“In einem unsicheren Umfeld ist Vorsicht und Weitsicht geboten. Besonders natürlich in der Haushaltspolitik. Der Etat 2008 entspricht diesen Vorgaben. Und auch 2009 müssen wir vorsichtig planen. Man muss jedenfalls davon ausgehen, dass vom Finanzsektor aus weniger Geld in die Kassen fließen wird. Unser Ziel bleiben ausgeglichene öffentliche Finanzen.” Budgetminister Luc Frieden über die Tagungen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank sowie die Aussichten für die internationale Wirtschaft und die nationalen Finanzen
Luxemburger Wort: Herr Frieden, Sie haben in Washington im Rahmen der Tagungen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auch eine Reihe bilateraler Gespräche geführt. Waren es fruchtbare Beratungen?
Luc Frieden: Die bilateralen Gespräche dienten zum Beispiel der Vorbereitung wichtiger Dossiers, die in den nächsten Monaten anstehen. Etwa die Steuerproblematik. In diesem Zusammenhang sind wir der Meinung, dass die aktuellen Bestimmungen im Bereich der Zinsbesteuerung einer qualitativen und quantitativen Bilanzierung unterzogen werden müssen. Und dies bevor in Europa neue Texte ausgearbeitet werden. Übrigens funktionniert das heutige System der Quellensteuer ganz gut. Das sehen auch andere so. Die Schweiz und Österreich beispielsweise. Mit beiden Partnern haben wir in Washington Gespräche geführt. Hinzu kommt, dass eine breitere Diskussion über Steuerfragen angemahnt wird. Es geht nicht nur um Fragen der Zinsbesteuerung. In die Debatte müssen auch spezielle Steuerinstrumente aus anderen Staaten einbezogen werden. Ebenso die Bemessungsgrundlage bei der Betriebsbesteuerung.
Luxemburger Wort: In Washington wurden auch neue ökonomische Wachstumsprognosen vorgelegt. Positive Nachrichten für Luxemburg?
Luc Frieden: Die neuesten Prognosen des Internationalen Währungsfonds sehen für 2008 und 2009 fast ein Prozent weniger Wachstum voraus. Luxemburg wird für dieses Jahr mit 3,1 Prozent veranschlagt, 2009 mit 3,2 Prozentpunkten. Wir gehen davon aus, dass die IWF-Experten zu pessimistisch sind. Wir haben ganz klar höhere Erwartungen. Wobei man wissen muss, dass die Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht vorbei sind. Die hohen Ölpreise und die Teuerung der Lebensmittelpreise bedingen, dass die Wirtschaft langsamer wächst und wachsen wird.
Luxemburger Wort: Und was bedeutet das politisch für unser Land?
Luc Frieden: In einem unsicheren Umfeld ist Vorsicht und Weitsicht geboten. Besonders natürlich in der Haushaltspolitik. Der Etat 2008 entspricht diesen Vorgaben. Und auch 2009 müssen wir vorsichtig planen. Man muss jedenfalls davon ausgehen, dass vom Finanzsektor aus weniger Geld in die Kassen fließen wird. Unser Ziel bleiben ausgeglichene öffentliche Finanzen.
Luxemburger Wort: Bleiben wir bei den nationalen Folgen, dessen, was international vorgegeben worden ist. Da wäre beispielsweise die Bankenkontrolle, die straffer und strenger werden soll.
Luc Frieden: In einer globalen Wirtschaft ist es eine Notwendigkeit die Mechanismen der Finanzkontrolle zu verbessern. Dabei müssen die Banken selbst einbezogen werden und transparenter werden. Bei Riskogeschäften hat der interne Teil der Kontrolle versagt. Mit den bekannten Folgen. An der öffentlichen Hand ist es, Wege und Mittel zu finden, Krisen, wie die, die wir zurzeit erleben, von Anfang an zu verhindern. In Luxemburg wollen wir auf eine verstärkte Kooperation von Zentralbank, die für die Liquidität zuständig sein soll, und der Finanzplatzkontrolle, sprich der CSSF, hinwirken. So wie wir das in der EU letzte Woche beschlossen haben.
Luxemburger Wort, 14. April 2008, Marc Glesener