Luxemburg wird spürbar von der internationalen Wirtschaftskrise erfasst. Der kürzlich bekannt gewordene Einbruch der Industrieproduktion im letzten Quartal 2008 spricht für sich – wir werden nicht verschont. Fraktionspräsident Michel Wolter im CSV Profil
Das Hauptproblem, mit dem die Politik sich angesichts der Krise zu befassen hat, ist folgendes: Den Staat und die Wirtschaft auf Kurs halten, Haushalte und Betriebe unterstützen, und zwar ohne in eine Logik der exzessiven Defizite und Verschuldung zu geraten, aus der wir in ein paar Jahren nicht mehr ämen. Besonders kleine Länder können sich den Einstieg in die Schuldenspirale nicht leisten. Die Leistung, die von den politisch Verantwortlichen erbracht werden muss, ist demnach die erfolgreiche Kombination einer gezielten Unterstützungspolitik für die Wirtschaft, die viel Geld kostet, mit einer Haushaltsführung, die übermäßige Verschuldung des Staates vermeidet.
Die Kaufkraft der Bürger muss in Zeiten wie diesen stabil gehalten werden – so weit möglich, muss sie sogar verbessert werden. Ein erheblicher Teil des luxemburgischen Konjunkturplans besteht aus Elementen, mit denen die Kaufkraft der Menschen gesteigert wird. Inflationsbereinigung der Steuertabelle, Schaffung von Steuerkrediten, Einführung der „chèques-services“ – all das führt zu einem erhöhten Nettoeinkommen. So wird Konsum gefördert, den unsere Wirtschaft dringend braucht, um Arbeitsplätze erhalten zu können. Auch der Staat agiert als Konsument von Dienstleistungen, wenn er im laufenden Jahr über 1,5 Milliarden Euro für öffentliche Investitionen ausgibt.
Diese Orientierung der Politik können wir nicht endlos durchhalten. Dessen ist sich die CSV völlig bewusst. In den Jahren 2009 und 2010 besteht allerdings nach unserer Sicht der Dinge keinerlei Alternative zu antizyklischem Handeln – es muss Geld in die Wirtschaft fließen, um den ersten Schock der Krise abzufedern. Sollte die Krise länger dauern, sich noch auf andere Art darstellen, neue Dimensionen erreichen, dann werden wir entsprechend reagieren.
Kaufkraftsteigerung und Steuererhöhungen passen nicht zueinander. Der Vorstoß einiger LSAP-Exponenten, die jetzt eine Erhöhung der Solidaritätssteuer fordern, kommt zur Unzeit. Wir schließen nicht aus, dass diese Steuer irgendwann angehoben werden müsste, wenn die Haushaltslage es erfordert. Das tut sie allerdings im Moment nicht, und die politische Priorität in diesem Jahr – übrigens auch 2010 – muss auf der Steigerung der Einkommen liegen, nicht auf ihrer Verringerung. Wieso die LSAP einerseits die Regierungspolitik der Kaufkrafterhöhung mitträgt und andererseits Steuererhöhungen fordert, ist wohl nur mit Blick auf die innere Befindlichkeit der Sozialisten zu verstehen. Es erinnert auf traurige Art an den Wahlkampf 1999, als unter LSAP-Spitzenkandidat Robert Goebbels plötzlich die totale Wende in der Rentenpolitik verkündet wurde – die Abkehr von all dem, was die Sozialisten in der Regierung mitgetragen hatten. Dass so etwas sich elektoral nicht auszahlt, müsste die LSAP eigentlich noch wissen.
Die CSV steht zur Politik der Regierung gegen die Auswirkungen der Krise. Wir glauben, dass es die richtige Politik zum richtigen Zeitpunkt ist. Die LSAP ist ebenfalls in der Regierung. Es wäre angebracht, dass jene Teile der LSAP, die nicht Minister sind, ihre Regierungsmitglieder ebenfalls unterstützen.
Michel Wolter CSV-Fraktionspräsident, 14. März 2009