Die Konferenzen von Stockholm und Accra: Hoffnung kommt auf

Im Mittelpunkt der im August vom Internationalen Wasserinstitut organisierten 18. Wasserkonferenz in Stockholm standen die Wasserserversorgung und die sanitäre Grundversorgung in den Entwicklungsländern, dies im Zusammenhang mit dem aufkommenden Klimawandel. Weltweit haben 1,1 Milliarden Menschen nicht mehr als einen Liter Wasser täglich zu ihrer Verfügung, etwa zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und etwa 2,6 Milliarden Menschen leben ohne Abwasserentsorgung. In vielen Teilen der Welt sind Hunderte von Millionen Menschen auf das verschmutzte Wasser aus Bächen und stehendem Gewässer angewiesen, zwei Millionen Menschen sterben pro Jahr an den Folgen dieser desolaten Lebensbedingungen.

Die Aussage anlässlich der Konferenz, dass bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts voraussichtlich etwa 25 Prozent der Weltbevölkerung unter Wassermangel leiden werden, müsste uns zum Nachdenken anregen. Einen wichtigen Referenzpunkt stellen die von den Vereinten Nationen ausgerufenen Millenniumsziele im Jahr 2000 dar. Durch finanzielle Zuwendungen in Milliardenhöhe an die Entwicklungsländer soll erreicht werden, dass u.a. folgende Ziele: die Halbierung von Armut und Hunger, die Stärkung der Rolle der Frau und die Reduzierung der Kindersterblichkeit bis 2015 erreicht werden. Den Wendepunkt beim Fortschritt bezüglich des Erreichens der Millenniums-Entwicklungsziele sollte 2008 darstellen, leider hat das Scheitern des neuauszurichtenden Welthandels im Juli diesen „Traum“ zerstört, die Armen der Welt hat man außen vorgelassen, ihren Nöten haben sich die reichen Länder nicht angenommen. 

Dabei ist allen bewusst, dass Wasser ein kostbares, aber für große Teile der Weltbevölkerung, ein rares Gut darstellt. Wenn in den Industrieländern aus dem Vollen geschöpft werden kann, dann müssen sich die Menschen mit wenigen Tropfen Wasser in den Entwicklungsländern begnügen. Die vorliegenden Zahlen zum täglichen Wasserverbrauch pro Einwohner unterstreichen zur Genüge das Gefälle vom Norden nach Süden, von den reichen zu den armen Weltbürgern. In Nordamerika und Japan liegen die Werte bei etwa 600 l Wasser pro Tag, in der Europäischen Union zwischen 250 und 350 l. Hingegen stehen den Menschen in der Sahelzone im Durchschnitt nur 10 bis 20 l pro Tag zur Verfügung. 

Auch wenn es einigen Schwellen- und Entwicklungsländern gelungen ist, Fortschritte bezüglich des Zugangs zu sauberem Wasser zu erzielen, so sieht die Lage in Afrika südlich der Sahara doch dramatisch aus, davon kann man sich beim Besuch von Niger, Burkina Faso und Mali überzeugen. Wenn die Entwicklungsländer ihre wachsenden Bevölkerungen ernähren möchten, dann muss es zu einem radikalen Umdenken in der Landwirtschaftspolitik kommen; in der Sahelzone werden etwa 80 Prozent des beanspruchten Wassers für die Landwirtschaft und die Viehhaltung eingesetzt. Bedingt durch die Auswirkungen des schleichenden Klimawandels sind die Kleinbauern nicht mehr in der Lage, die ländliche Bevölkerung zu ernähren, so dass diese in die Landflucht getrieben wird. 

Die Konferenz in Stockholm hat uns aber auch vor Augen geführt, dass nicht genügend Wasser vorhanden ist, um den Bedarf an Grundnahrungsmitteln langfristig zu decken, an ein Abzweigen für die Gewinnung von Agrikraftstoffen nicht zu denken. Es bedarf daher erhöhter Anstrengungen zum Ausbau einer geeigneten Wasserversorgung und der Entsorgung von verunreinigtem Wasser vor allem in den Entwicklungsländern. 

