Internationale Energieagentur – Wir benötigen die weltweite Energierevolution

Am vergangenen Mittwoch, den 12. November hat die Internationale Energieagentur (IEA) mit ihrem Weltenergieausblick „World Energy Outlook 2008“ ein düsteres Bild der Energieversorgung auf weltweiter Ebene gezeichnet. Obwohl wir uns bewusst sind, dass die aktuelle Finanzkrise ihren weiten Schatten auf die Weltwirtschaft wirft, kann es nicht angehen, die notwendigen politischen Entscheidungen zur Energieversorgungssicherheit und die Verringerung der Treibhausgasemissionen zu verzögern. Die bisher, insbesondere von der Europäischen Union, in die Wege geleiteten Schritte hin zur nachhaltigen Entwicklung, dürfen nun nicht mehr gestoppt werden. Eine freie Tribüne von Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Die IEA hat sich dafür ausgesprochen, dass es umgehend zu einem radikalen Umbau der weltweiten Energieversorgung kommen muss. Die Wissenschafter und die Wirtschaftfachleute haben vorgerechnet, dass der „oil peak“ binnen kurzer Zeit erreicht wird. Angesichts der schwindenden Erdöl- und Erdgasreserven und die drohende Klimakatastrophe muss umgehend die weltweite Energierevolution eingeleitet werden. Wir stehen an der entscheidenden Weiche, an uns den richtigen Weg auszuwählen. 

Es sind die Industrieländer, die jetzt aufgefordert sind, ihre Treibhausgase sehr stark zu drosseln und die aufstrebenden Schwellenländer sind aufgerufen, nicht noch einmal die Fehler der entwickelten Länder zu machen. Die Wahl von Barack Obama in den Vereinigten Staaten von Amerika wird sicherlich diesem wichtigen Gedanken den nötigen Auftrieb geben.

Einige energiewirtschaftliche Fakten 

Die Internationale Energieagentur hält in ihrer Vorausschau fest, dass der Energieverbrauch zwischen 2006 und 2030 um 1,6 Prozent im Schnitt jährlich wachsen wird, wenn wir nicht umgehend die notwendigen Gegenmaßnahmen ergreifen. Nach ihren Berechnungen dürfte der Energieverbrauch um 45 Prozent bis 2030 anwachsen. Den Daten zufolge, beträgt der tägliche Erdölverbrauch zurzeit 86 Millionen Barrel und die IEA schätzt einen Verbrauch von etwa 106 Millionen Barrel im Jahr 2030. Und noch immer wird das Erdöl eine dominante Stelle in dem Energiemix einnehmen. Es drängt sich auf, die Gesellschaft auf die Zeit nach dem Erdöl einzuschwören und dies aufgrund der Tatsache: “Die Zeit des billigen Erdöls ist endgültig vorbei." 

Nach der IEA-Studie werden sich die CO2-emissionen um 45 Prozent bis 2030 erhöhen und werden etwa 42 Milliarden t erreichen, dies führt unweigerlich zu irreversiblen Schäden für das Klima, u.a. zum Ansteigen des Meeresspiegels. Was dies bedeutet, kann man heute bereits am Beispiel der Malediven sehen, deren Bevölkerung die Evakuierung ihrer angestammten Heimat im Indischen Ozean vorbereitet. Sind die Industrieländer, die dies verschuldet haben bereit, diese Menschen bei sich aufzunehmen? 

Anlässlich der UN-Umweltkonferenz in Kopenhagen im Jahr 2009 werden sich die Teilnehmer deshalb auf einen neuen Klimavertrag mit weltweiter Tragweite einigen müssen, daran führt kein Weg vorbei. Die Temperaturerwärmung bei zwei Grad stabilisieren, heißt die Treibhausgasemissionen auf das Niveau setzen, welches dem entspricht, was die Nicht-OECD-Länder derzeit an Treibhausgasen ausstoßen. Die Konferenz wird die Menschheit einschwören, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf 450 ppm zu begrenzen.
Es leuchtet angesichts der Erkenntnisse ein, dass wir uns, ob wir es nun wollen oder nicht, in ein Jahrhundert der Umwelt begeben. Wenn die derzeitige Plünderung unseres Planeten noch zwei oder drei Jahrzehnte wie bisher anhält, werden wir die Lebensgrundlagen so verändert haben, dass ein Zurückrudern keinen Sinn mehr ergibt. Was wir deshalb brauchen, ist die Vision eines ausgewogenen und verantwortungsvollen Fortschritts. Dies kann nur gelingen, wenn die industrialisierten Länder ihren Energieverbrauch drastisch verringern, die Energie mit höherer Effizienz einsetzen und die Nutzung der erneuerbaren Energien vorantreiben. Den derzeitigen „Energiewohlstand“ der reichen westlichen Länder seitens der Entwicklungsländer und Schwellenländer jedoch anstreben, heißt den Planeten an den Abgrund bringen.
Die begrenzt vorliegenden fossilen Energieressourcen und der durch ihre Verbrennung hervorgerufene Klimawandel läuten ohne Zweifel einen neuen Weg in der Energieversorgung ein. Die Umweltpolitik im 21. Jahrhundert muss die wirtschaftlichen, die umweltgerechten und die sozialgesellschaftlichen Erkenntnisse in einer vernetzten Struktur betrachten. Wenn dies aus egozentrischem Denken nicht geschieht, dann werden sich die Umweltveränderungen derart beschleunigen, dass wir dem Prozess nicht mehr gewachsen sind.

Es gibt noch viel politischen Handlungsbedarf 

Sicher, die vor uns liegenden wachsenden Umwelt- und Energieprobleme können nicht national, sondern nur auf dem Fundament einer international und langfristig angelegten Zusammenarbeit der Staaten, Wirtschaft, Bevölkerung und Politik bewältigt werden. Langfristig brauchen wir einen energiepolitischen Strukturwandel. Umweltverträgliches Wirtschaftswachstum verlangt demzufolge den Abschied von Verhaltensweisen, welche die Belange von Mensch und Umwelt außer Acht lassen. 

Den Menschen überzeugen, den sofortigen Umbau in Richtung der langfristig umweltverträglichen Ressourcennutzung und Schutz der Lebensgrundlagen einzuleiten, stellt die Herausforderung von globaler Dimension dar. All denen, die noch am Klimawandel und seinen schleichenden Folgen zweifeln, sei ins Stammbuch geschrieben, die Erde kann nur ein beschränktes Ausmaß an Umweltbelastungen aufnehmen, bevor die globalen Ökosysteme kippen. Es bedarf weniger Naturverbrauch und weniger Umweltbelastung.
Angesichts der schwierigen aktuellen Lage, die die Finanz- und die Wirtschaftskrisen uns bereiten, wir können nicht auf den nötigen Politikwechsel mit Blick auf die erhöhte Energieversorgungssicherheit und die vernetzte Verringerung der Treibhausgasemissionen verzichten.

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, Abgeordneter, 19. November 2008

Literaturhinweise:
http://www.welt.de/welt
http://www.spiegel.de