Mit Steuern steuern …

Politische Beobachtungen zum neuen Steuerpaket, von Gilles Roth, CSV Abgeordneter

Neue Tarifanpassung von 9%

Ab 1. Januar 2009 tritt eine Reihe von Steuererleichterungen für Privatpersonen in Kraft. Hauptmassnahme ist eine Tarifanpassung der Einkommensteuer von 9%. Jeder Steuerpflichtige wird demnach innerhalb des Steuertarifs so besteuert, als würde er 9% weniger verdienen. Diese Steueranpassung ist ein weiterer Schritt zur Inflationsbereinigung der Steuertabelle. Eine erste Anpassung von 6% gibt es bereits ab dem 1. Januar 2008.

Die Regierung hat demnach Wort gehalten. In der Regierungserklärung waren diese Steuererleichterungen bereits angekündigt worden. In seiner Rede zur Lage der Nation hatte Staatsminister Jean-Claude Juncker den Umfang der Steueranpassung angedeutet.

Die Steueranpassung kommt zum richtigen Zeitpunkt. Sie wurde übrigens weder vom Staatsrat noch von einer Berufskammer in Frage gestellt. Die Tarifanpassung bedeutet, dass die Bürger 342 Millionen € weniger Steuern zahlen.

Das Vertrauen der Bürger wird dadurch gestärkt. Ihr Nettoeinkommen erhöht sich durch die Steuermaßnahmen. Sicherlich bewirken die Steuererleichterungen in der aktuellen Finanz-und Wirtschaftskrise keine ökonomischen Wunder. Die Steuerermäßigungen muss man jedoch auf einer breiteren Ebene betrachten.

Von 1990 bis 2009: Reduzierung der Steuerlast

Das Steuerpaket, welches am 1. Januar 2009 in Kraft tritt, reiht sich in die kontinuierliche Reduzierung der Steuerlast ein, welche seit 1990 unter den Finanzministern Jacques Santer und Jean-Claude Juncker, mit verschiedenen Regierungen durchgeführt wurde.

1990 lag der nominale Spitzensteuersatz für Privatpersonen noch bei 56%, ohne Solidaritätssteuer. Heute beträgt der nominale Spitzensteuersatz 38%. Ein Junggeselle, der im Jahre 1990 über ein versteuerbares Jahreseinkommen von 745.000.-LUF (18.500.-€) verfügte, wurde mit einem marginalen Steuersatz von 38% veranlagt. Heute zahlt er auf dem gleichen Betrag einen marginalen Steuersatz von lediglich 14%.

Inflationsbedingt sind die 18.500.-€ aus dem Jahre 1990 sicherlich nicht den 18.500.-€ aus dem Jahre 2009, absolut gegenüberzustellen. 18.500.-€ aus dem Jahre 1990 entsprechen heute rund 27.500.-€.

Nun, auf diesem Einkommen spielt heute ein marginaler Steuersatz von 24%, also 14% weniger, als vor 18 Jahren.

Dem Steuerpflichtigen, welcher in dieser Einkommensstufe 100.-€ mehr verdient, ist es nicht egal ob er davon 38.-€ oder lediglich 24.-€ an den Staat zahlt.

Die Steuererleichterungen aus den Jahren 1991,1998, 2001/2002 und 2008 beziehungsweise 2009 sind doch erheblich.

Ein Haushalt, welcher in der Steuerklasse 2 veranlagt wird, erreicht den Spitzensteuersatz von 38% bei einem versteuerbaren Jahreseinkommen von 80.000.-€, also bei mehr als 3,2 Millionen Luxemburger Franken.

Ein Haushalt mit zwei  Einkommen, zahlt bei einem Jahreseinkommen von 100.000.-€ lediglich 20.000.-€ Steuern. Dies entspricht einem durchschnittlichen Steuersatz von 20%.

Progressiver Steuersatz: eine sozialgerechte Tarifgestaltung

Die Regierung hat mit dieser linearen Steuranpassung das Grundkonzept eines progressiven Steuertarifs mit gleichen Steuerstufen, welches in den Jahren 2001/2002 eingeführt wurde, nicht abgeändert. Sie hält vielmehr an dieser sozialgerechten Tarifgestaltung fest.
Ein progressiver Steuersatz mag vielleicht in einer moderneren Steuerlandschaft nicht Mode sein.

Insbesondere die neuen EU Länder neigen eher zu einheitlichen Steuersätzen, der sogenannten flat tax, welche unabhängig von der Höhe des Einkommens angewandt wird. In der Regel werden mit einem einheitlichen Steuersatz die Besserverdiener begünstigt.

