit der Staatssekretärin für Kultur, Octavie Modert, über erhaltene, überstiegene und erhoffte Mittel …
Die Nennung von Geld in einem Atemzug mit Kultur ist oft zögerlich – so als ob „profane“ Finanzdiskussionen nicht mit „höherem“, geistigem Schaffen vereinbar wären …
Ein Kulturbetrieb braucht Geld – so wie jeder andere selbstverständlich auch. Spezifisch ist, dass es keine Kultur geben könnte ohne öffentliche und staatliche Finanzierung. Sponsoring und Mäzenatentum sind ebenfalls stets willkommen, reichen jedoch nie aus, damit Kultur kostendeckend funktionnieren könnte. Außerdem sollte der Kulturbetrieb nie ausschließlich von privaten Geldern und Interessen abhängig sein. Eine reiche Kultur macht ein Land reich, und ein reiches Land braucht Kultur.
Wie verhält es sich mit dem staatlichen Budget, das hierzulande dem Kulturministerium zugute kommt: Sind die zur Verfügung gestellten Mittel ausreichend?
Nun, jeder kann mit mehr Mitteln mehr machen … Luxemburg ist eines der wenigen Länder, dessen Regierung systematisch weit über ein Prozent des gesamtstaatlichen Budgets dem Kulturwesen zur Verfügung stellt. Die dem Kulturministerium zur Verfügung stehenden Finanzmittel sind in dieser Legislaturperiode stetig und jährlich angewachsen. Diese Summe kommt fast ausschließlich dem Kulturbetrieb selbst zugute, wie finanzielle Unterstützung von Künstlern, Projekten, Kulturinstitutionen, Erwerb von Sammlungen für Museen da z. B. fast kein Budget für staatliche Kulturneubauten hierin enthalten ist und die Löhne der Mitarbeiter unserer Verwaltungen andererwärts verbucht werden. Manchmal haben wir in unseren Kulturinstituten Personalengpässe, um die Arbeit zu meistern, aber hierbei handelt es sich um andere Diskussionen und Zuständigkeiten im Bereich der Einstellungspolitik des Staates.
Kann man angesichts der aktuellen, weltweiten Krise, deren Nachbeben auch in Luxemburg spürbar sind, Kürzungen erwarten?
Luxemburg ist in einer anderen Situation als viele andere Länder, weil in der Vergangenheit stets eine vorsichtige Vorgehensweise vertreten und Finanzreserven angelegt wurden. Haargenau voraussehen, was die Zukunft bringt, kann niemand. Was wir wissen, ist, dass die Einnahmen in den kommenden Monaten, gar Jahren nicht steigen werden, sogar zurückgehen. Doch wenn gespart werden muss, dann wird dies in allen Bereichen der Fall sein und nicht nur in der Kultur. Das Ganze ist einfach eine Frage der globalen, sozialen Kohäsion.
Dennoch haben Kulturschaffende Befürchtungen in diese Richtung …
Ich denke eine latente Besorgnis besteht permanent. Sie hat sich auch in den vergangenen Jahren geäußert. Was einerseits verständlich ist, da es sich oftmals um freischaffende Künstler handelt, andererseits wiederum nicht, da sie feststellen müssen, dass in Luxemburg Gelder systematisch in die Kultur fließen. Künstler befürchten stets, dass ihre Mittel als erste gestrichen werden, aber dies ist hierzulande ganz klar nicht der Fall.
Besteht nicht die Gefahr, dass bei Kürzungen kleinere Kulturinstitutionen zugunsten großer Häuser zurückstecken müssen?
Das sehe ich nicht so.
Für den Kauf des Benz Vélo oder des Ansemburger Archivs samt Codex Mariendalensis wurden außerordentliche Gelder zur Verfügung gestellt …
Nun jedes Mal, wenn sich eine solch’ einmalige Gelegenheit bietet, wie in diesen beiden Fällen, nehme ich meinen Reisestab in die Hand und schreite los … Die Regierung hat – wie beide Beispiele beweisen – ein offenes Ohr für die Kultur. Manche dieser Gelegenheiten ergeben sich spontan, oder zu einem nicht vorhersehbaren Moment, folglich kann man sie nicht budgetär einplanen. Andere Erwerbe können wir über das normale Budget abwickeln, da sie vorausgeplant werden konnten. Neben den beiden von Ihnen erwähnten Beispielen kann man auch noch die Anreicherung der Sammlung alter Meister des Nationalmuseums nennen, oder eine bedeutende ausländische Privatsammlung über Festungswesen in Europa, die wir zu einem wahren „Freundschaftspreis“ für das Museum „Dräi Eechelen“ erwerben konnten.
