Mär brauchen eis konstitutionell Monarchie, gëschter ewéi haut a muer!

Es wurde in den vergangenen Wochen viel über eine vermeintliche institutionelle Krise gesprochen. Es kommt aber nicht zu einer solchen Krise, weil der veraltete Buchstabe der Verfassung an die seit 90 Jahren gängige Verfassungspraxis angepasst wird – so wie es der Premierminister zusammen mit allen im Parlament vertretenen Parteien – und mit dem Einverständnis des Großherzogs – vorgeschlagen hat. Am Donnerstag, dem 11. Dezember hat das Parlament fast einstimmig der neuen Version von Artikel 34 zugestimmt. Falls es nicht zu einem Referendum kommt, muss die Abstimmung über die Verfassungsänderung in drei Monaten ein zweites Mal wiederholt werden. François Biltgen CSV-Nationalpräsident im CSV Profil

Die Verfassungsänderung hat als einziges Ziel, etwas zu ermöglichen, was heute nicht möglich ist: Nämlich dem Großherzog als Staatschef, der über den Parteien steht, zu erlauben, zu einer bestimmten Frage eine Meinung zu haben. Es geht darum, dem Großherzog keine Handlungen abzuverlangen, die seinen persönlichen Überzeugungen zuwiderlaufen und gleichzeitig das Funktionieren unserer parlamentarischen Demokratie zu gewährleisten.

D’Verfassungsreform bréngt de Buschstaf vun der Verfassung an Aklang mat der Verfassungspraxis.

Der Staatschef verzichtet auf keine Befugnisse, die er seit dem Referendum vom 28. September 1919 je ausgeübt hätte. Mit der letzten institutionellen Krise war Luxemburg nach dem Ersten Weltkrieg konfrontiert. Nicht zuletzt wurde sie durch den entschlossenen Einsatz der Rechtspartei – der Vorgängerin der CSV – gelöst. Großherzogin Marie-Adelheid hat zugunsten ihrer Schwester Charlotte abgedankt und das Volk, das endlich das allgemeine Wahlrecht erhielt, sprach sich in einem Referendum deutlich für die Dynastie aus.

Diese Dynastie hat sich seither als konstitutionelle Monarchie verstanden, die über der Politik steht und sich einzig und allein als Garant der Einheit von Land und Volk sieht. Für Luxemburg war das, nicht nur, aber besonders im Zweiten Weltkrieg ein Segen.

Es ist aber nicht nur die annähernd 90-jährige Verfassungspraxis, die besagt, dass die Gesetze von den Volksvertretern und nicht vom Staatschef gemacht werden. Ansonsten wären wir ja keine parlamentarische Demokratie, so wie unsere Verfassung es vorschreibt. Noch weitere Artikel unterstreichen dies: Die Souveränität liegt in der Nation und der Großherzog ist das Symbol der Einheit des Landes. Der Großherzog kann auch für keine Handlung verantwortlich gemacht werden. Regierung und Minister müssen für ihn die Verantwortung übernehmen.

Deshalb bleibt die CSV der Meinung, dass der Großherzog ein Gesetz, das seinem persönlichen Gewissen widerspricht, dennoch als Verfassungsorgan unterschreiben könnte, ohne in einen personellen Konflikt zu geraten.

Allerdings entspricht der Buchstabe des Grundgesetzes, der noch aus dem Jahr 1868 stammt, nicht unserer Verfassungspraxis. Der Buchstabe besagt, dass der Großherzog einem Gesetz zustimmen – „sanctionner“ – muss. Und eben das ist weder richtig noch gut. Das Abgeordnetenhaus ist übrigens seit 2004 dabei, unsere Verfassung zu entstauben und der modernen Zeit anzupassen. Das gilt ebenfalls für Artikel 34 der Verfassung. Das Dilemma des Großherzogs kam, kurz bevor das Abgeordnetenhaus die Verfassung sowieso entstaubt hätte.

Die kleine Verfassungsänderung, die nun mit dem Einverständnis des Großherzogs vorgenommen wird, macht es möglich, dass der Großherzog seine Meinung haben kann, ohne das Abgeordnetenhaus zu blockieren. Das ist ein Gewinn für den Großherzog und für unsere parlamentarische Demokratie.

Mär wëllen eis Monarchie behalen a keng Republik.

Und deshalb ist ein Referendum gegen die vom Großherzog mitgetragene Neuversion des Artikels 34 unnütz. Die traditionelle Stellung des Großherzogs wird nicht untergraben, sondern untermauert. Ein Referendum hingegen würde riskieren, den Staatschef wiederum in eine unglückliche Lage zu versetzen und eine institutionelle Krise heraufbeschwören. Übrigens ist diese kleine Verfassungsreform auch keine Reform für oder gegen die Euthanasie. Das Gesetz, das nach wie vor nicht die Zustimmung der CSV hat, ist mehrheitlich gestimmt und wird deshalb in Kraft treten müssen.

Die CSV weist jedoch auch darauf hin, dass nach den Wahlen die Modernisierung der Verfassung weitergetrieben wird. Die CSV stellt mit Bedauern fest, dass verschiedene Kräfte die aktuelle Lage ausnützen wollen, um die Stellung der konstitutionellen Monarchie zu untergraben, ja, sogar eine Republik anzustreben.

Wir können deshalb den Ausrutscher von LSAP-Spitzenkandidat Jean Asselborn, der in seiner Eigenschaft als Vize-Premier (!) in einem süffisant-ironischen Ton das Ende der Monarchie erwog, nur verurteilen. Kabarettistische Einlagen dienen der wichtigen institutionellen Debatte nicht. Derartige Einwände, egal von wem, lassen allerdings tief blicken.

Die CSV steht nach wie vor hinter der konstitutionellen Monarchie, wie wir sie seit dem Referendum von 1919 kannten, einer Monarchie, die über den Parteien steht, die die demokratischen Spielregeln respektiert und die Kontinuität und Einheit des Landes verkörpert. Wir haben ihr politisch und sogar wirtschaftlich viel zu verdanken. Wir werden uns deshalb mit allen Mitteln einsetzen, dass die Modernisierung der Verfassung einzig und allein den Buchstaben der Verfassung mit der Verfassungspraxs in Einklang bringt. Wir wollen keine Republik.

François Biltgen, CSV Parteipräsident