Mit dem progressiven Steuertarif, welcher die Politik weiterhin in Luxemburg beibehält, bekennt sie sich zu den Steuern als Element der Umverteilung. Die Regierung unterstreicht dadurch ihre sozialpolitische Gestaltungsaufgabe. Und dem ist gut so!

Das Soziale Ausrichtung des neuen Steuerpaketes spiegelt sich auch in anderen Punkten wieder.

Steuerkredite verkleinern die Armut.

Neben dem Kinderbonus im Jahre 2008, werden 3 weitere Steuerkredite eingeführt für Alleinerzieher, für Erwerbstätige beziehungsweise Pensions- und Rentenempfänger. Steuerkredite sind ein neues Element in unserer Steuerlandschaft. Sie kommen vor allem Leuten mit niedrigem Einkommen zu Gute.

In seiner Erklärung zur Lage der Nation im Mai 2008 hatte Staatsminister Jean-Claude Juncker diese Steuerkredite bereits angekündigt: „Nicht Steuerabschläge, sondern Steuerkredite verkleinern die Armut in Luxemburg. Der Staat hilft jedem in gleichem Masse und unabhängig von seinem Einkommen.“

Die soziale Komponente der Steuerkredite führte den Staatsrat zur Überlegung, dass man die Steuerkredite für Steuerzahler in den Steuertarif einbauen sollte. Für Bürger die keine Steuern zahlen, sollte die Gegenleistung über den Sozialbereich abgedeckt werden.

In einer puren Steuerlogik mag dies vielleicht richtig sein. Man riskiert jedoch Leute, die keine Steuern zahlen als Bittsteller von sozialen Unterstützungsmaßnahmen abzustempeln. Dies sollte der Staat im Respekt zum einzelnen Bürger vermeiden.

Steuerabschläge und Steuerkredite gehören zu den sogenannten Steuersubventionen.

Jeder Bürger hat in gleichem Masse, und unabhängig von seinem Einkommen, ein Recht auf gleichen Zugang zu verschiedenen öffentlichen Dienstleistungen.

Die Regierung geht mit der Einführung der Steuerkredite einen innovativen und mutigen Weg. Es ist jedoch ein richtiger Schritt im Sinne einer sozialgerechten Umverteilung.

Steuerkredite als Instrument der Steuerung

Natürlich drängt sich bei dem neuen Instrument der Steuergestaltung eine Reihe von Fragen auf:

Sind zum Beispiel die Beträge der Steuerkredite, welche sich zum größten Teil an die bisherigen Steuerabschläge anlehnen noch zeitgemäß? Seit 1991 wurden die Steuerabschläge nicht mehr angepasst. Diese Nichtanpassung war aber auch ein Teil einer gewollten Steuerpolitik von sozialer Umverteilung.

Die Steuerabschläge wurden nicht erhöht. Deshalb wurden jedoch der Steuertarif, u.a. der Eingangssteuersatz gesenkt, was jeden Steuerpflichtigen begünstigte.

Eine andere Frage ist die, ob man Steuerkredite nicht auf der Ebene der Werbungskosten oder der Sonderausgaben einführen sollte? Der Steuerpflichtige könnte sogar die Wahl haben, zwischen dem Steuerkredit oder dem steuerlichen Absetzen der real getätigten Ausgaben.
Bei jeder Frage muss man jedoch vor Augen halten: je mehr, und desto höher die Steuerkredite sind, die jeder Bürger unabhängig von seinem Einkommen bekommt, desto höher ist der Steuerausfall für den Staat.

Steuerkredite sind teurer als Steuerabschläge, da die Progressivität des Steuertarifs den Steuerausfall abfedert.

Im Bereich der Pensions-und Rentenempfänger bedeutet die Umwandlung des Steuerabschlages in einen Steuerkredit einen Steuerausfall von jährlich 36 Millionen €. Dies ist der Kostenpunkt eines Altenheimes.

Ein Steuerkredit für Schulden auf dem Eigenheim?

Ab 1. Januar 2009 gibt es einen Steuerkredit für Aleinerzieher, für Pensions-und Rentenempfänger sowie für jeden Erwerbstätigen. Richtig ist, dass in der Erklärung zur Lage der Nation auch ein Steuerkredit für Schuldzinsen bei der Anschaffung eines Eigenheimes in Aussicht gestellt wurde.

Die Einführung eines solchen Steuerkredites bedeutet jedoch mehr als eine rein technische Umwandlung eines Steuerabschlages in einen Steuerkredit.