Die meisten Projektionen gehen davon aus, dass die Weltbevölkerung sich im 21. Jahrhundert auf 9,3 Milliarden Menschen einpendeln wird, sodass ein hoher Druck auf die Lebensressource Wasser ausgeübt wird, die Landwirtschaft wird demzufolge einem erhöhten Stress ausgesetzt. Es darf mit Recht behauptet werden, dass die Trinkwasserversorgung überlebenswichtig wird und die Weltbevölkerung vor Probleme gigantischer Ausmaße gestellt wird, gegen die die Probleme der Energieversorgung ein Pappenstiel darstellen. Wenn sich die Aussagen der IPCC-Studien zum Klimawandel bewahrheiten sollten, dann werden die Lebensbedingungen für Hunderte von Millionen Menschen noch weiter abnehmen. Laut der rezenten Studie der Weltbank im Kampf gegen den Hunger wurden wohl Fortschritte, vor allem in China verbucht, aber 850 Millionen Menschen wissen nicht, wie sie ihren Hunger am kommenden Tag stillen sollen.
Würde man jedoch pro Jahr nur wenige Prozente der weltweiten Ausgaben für Waffenhilfe für die gesteigerte Entwicklungshilfe verwenden, dann könnten mittelfristig die kritischsten Wasserprobleme gelöst werden.

Von Stockholm nach Accra – von Konferenz zu Konferenz 

Die UNO – Umweltkonferenz in Accra (Ghana) in der letzen Augustwoche hatte sich zum Ziel gesetzt, eine bindende „roadmap“ für die Umweltkonferenz in Kopenhagen im Jahr 2009 auszuarbeiten, dies aufgrund der von der Konferenz in Bali 2007 eingeforderte Beschlüsse. Hier wird einerseits von den Industrieländern verlangt, ihre Emissionsziele für die Treibhausgase festzulegen und andererseits eine weltweite Strategie gegen den Klimawandel auszuarbeiten. 

Es ist gewusst, der Energieverbrauch, der Klimawandel, der Verlust der Biodiversität und die Wasserversorgung sind eng miteinander verknüpft, sie bergen jedoch unterschiedliche Herausforderungen. Der wachsende Verbrauch der fossilen Energieträger forciert den Klimawandel und dieser bedingt eine Verringerung des Dargebots an Trinkwasser, insbesondere in den Entwicklungsländern. Der Klimawandel wird jedoch nicht von den Entwicklungsländern, sondern eindeutig von den Industrie- und in einem noch geringen Ausmaß von den Schwellenländern, ausgelöst. Es ist demnach einleuchtend, dies der Tenor der Konferenz in Accra, dass wir umgehend bindende Emissionsziele festlegen und den Entwicklungsländern die Umwelttechnologien anbieten, mit denen sie den technischen Anschluss schaffen. 

Am selben Ort war Anfang September das Forum einberufen worden, welches eine erste Zwischenbilanz zur bisherigen Umsetzung der Paris-Deklaration hinsichtlich der Wirksamkeit der Entwicklungshilfe aus dem Jahr 2005 durchführen sollte. Die ersten Evaluierungen zeigen, dass bislang nur Teilfortschritte zu verzeichnen sind. Wenn die Millenniums-Entwicklungsziele aber erreicht werden sollen, dann bedarf es erheblicher Anstrengungen. Dies kann jedoch nur durch eine echte Partnerschaft mit den Entwicklungsländern erreicht werden. Es genügt nicht, nur finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, vielmehr bedarf es der Einbindung der Menschen vor Ort und dies über den Weg der Mikrofinanzierung, dies im Sinne von mehr Eigenverantwortung. 

Die unterschiedlichen Konferenzen von Stockholm und Accra haben die aktuellen Probleme hinsichtlich der Wasserversorgung und der Entwicklungshilfe aufgezeigt. Es kommt Hoffnung auf, dass das Los der Menschen in den Entwicklungsländern in den Mittelpunkt der weltweiten Diskussionen gerückt wird, die Steigerung ihrer Lebensqualität muss zur „Chefsache“ für jeden Bürger des Nordens erklärt werden. 

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, 8. September 2008

Literaturhinweise:
http://www.sueddeutsche.de/ -Das durstige Drittel
http://www.kfw-entwicklungsbank.de