Soziale Sicherheit: Phase der Konsolidierung

Die Luxemburger Wort Sommerserie: Schwarz-Rot unter der Lupe: “Soziale Sicherheit: Phase der Konsolidierung “- Sozialminister Mars Di Bartolomeo plädiert für „starken Staat“

VON MARC GLESENER 

Auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten darf sich der Staat bei den sozialen Sicherungssystemen nicht aus der Verantwortung stehlen. Für Minister Mars Di Bartolomeo ist das eine besonders wichtige Vorgabe. Es ist, wie er unterstreicht, das Leitmotiv für seine Arbeit im Sozialressort. Die meisten wichtigen Reformschritte, die CSV und LSAP 2004 im Regierungsprogramm vereinbart hatten, wurden bereits umgesetzt. Hinzu kommt die Einführung des Einheitsstatuts. Für Di Bartolomeo hat diese Reform einen starken Symbolcharakter.

Dank Einheitsstatut sei man im Sozialversicherungswesen nun besser für die Zukunft aufgestellt, meinte der Minister gegenüber unserer Zeitung und wies in diesem Zusammenhang vor allem auf die Fusion der verschiedenen Kassen hin. Eine bessere Steuerungskapazität und mehr Effizienz seien die direkten Folgen der Zusammenlegung, die strukturell absolut von Vorteil sei. Alles in allem sei das Einheitsstatut ein wirklicher Durchbruch. „Die Reform ist sozial gerecht, fördert die gesellschaftliche Kohäsion und hat, wie gesagt, unverkennbare strukturelle Vorteile", so ein zufriedener Sozialminister, der nicht verheimlicht, dass nicht zuletzt die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit Arbeitsminister Biltgen mitenscheidend für den Erfolg des Reformvorhabens gewesen sei.

Im Koalitionsabkommen war vom Einheitsstatut so nicht die Rede. Ganz oben auf der Prioritätenliste von Schwarz-Rot stand die Absicherung der Alters- und Gesundheitsversorgung und -vorsorge. „Und genau das haben wir getan. Das finanzielle Gleichgewicht wurde hergestellt, ohne dabei das solidarische Modell, zu dem sich die Regierung ausdrücklich bekennt, in Frage zu stellen“, sagte dazu Minister Di Bartolomeo, der kategorisch gegen die Infragestellung des staatlichen Engagements im sozialen Bereich ist. Ohne die Tripartite-Beschlüsse hätte es denn auch in den Augen Di Bartolomeos zu Kürzungen im Sozialetat kommen müssen. „Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man die Resultate der Tripartite kommentiert", so der LSAP-Politiker, der darauf hinwies, dass unser Sozialnetz nicht nur einen Kostenpunkt, sondern einen Mehrwert besitze. Dieser lasse sich nicht nur in Euro abwägen.

Pensionsdebatte versachlicht

Die Rentenfrage ist seit jeher eines der Reizthemen überhaupt in Luxemburg. Doch auch hier hat sich die Lage in den vergangenen Jahren irgendwie entschärft. Das führt der zuständige Minister auf eine Art neues Bewusstsein zurück. „Die Frage der langfristigen Absicherung steht im Mittelpunkt. Das ist der richtige Ansatz“, unterstrich Di Bartolomeo, der kurzfristige strukturelle Maßnahmen bei den Pensionen allerdings nicht für angebracht hält. Es wäre kontraproduktiv, „aus derr Hüfte heraus zu schießen". Der Minister verspricht sich dagegen viel von dem besseren, sprich einem gewinnbringenderen Umgang mit den bestehenden Reserven.

In Sachen Reservenbildung, die aufgrund der Rententischbeschlüsse von 2003 stark rückläufig war, werden inzwischen wieder positive Ergebnisse verzeichnet. So flossen im Jahr 2007 zusätzliche 700 Millionen Euro in die Kassen. Dies entspricht in etwa einem Drittel der Jahresausgaben.

Auch wenn das Rentensystem von der aktuellen Warte aus betrachtet, durchaus gesund zu sein scheint, könnten mittel- und langfristig etliche dunkle Wolken am Pensionshimmel aufziehen. Dessen ist sich auch der Sozialminister vollends bewusst. „Wir müssen alles unternehmen, damit die Altersvorsorge auch längerfristig wetterfest bleibt“, unterstrich Di Bartolomeo, der allerdings nicht sonderlich viel vom Vorschlag hält, das gesetzliche Rentenalter anzuheben. Theoretisch liegt das Rentenalter bei 65 Jahren, praktisch gehen die Luxemburger jedoch mit durchschnittlich 58 bis 59 Jahren in Pension. Da mache es wenig Sinn, die gesetzliche Altersgrenze von 65 auf 67 zu erhöhen. Es sei dagegen besser, politisch gegenzusteuern. Ziel sei es, das effektive Rentenalter zu erhöhen. Das wiederum setzte voraus, dass man Wege und Mittel gegen die Tendenz zur Frühverrentung finde, so Di Bartolomeo. Der Sozialminister regt einen neuen Pakt mit den Unternehmen an. Diese müssten einerseits garantieren, auch älteren Beschäftigten eine Perspektive zu bieten. Andererseits müsse die Politik den Menschen im Land klar machen, dass die Frühverrentung nicht die Regel sein kann. Es sollte vielmehr das Prinzip von 40 effektiven Versicherungsjahren gelten.

Durchaus positiv sieht der Sozialminister die Entwicklung der Pflegeversicherung. Wobei es auch hier darum gehe, die Leistungen so effektiv wie möglich einzusetzen. Die im Rahmen der Tripartite abgemachte Anhebung der Beiträge ist nach Meinung Di Bartolomeos vertretbar. Das vor allem angesichts der Risiken, die abgedeckt und der Leistungen, die erbracht werden. „Wir bieten den Versicherten etwa dreimal so viel, wie unsere deutschen Nachbarn es in ihrem System tun“, so der Sozialminister. 

Die Hausaufgaben

Erledigt:
– Einheitsstatut
– Fusion der Krankenkassen
– Reform der Pflegeversicherung
– bessere Anlage der Reserven der Pensionsversicherungen

Auf dem Instanzenweg:
– Reform der beruflichen Unfallversicherung
– Modalitäten und Inhalte der individuellen Patientenakte

Noch nicht umgesetzt:
– Individualisierung der Pensionen

Quelle: Luxemburger Wort, 30. Juli 2008, Seite 2