In dem Moment, wo jeder Bürger der eine Eigentumswohnung finanziert, und unabhängig von seinem Einkommen den gleichen Steuerkredit bezieht, drängt sich die Frage auf, ob ein Mieter nicht auch Anspruch auf den gleichen Steuerkredit hat.

In seinem Gutachten zum Gesetzesentwurf 5924 betreffend das neue Steuerpaket, erwägte der Staatsrat das verfassungsrechtliche Gleichheitsprinzip um eine Ausweitung des Steuerkredites für Arbeitnehmer auch auf Freiberufler, Geschäftsleute sowie Bauern auszuweiten. Diese Betrachtungsweise könnte auch im Falle eines Steuerkredites für Schuldzinsen bei der Anschaffung eines Eigenheimes seine Auswirkungen auf den Verlauf einer solchen Maßnahme haben .

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage des Höchstbetrages der Schuldzinsen, welche bei der Anschaffung eines Eigenheimes steuerlich abgesetzt werden können. Die absetzbaren Steuerabschläge wurden seit 1991 kaum mehr angepasst. Die Höchstbeträge sind bei den aktuellen Zinssätzen nicht mehr zeitgemäß.

Aus den vorgenannten Gründen muss man die Einführung eines Steuerkredites für Schuldzinsen auf einer breiteren Basis betrachten.

Steuerliche Begünstigung der Restschuldversicherung

Das Steuerpaket sieht auch eine Erhöhung des steuerlich absetzbaren Freibetrages im Rahmen einer Restschuldversicherung vor, welche bei der Anschaffung eines Eigenheimes abgeschlossen wird. Diese Maßnahme ist ausdrücklich zu begrüßen. Der Staat soll die Bürger steuerlich unterstützen um das Finanzierungsrisiko einer Eigentumswohnung mit einer Versicherung abzudecken.

Reduzierte Mehrwertsteuer beim Hausbau

Die Mehrwertsteuerbegünstigung beim Bau oder der Renovierung einer Wohnung wird von 50.000.-€ auf 60.000.-€ erhöht. Dies entspricht einer Steigerung von 20%. Von dieser Maßnahme profitieren nicht nur die Besserverdiener. In Betracht der aktuellen Baupreise spart ein Großteil der Hausbauer dadurch 10.000.-€. Neben dem Wohnungsbaupakt ist diese Maßnahme ein weiterer Schritt der Regierung im Sinne einer aktiven Wohnungsbaupolitik.

In diesem Kontext ist zu bedauern, dass beim Bau einer Wohnung die Eigentümer nicht immer in den vollen Genuss der gesetzlichen Steuervergünstigungen kommen. Das Gesetz vom 30. Juli 2002 betreffend die Steuervergünstigungen beim Wohnungsbau ermöglicht eine direkte Anwendung des superreduzierten TVAsatzes von 3%. Der Hausbauer hat demnach ein Anrecht, dass ihm lediglich 3% Mehrwertsteuer bei Ausstellung der Rechnung angewendet werden.

Aufgrund interner TVAkompensierungen verrechnet eine Reihe von Baupromotoren dem Kunden in der Praxis jedoch zu erst 15% Mehrwertsteuer. Der Kunde muss dann eine Rückerstattung der Differenzbetrages bei der Enregistrementverwaltung beantragen. Das Resultat mag wohl im Endeffekt das Gleiche sein. Trotzdem hat der Kunde aber einen höheren Finanzierungsaufwand, als wenn ihm direkt ein reduzierter TVA Satz von 3% verrechnet würde.

Dies war nicht die Absicht des Gesetzesgebers. Das Baugewerbe sollte Anstrengungen unternehmen damit der Kunde von diesem Steuervergünstigung im vollen Umfang profitieren kann.

Weniger Steuern bedeuten mehr Kaufkraft.

Das Steuerpaket ist sicherlich ein mutiger Schritt der Regierung. Ohne gesunde Staatsfinanzen, mit einer niedrigen Verschuldung, wären Steuererleichterungen nicht möglich.

In der aktuellen wirtschaftlichen Lage kommen die Maßnahmen in diesem Umfang gerade zum richtigen Zeitpunkt. Die Bürger erhalten ein höheres Nettoeinkommen. Die Kaufkraft wird dadurch gestärkt. Ob diese Kaufkraft hier im Lande konsumiert wird, muss die Zukunft zeigen. Dafür sind aber nicht alleine die Bürger zuständig.

Der Verbraucher trifft seine Wahl bei dem Angebot das ihm vorliegt. An jedem Interessenten ihm diese Angebot schmackhaft zu machen. Die Politik hat ihre Verantwortung übernommen.

Gilles Roth, CSV Abgeordneter, Dezember 2008