São Paulo: Internationale Konferenz über Agrikraftstoffe

Die Nutzung der fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas hat den westlichen Industriestaaten zu Reichtum und Wohlstand verholfen, jedoch machen sich die Folgen der Verbrennung dieser Energieträger immer stärker bemerkbar. Das Erdöl garantiert u.a. die Mobilität sowie die Bereitstellung von Kunststoffen jeder Art und das Erdgas die Produktion von elektrischer Energie und Wärme. Angesichts der sich dem Ende zu neigenden Förderung der fossilen Energieträger wird nun nach alternativen Energiequellen gesucht. Neben der rationellen Energieverwendung und der breiten Nutzung der erneuerbaren Energien treten die Agrikraftstoffe immer stärker in den Mittelpunkt. Freie Tribüne von Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Um die weltweit agierende Energiewirtschaft auf die unterschiedlichen Problemstellungen bezüglich der Nutzung der Agrikraftstoffe aufmerksam zu machen, hatten sich in São Paulo (Brasilien) vom 17. bis 21. November 2008 mehr als 2000 Fachleute und Politiker zusammengefunden. Ein wichtiges Thema war die Gegenüberstellung der Produktion von Agrikraftstoffen und von Nahrungsmitteln, dies angesichts der weltweiten schwierigen Nahrungsmittelversorgung. 

Seit einigen Jahren spielen die Agrikraftstoffe eine bedeutende Rolle in der sicheren Energieversorgung und im Kampf gegen den Klimawandel. Aber es stellt sich immer mehr die Frage ihrer Umweltverträglichkeit, insbesondere in Bezug auf die Wahl der Flächen, wo der Anbau von diesen Energiepflanzen stattfinden soll. Sieht man sich die riesigen Plantagen von Palmöl in Indonesien und die gerodeten Urwaldflächen für den Anbau von Zuckerrohr im brasilianischen Regenwald an, dann kann nicht mehr die Rede von einer nachhaltigen Entwicklung sein. Der Anbau von Pflanzen zur Gewinnung von Agrikraftstoffen macht aber nur dann Sinn, wenn die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Es kann nicht angehen, dass die Zerstörung von sensiblen Ökosystemen die direkte Folge darstellt. Die Konferenz in São Paulo forderte deshalb von den Verantwortlichen, alles in die Wege zu leiten, dass in den Agrikraftstoffe produzierenden Ländern, verbindliche Kriterien beachtet werden müssen. 

Wenn an dieser Front keine nachhaltige Regelung eintritt, dann werden wir in vielen Regionen der Welt weitere gewalttätige Auseinandersetzungen bezüglich der Preissteigerungen von Grundnahrungsmitteln erleben. Die bisher mühsam erzielten wirtschaftlichen Fortschritte im Rahmen der Milleniumsziele, so bescheiden sie auch sind, werden zunichte gemacht. Es kann nicht angehen, dass Ethanol in der Autoflotte verbrannt wird und im Gefolge die Menschen in den Entwicklungsländern auf Nahrungsmittel verzichten müssen, dies nach dem Motto: “Leere Magen aber volle Tanks“. 

Die Agrikraftstoffe der ersten Generation bestehen aus ölhaltigen oder zuckerhaltigen Pflanzen und sie stehen in direkter Konkurrenz mit den Nahrungsmitteln. Die Agrikraftstoffe der zweiten Generation hingegen, nutzen als Grundstoffe die organischen Abfälle u.a. Stroh, Abfallprodukte aus der Landwirtschaft und dem Weinbau, Sägerestholz und minderwertiges Holz. Des Weiteren schnell wachsende Pflanzen und Holzsorten, die auch auf Stilllegungsflächen angebaut werden können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Agrikraftstoffe der zweiten Generation einen Teil zur Verringerung der CO2-Belastung beitragen. 

Es mag auf folgende Zahlen hingewiesen werden: Im Jahr 2007 wurden weltweit 52 Milliarden l Bioethanol produziert, davon in den USA etwa 27 Milliarden und in Brasilien etwa 19 Milliarden. Hingegen nimmt sich die Produktion von Diesel aus der Landwirtschaft mit 10 Milliarden l im Jahr 2007 noch bescheiden aus, hier führt die Europäische Union den Reigen mit etwa sechs Milliarden eindeutig vor den USA mit zwei Milliarden an.

Die Milleniumsziele nicht aus dem Auge verlieren 

Auch wenn die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise unseren Blick für die Minderbemittelten dieser Welt trüben, so dürfen wir das gemeinsame Ziel nicht aus dem Auge verlieren, dass wir die Lebensbedingungen dieser Menschen verbessern müssen, um die gerechte Welt aufzubauen. Die Verwirklichung einer sozial- und umweltgerechten Lebens- und Wirtschaftsweise in den Entwicklungsländern, so lange und schwierig auch dieser Prozess sein mag, eröffnet ungeahnte Gestaltungsspielräume, die wir im Sinne einer gemeinsamen Welt durchführen müssen.
Angesichts der bereits vorhandenen problematischen Wasserversorgung in vielen Regionen der Welt kommt auch noch die anhaltende Bodenerosion hinzu, welche unmittelbar zur Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit beiträgt und die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung in Frage stellt. Wenn nun noch in den Entwicklungsländern Agrikraftstoffe anstatt Nahrungsmittel angebaut werden, dann kann es nicht wundern, wenn Millionen von jungen Menschen ohne Ziel und Vision ihre Heimat verlassen und sich auf den Weg zu den „Reichen“ machen, mit allen Konsequenzen, die dieses Vorhaben in sich birgt. 

Den Kampf gegen die Armut werden wir nur dann gewinnen, auch wenn dies beschwerlich sein wird, wenn die globale Solidarität zwischen allen Menschen vorherrschen wird; die CSV hat sich diesem hehren Ziel verschrieben.

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Literaturhinweise
http://brasilianische-botschaft.de
http://www.glocalist.com/news.