Zum dritten Mal innerhalb von 16 Monaten hat Armeeminister Jean-Louis Schiltz am Mittwoch und Donnerstag den in der afghanischen Hauptstadt stationierten neun luxemburgischen Soldaten einen Besuch abgestattet. Das “Luxemburger Wort” unterhielt sich mit Schiltz über die Sicherheitslage in der afghanischen Hauptstadt, die weitere Strategie bei der Stabilisierung Afghanistans und die Vernetzung von Verteidigungs- und Kooperationspolitik
Jakub Adamowicz: Herr Minister, warum sind Sie erneut nach Afghanistan gefahren?
Jean-Louis Schiltz: Der Platz des Verteidigungsministers ist auch bei den Truppen. Ich verfolge mit einem zivilen Auge, wie die Missionen mit luxemburgischer Beteiligung verlaufen.
Jakub Adamowicz: Wie ist der Ruf der luxemburgischen Isaf-Soldaten?
Jean-Louis Schiltz: Unsere Soldaten sind Botschafter Luxemburgs. Vom belgischen und weiteren Isaf-Kontingenten habe ich erneut versichert bekommen, dass unsere Soldaten eine ausgezeichnete Arbeit leisten. Die Vorbereitung auf die Einsätze und die Ausstattung der Soldaten sind vorbildlich.
Jakub Adamowicz: Warum wurden Sie von vier Deputierten begleitet?
Jean-Louis Schiltz: Die Entscheidung über die Mandatsverlängerung der Afghanistan-Mission fällt die Regierung nach Berücksichtigung der Stellungnahme des Parlamentsausschusses für Auswärtiges. Ausschussmitglieder aller Parteien waren eingeladen, sich vor Ort über die Mission zu informieren.
Jakub Adamowicz: Wie ist die jetzige Sicherheitssituation in Afghanistan?
Jean-Louis Schiltz: Sie ist schwierig bis problematisch. Die asymmetrische Bedrohung, etwa in Form von Attentaten, nimmt zu. Andererseits sind erwartete Taliban-Großoffensiven und damit unter Umständen verbundene Gebietsverluste in den vergangenen drei Jahren ausgeblieben.
Jakub Adamowicz: Wie sehen die Prognosen für die kommenden Monate aus?
Jean-Louis Schiltz: Die Situation dürfte schwierig bleiben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie sich weiter verschlechtert.
Jakub Adamowicz: Welches weitere Vorgehen leiten Sie aus dieser Situation ab?
Jean-Louis Schiltz: Die Stabilisierung Afghanistans kann nicht ausschließlich militärisch erreicht werden. Auch eine politische Lösung und die Dimension der Entwicklungszusammenarbeit sind Bestandteile der Lösung.
Jakub Adamowicz: Warum zieht die Isaf auf dem Flughafen Kabul um?
Jean-Louis Schiltz: Es geht um die konsequente Abtrennung von zivilen und militärischen Anlagen. Die Isaf wird langfristig auf dem Flughafen Kabul präsent sein.
Jakub Adamowicz: Welchen Entwicklungshorizont hat die Isaf für Afghanistan entwickelt?
Jean-Louis Schiltz: Der "Afghan Compact"-Plan sieht bis 2011 den Aufbau wesentlicher ziviler Komponenten vor.
Jakub Adamowicz: Kann Afghanistan eine Demokratie nach westlichem Vorbild werden?
Jean-Louis Schiltz: Wir fördern die Schaffung eines verfassungsbasierten Modells, das die konstruktiven Gesellschaftskräfte fördert und bündelt. Gewaltenteilung, eine funktionierende Justiz, Korruptionseindämmung, Meinungsbildung über ein Parteiensystem, Pressefreiheit und Frauenrechte sind grundlegende Elemente dieses Systems. Das bedeutet nicht, dass sich Afghanistan zwangsläufig zu einem Staat entwickeln wird, der mit den westlichen Demokratien identisch wäre.
Jakub Adamowicz: Ist eine politische Lösung ohne die Aufständischen machbar?
Jean-Louis Schiltz: Im Rahmen der Werte und Normen, für die die Regierung und Präsident Hamid Karsai steht, kann ein Dialog mit den Aufständischen im Interesse der langfristigen Stabilisierung und Entwicklung Afghanistans sein.
Quelle: Luxemburger Wort, 8. Dezember 2008, Jakub Adamowicz