Im Herbst bei der parlamentarischen Rentrée kamen das Scheidungsgesetz und die Änderungen beim Sorgerecht auf die Prioritätenliste der Regierung. Im Oktober wurde dann der parlamentarische Unterausschuss „Scheidung“ ins Leben gerufen. Vorsitzende ist die CSV-Abgeordnete Christine Doerner. Wenn alles glatt geht, könnte das Reformpaket noch vor den Wahlen verabschiedet werden. Christine Doerner im Gespräch mit dem Luxemburger Wort
Weshalb wurde eigentlich der Unterausschuss „Scheidung“ ins Leben gerufen?
Der parlamentarische Unterausschuss wurde gegründet, um zunächst die großen Prinzipien abzuklären. Das neue Scheidungsgesetz wird nämlich zu grundlegenden Änderungen führen. Es geht beispielsweise um die Neuregelung der Unterhaltzahlungen, oder darum, wie in Zukunft die Scheidung in beidseitigem Einverständnis geregelt werden soll, oder um Ausgleichzahlungen bei den Renten. Bei diesen Grundsatzfragen lässt sich im kleinen Kreis des Unterausschusses eher ein Konsenz erzielen, als in der großen Justizkommission. Weil von jeder Partei nur ein Abgeordneter am Tisch sitzt, ist der Unterausschuss schon allein aus terminlichen Gründen weitaus flexibler. Wir kommen folglich auch wesentlich schneller mit unserer Arbeit voran.
Mit welchen Dossiers setzt sich der Unterausschuss neben dem Scheidungsgesetz noch auseinander?
Wir haben das Feld eigentlich von hinten aufgerollt. Zunächst haben wir uns mit dem elterlichen Sorgerecht auseinandergesetzt. Diese Problematik bildet einen der Hauptpfeiler des gesamten Pakets. Uns lagen einerseits der Gesetzentwurf der Regierung vor und andererseits die Gesetzvorschläge von Laurent Mosar und Marie-Josée Frank sowie von Jacques-Yves Henckes. Der Regierungsentwurf ist am weitesten gefasst und trägt u.a. einer EU-Richtlinie Rechnung. Zentrales Element ist aber, dass der Gesetzestext keinen Unterschied mehr macht, ob die Eltern bei der Geburt der Kinder verheiratet waren oder nicht. Unabhängig vom Zivilstand der Eltern werden nun alle Kinder gleich behandelt. Doch nicht nur die Kinder werden gleich behandelt, auch die Eltern. Unabhängig vom Zivilstand haben sie grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber ihren Kindern. Sie haben das gemeinsame Sorgerecht. Das ist ein Riesenfortschritt. Die Arbeiten an diesem Projekt sind so gut wie abgeschlossen.
Im Gesetzvorschlag Mosar-Frank wurde auch die Abstammung behandelt. Wie wollen Sie hier vorgehen?
Die Abgeordneten Mosar und Frank haben mit ihrem Gesetzvorschlag hinsichtlich der Abstammung sehr gute Vorarbeit geleistet. Daneben arbeitet die Regierung im Augenblick einen Gesetzentwurf aus, der einerseits detaillierter sein wird und andererseits die neusten Entwicklungen, wie etwa die Reform des Familienrechts in Frankreich berücksichtigen soll. Der Text wird voraussichtlich im Januar vorliegen. Das Prinzip wird wiederum das gleiche sein wie beim Sorgerecht. Kinder und Eltern werden unabhängig von dem jeweiligen Zivilstand gleich behandelt.
Der Unterausschuss beschäftigt sich auch mit dem Thema Schlichtung …
Zum Thema Schlichtung lag ein Gesetzvorschlag von Lydie Err vor. Die Regierung will aber nun ein eigenes Gesetzprojekt verfassen. Insgesamt ist es wichtig, dass das Prinzip der zivilrechtlichen Schlichtung als Alternative für die Konfliktregelung zurückbehalten wird. Und wenn das Grundprinzip einmal im luxemburgischen Recht verankert ist, wird die Schlichtung auch Auswirkungen auf das Scheidungsrecht haben. Um eine möglichst „konfliktfreie“ Scheidung zu ermöglichen, soll es dem Richter in Zukunft möglich sein, den beiden Parteien die Schlichtung nahezulegen. Nur wenn die Situation wirklich verfahren ist, soll der Richter als oberste Instanz richten. Aufzwingen kann er das Schlichtungsverfahren allerdings nicht.
Wie sieht es denn nun mit dem eigentlichen Scheidungsgesetz aus? Weshalb kamen die Arbeiten solange nicht vom Fleck?
Justizminister Frieden hat in der Tat seinen Gesetzentwurf bereits im Mai 2003 eingebracht. Der Text war sehr fortschrittlich. Er basiert auf dem Zerrüttungsprinzip anstatt auf dem Prinzip des Fehlverhaltens. Seither haben zahlreiche EU-Länder ihre Scheidungsgesetze überarbeitet. Sogar Länder mit einem eher konservativen Familienrecht wie etwa Spanien oder Italien, aber auch Belgien und die Niederlande haben das Schuldprinzip gestrichen. Der Vorteil beim Zerrüttungsprinzip ist, dass statt subjektiver Einschätzungen nun objektive Kriterien eine Rolle spielen. Doch zurück zum Gesetzentwurf von 2003. Auch wenn der Text sowohl von der Form als auch vom Inhalt her sehr modern war, so musste er doch überarbeitet werden. Einerseits hatte der Staatsrat in seinem Gutachten mehrfach Einspruch erhoben. Diesen Oppositions formelles wollten wir Rechnung tragen. Andererseits wollten wir auch die Problematik des Splitting berücksichtigt wissen. Es ist nun angedacht, dass im Fall einer Scheidung bei der Auflösung der gemeinsamen Güter, die Partei, die nicht berufstätig war, einen bestimmten Geldbetrag erhält, mit dem sie ihre Rechte in der Rentenversorgung zurückkaufen muss. Es ist nämlich nur logisch, wenn beispielsweise nicht nur der Erlös aus der gemeinsamen Wohnung aufgeteilt wird, sondern wenn der eine Partner auch an den Rentenansprüchen teilhaben kann. Wenn es nicht zur Scheidung gekommen wäre, hätte er ja auch davon profitiert. Dies soll nun im vorliegenden Gesetzentwurf festgeschrieben werden.
Wie geht es nun weiter?
Beim Scheidungsgesetz arbeiten wir zurzeit an den Änderungsanträgen. Die großen Prinzipien stehen. Im Januar reichen wir den Text dann an die Justizkommission weiter. Die Arbeiten am Gesetzentwurf zum Sorgerecht, zur Schlichtung und zur Abstammung haben wir soweit abgeschlossen. Ich bin, was das Timing anbelangt, sehr zuversichtlich. Wenn alles glatt läuft, wird das gesamte Reformpaket noch vor den Wahlen die parlamentarischen Hürden nehmen.
Quelle: Luxemburger Wort, 5. Januar 2008, Dani Schumacher