Die Wort-Sommerserie: Schwarz-Rot unter der Lupe: “Ein Kulturjahr, aber kein Festungsmuseum” – Die Eröffnung mehrerer Prestigeprojekte prägte die Kulturlandschaft
VON DANI SCHUMACHER
An kulturellen Höhepunkten mangelte es in dieser Legislaturperiode nicht: Kulturjahr, Eröffnung von Philharmonie und Mudam setzten Akzente. Andere Projekte wie das Festungsmuseum, die Nationalbibliothek und das Denkmalschutzgesetz bleiben Dauerbaustellen.
Als Minister François Biltgen und Staatssekretärin Octavie Modert ins Kulturministerium einzogen, konnten sie zunächst einmal die Früchte ernten, die ihre Amtsvorgängerin Erna Hennicot-Schoepges gesät hatte: Am 26. Juni 2005 wurde die Philharmonie mit viel Pomp eröffnet, im September hieß es dann in der Rockhal in Esch/Belval: „Ladies and gentlemen, the minister of Culture proudly presents …“ Am 1. Juli 2006 konnte dann auch endlich das Musée d’Art moderne Grand-Duc Jean nach jahrelangen Querelen seiner Bestimmung übergeben werden. Im Dezember 2007 wurde schließlich das Tricolore-Bändchen im neuen Centre national de l’audiovisuel und dem angegliederten regionalen Kulturzentrum in Düdelingen durchschnitten.
Mitten im Reigen dieser Großereignisse sollten allerdings die Pferde gewechselt werden: Bei der Regierungsumbildung vom Februar 2006 gab François Biltgen das Kulturressort vollständig an seine Staatssekretärin ab, Biltgen behält den Titel des Kulturministers lediglich auf dem Papier.
Auch wenn viele der unter Punkt zwei der Regierungserklärung genannten Bauvorhaben mittlerweile realisiert wurden, so harren aber noch einige Großbaustellen der Fertigstellung: Das Festungsmuseum scheint sich wie zuvor der Bau des Mudam zu einer unendlichen Geschichte zu entwickeln. Allerdings ist in diesem Fall weniger der Bau – die Renovierung des Fort Thüngen ist bereits seit 2003 so gut wie abgeschlossen – als vielmehr das Konzept Stein des Anstoßes. Dass das ursprünglich vorgesehene Budget erheblich überschritten wird, bewegt die Gemüter zusätzlich, auch wenn das externe Audit keine wirklichen Unregelmäßigkeiten aufgedeckt hat. Das Denkmalschutzamt gerät trotzdem in die Schusslinie. Ein drittes Gesetz soll nun den erheblich angeschwollenen Finanzrahmen abdecken.
Im Regierungsprogramm werden mit der Nationalbibliothek und dem Nationalarchiv zwei weitere große Bauvorhaben angesprochen. Das Nationalarchiv wird in der Cité des Sciences in Belval/West eine definitive Bleibe finden. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde bereits am 7. Juni 2004 eingebracht und soll voraussichtlich im kommenden Jahr zur Abstimmung kommen.
Weniger konkret gestaltet sich das Projekt Nationalbibliothek. Als Standort wurde die Place de l’Europe auf Kirchberg zurückbehalten. Zunächst sollte das Schuman-Gebäude lediglich umgebaut werden. Nach einem Architekturwettbewerb im Jahr 2003 lagen auch schon die detaillierten Pläne vor. Doch dann wurde umdisponiert, und aus dem geplanten Umbau wurde ein Neubau. Allerdings kommt es immer wieder zu Verzögerungen, da das Gebäude nicht frei wird, weil das EU-Parlament seinerseits keine definitive Bleibe findet. Baubeginn sollte zunächst im Jahr 2009 sein, dann wurde 2010 als möglicher Termin genannt. Mittlerweile erscheinen 2012 oder 2013 sogar wahrscheinlicher.
Eine wahre Odyssee hat auch das geplante Denkmalschutzgesetz hinter sich. Der Gesetzentwurf wurde bereits am 17. Oktober 2000 von der damaligen Kulturministerin Erna Hennicot-Schoepges auf den Instanzenweg geschickt. Der Staatsrat zeigte sich in seinem ersten Gutachten allerdings recht unzufrieden und belegte den Entwurf gleich mit mehreren „oppositions formelles“. Es folgten Änderungsanträge der Regierung und des Kulturausschusses, außerdem bekam das Gesetz einen neuen Namen. Trotzdem setzt es erneut herbe Kritik seitens des Staatsrats. Erst nachdem die Kulturkommission ein weiteres Mal nachgebessert hatte, fällt das dritte Gutachten der Hohen Körperschaft weniger streng aus. Doch seit Dezember letzten Jahres ist nun kaum noch Bewegung in dem Dossier. Wann die Abgeordneten über das Gesetzesprojekt abstimmen werden, ist zur Zeit noch ungewiss.
Für wesentlich mehr Glanz sorgte da schon der blaue Hirsch. Nach 1995 war Luxemburg 2007 schon zum zweiten Mal europäische Kulturhauptstadt, diesmal zusammen mit der Großregion und mit der rumänischen Stadt Sibiu. Allerdings konzentrierten sich die meisten Veranstaltungen letzten Endes doch auf das Großherzogtum, vor allem Belgien und Frankreich blieben hinter dem Soll zurück. Und obwohl 1995 noch sehr stark improvisiert werden musste, weil die nötigen Infrastrukturen nicht vorhanden waren, fehlte es bei der zweiten Auflage des Kulturjahres etwas an Begeisterung. Kritiker meinten, es habe ein Überangebot gegeben, nach dem Motto: Vor lauter Bäumen sieht man den Wald nicht mehr.
Für Staatssekretärin Modert war das Großereignis dennoch ein voller Erfolg. Und auch die unabhängigen Experten bestätigen Anfang Juli, dass die 45 Millionen Euro (davon 30 aus dem Staatshaushalt), die das Großereignis gekostet hat, gut angelegt waren: 3,3 Millionen Besucher haben an den zahllosen Veranstaltungen teilgenommen, auch wenn im Vergleich zu 1995 die großen internationalen „Blockbuster“ gefehlt haben. Positiv bewerten die Experten, dass der blaue Hirsch neue Gesellschaftsschichten, vor allem die Jugend und die Migranten, an die Kultur herangeführt habe. Ob das Kulturjahr, wie von der Regierung erhofft, Auswirkungen auf die Standortpolitik haben wird, muss sich erst noch zeigen. Der Statec zieht jedenfalls in Sachen Tourismus im April eine eher gemischte Bilanz. Während die Zahl der Touristen eine leicht positive Tendenz aufweist, gingen die Übernachtungen um 3,4 Prozent zurück. Profitiert hat vor allem die Hauptstadt, sowohl umsatzmäßig als auch vom Image her.
Die Hausaufgaben
Erledigt:
– Philharmonie
– Mudam
– Rockhal
– Neubau CNA
– Kulturjahr
Auf dem Instanzenweg:
– Denkmalschutzgesetz
– Gesetzentwurf für den Neubau des Nationalarchivs
– Festungsmuseum
Noch nicht umgesetzt:
– Neubau der Nationalbibliothek
Quelle: Luxemburger Wort, 12. August 2008, Seite 2