Thema Festungsmuseum: Letzteres hat verdeutlicht, wie schnell ein Abdriften eintreten kann, und welche Folgen dies hat …
Die Situation ist komplex genug, um auf den ersten Blick unverständlich zu wirken. Auch ich selbst dachte nicht, dass die Situation so verfahren sein könnte, wie es sich nach und nach herausstellte, je gründlicher wir untersuchten. Ich habe in den vergangenen Jahren viel Zeit darin investiert, ein anderes System einzusetzen im verfahrenstechnischen und administrativen Abwickeln der Ausgaben und Investitionen des betreffenden Amtes. Das hat uns im Fall des Festungsmuseums mehrere Jahre gekostet und einen Verzug des Projekts zur Folge gehabt. Als Mitte 2007 herausgefunden wurde, dass das vorgesehene Budget für das Festungsmuseum fast überschritten worden war, habe ich sofort alle Ausgaben gestoppt, um erst einmal Klarheit über die Situation zu erlangen. Es ist selbstverständlich, dass ich – ebenso wenig wie jedes andere Regierungsmitglied – nicht mehr Geld ausgeben kann, als mir vom Gesetzgeber zugestanden wurde. Es ist auch so, dass die anfänglichen Schätzungen weit unter den eigentlich erforderlichen Mittel lagen – eine Situation, die nach 2004 in vielen Häusern, wie beispielsweise auch im Transport oder den öffentlichen Bauten, festgestellt wurde. Nun brauchen wir also ein neues Gesetz für die fehlenden 8,7 Millionen Euro für das Festungsmuseum. Auch wenn ich alles darangesetzt habe, das Projekt schnell zum Abschluss zu bringen, war dies leider nicht möglich. Das bedauere ich sehr, aber wenigstens herrscht jetzt administrative und technische Ordnung in dieser Akte und der betreffenden Dienststelle.
Das heißt, eine ähnliche Situation kann nicht mehr eintreten?
Das hoffe ich doch sehr stark! Wir haben das gesamte System – was Informatik und Buchhaltung betrifft, aber auch planungsmäßig – umgestellt. Und zwar nicht nur, was das Festungsmuseum anbelangt, sondern auch stellenweise im Kulturministerium. Nicht alle laufenden Ausgaben sind vorhersehbar, manche sind es, da sie jährlich wiederkehren, andere nicht. Nicht immer und nicht alle von außen eingereichten, guten Projekte können die staatliche budgetäre Planungslaufzeit von bis zu anderthalb Jahren gewährleisten. Da ich die Kreativität und den Schaffensdrang der Kulturschaffenden jedoch nicht bremsen will, versuchen wir, uns Möglichkeiten freizuhalten in gewissen Grenzen, um in einem laufenden Jahr Aktionen zu unterstützen..
Die ganze Geschichte wirft ein schlechtes Licht auf den gesamten Kultursektor …
Das Risiko, dass dies in der öffentlichen Meinung teilweise so wahrgenommen wird, besteht. Dies ist aber schade, denn nicht berechtigt. Deshalb habe ich alles in meiner Macht Stehende getan, um solch einer Situation in Zukunft einen Riegel vorzuschieben. Außer Frage bleibt zu diesem Thema, dass Luxemburg ein Museum über seine Entstehungsgeschichte braucht, da es dies nur bruchstückhaft gibt. Die Festung bietet den richtigen Ausgangspunkt, um die Vergangenheit des Landes darzustellen, aber auch die Gegenwart miteinzubeziehen und einen Ausblick zu wagen.
Wie steht es mit Sponsoring und Mäzenatentum im Kulturbereich?
Beides ist natürlich stets willkommen, und es gibt vielfältige Möglichkeiten hierfür. Unser Hauptinstrument ist der „Fonds culturel national“, der alle steuerlichen Vorteile einer Stiftung bietet. Die neugeschaffene „Fondation du Luxembourg“ fusst zum Teil auf Überlegungen des Kulturministeriums. Manche Unternehmen ziehen es andererseits vor, ihre Sponsoringaktionen gezielt auf verschiedene Bereiche, Künstler oder Häuser zu konzentrieren. Schließlich kann Mäzenatentum auch andere, nicht direkt finanzielle Formen annehmen, wie beispielsweise die der Leihgabe oder Schenkung an hiesige Museen.
Quelle: Luxemburger Wort, Samstag 11. April 2009, Vesna Andonovic