Eine einzelne Direktive wird den Standort nicht in Frage stellen

Die Luxemburger Fondsindustrie hat sich im vergangenen Jahr trotz der Turbulenzen an den Finanzmärkten gut entwickelt. Wesentlich dazu beigetragen haben neue Produkte wie SIF und Sicar. Diese Instrumente sind ein Beweis der Innovationskraft des luxemburgischen Finanzplatzes, erklärte der für den Finanzplatz zuständige Minister Luc Frieden im Wort-Interview. Zeit zum Ausruhen bleibt allerdings nicht. Wer seine Position behaupten wolle, müsse nicht nur die bestehenden Märkte erhalten und ausbauen, sondern auch neue Märkte erschließen, so der Minister. China spielt dabei eine zentrale Rolle. An den Debatten über neue oder erweiterte Direktiven wird sich die Regierung konstruktiv beteiligen. Nachteile für Europa oder Luxemburg werden indes nicht akzeptiert.

 Welche Bedeutung hat der Fund-Award für die Investmentfondsbranche insgesamt und für Luxemburg? 

Ich begrüße Initiativen wie den European Fund Award, weil er Luxemburg eine große Sichtbarkeit gibt. Es handelt sich in meinen Augen ähnlich wie im Filmgeschäft um eine Art Oscar für die besten Fonds in verschiedenen Kategorien. Es geht darum, Luxemburg als einen Fondsstandort mit internationaler Reputation darzustellen. Der Fund-Award hilft damit auch dem Luxemburger Finanzplatz insgesamt.

Es gibt in der Branche eine ganze Reihe von Auszeichnungen. Was ist der Unterschied zwischen dem Luxemburger Fund-Award und vergleichbaren Preisen? 

Es ist die internationale Dimension, welche die Einmaligkeit der luxemburgischen Fondsindustrie ausmacht. Andere Fondsmärkte sind eher national orientiert. Charakteristisch für den Luxemburger Preis ist die Kombination mit der internationalen Finanzwelt. 

Bemühen uns um neue Instrumente une einen juristisch optimalen Rahmen

Das Investmentfondsgeschäft hat sich 2007 gut entwickelt. In Luxemburg haben vor allem die Spezialfonds (SIF) und die Risikokapitalfonds (Sicar) das Geschäft angetrieben. Was heißt das für die weitere Entwicklung? 

Man darf den Fondsstandort Luxemburg nicht auf SIF und Sicar reduzieren. Luxemburg ist ein stark diversifizierter Finanzplatz mit einer ebenfalls stark diversifizierten Fondsindustrie. Ich lege viel Wert auf die Tatsache, dass hierzulande die gesamte Palette der Fondsinstrumente, angefangen vom klassischen Aktienfonds bis hin zum Hedgefonds, angeboten wird. SIF und Sicar unterstreichen die Innovationskraft des Standorts. Wir bemühen uns, immer neue Instrumente in einem juristisch optimalen Rahmen auszubauen. 

Das Interesse des Markts zeigt, dass die Produkte angenommen werden. Hat der Luxemburger Gesetzgeber noch weitere innovative Instrumente in der Pipeline? 

Wir haben in den letzten Jahren sehr viel auf den Weg gebracht. Jetzt gilt es, diese Produkte zu verkaufen. Es ist derzeit nicht vorgesehen, neue Instrumente gesetzgeberisch auf den Markt zu bringen. Aber wir sind immer offen, um neue Entwicklungen der Finanzmärkte rechtlich zu begleiten. 

Erst in der Praxis zeigt sich, ob die Produkte optimal funktionieren. Sind Anpassungen jüngerer Gesetze geplant? 

Allein aus der Theorie heraus schreibt man keine wirtschaftsfördernden Gesetze. In Luxemburg entstehen Finanzgesetze in enger Abstimmung mit der Privatwirtschaft. Aus der Diskussion ergeben sich hier und da auch Vorschläge zur Nachbesserung. Die Änderungen, die derzeit vorgenommen werden, sind rein technischer Natur und dienen dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Luxemburger Finanzplatzes. Die Reform des Pfandbriefgesetzes z.B. trägt Änderungen der Rahmenbedingungen in Deutschland Rechnung. Wir haben Gesetze, die praxisorientiert und konkurrenzfähig sind, womit die Rahmenbedingungen in Luxemburg attraktiver sind als in unseren Nachbarländern. 

Rechtliche Rahmenbedingungen sind das eine, neue Absatzmärkte ein anderer wichtiger Aspekt. Sie waren gerade mit der Agentur "LuxembourgforFinance" in China, wo ein wichtiges Abkommen unterzeichnet wurde. Welche Bedeutung hat der Vertrag? 

Luxemburg soll seine führende Rolle im Fondsgeschäft in Europa behaupten. Das funktioniert nur, wenn man ständig versucht, nicht nur seine Position auf bestehenden Märkten zu erhalten und auszubauen, sondern auch neue Märkte zu eröffnen. China ist ein wichtiger Markt, der sich schrittweise öffnet. Über die kommenden fünf bis sechs Jahre entsteht für Luxemburg dort ein Riesenmarkt. Wir wollen nicht nur die Nummer eins in Hongkong, dem Tor nach China, sein, sondern mittelfristig auch auf dem chinesischen Festland. Das war das eigentliche Ziel der Mission. 

Luxemburg ist eines von sehr wenigen Ländern, die über ein Abkommen mit der chinesischen Finanzaufsicht zum Vertrieb von Finanzprodukten in China verfügen. Warum hat gerade Luxemburg diese Möglichkeit erhalten? 

Weil wir als Land und als Finanzplatz einen guten Ruf in China haben, wir haben uns zudem aktiv um ein solches Abkommen bemüht und schließlich haben wir im Gegensatz zu anderen Ländern eine internationale Strategie für den Finanzplatz. Diese drei Faktoren waren entscheidend. 

Seit Januar ist die Agentur "LuxembourgforFinance" am Start. Wie genau hilft sie der Fondsindustrie? 

Aufgabe der Agentur ist die Darstellung des Finanzplatzes im Ausland. Durch ihre Arbeit einer professionellen Vor- und Nachbereitung der Missionen ist sie auch für die Fondsindustrie hilfreich. Der Fondsverband Alfi ist über Profil auch an der Agentur beteiligt. 

Auch andere Finanzstandorte ringen um Anteile in dem Geschäft. Zu den schärfsten Konkurrenten in Europa zählt Irland. Wo bestehen die Unterschiede? 

Ich bin kein Spezialist der irischen Gesetzgebung. Ich begrüße, dass es eine Reihe von Finanzplätzen in Europa gibt, denn Konkurrenz hilft Luxemburg, sich zu verbessern. Wir haben den Vorteil, dass wir mitten in Europa liegen und einen multikulturellen Aspekt ins Fondsgeschäft einbringen, verglichen mit einem rein angelsächsischen Umfeld. Luxemburg positioniert sich nicht gegenüber einem anderen Land. Wir schauen, was die anderen machen, und versuchen, unsere führende Stellung zu behaupten. 

Das Finanzgeschäft wird zunehmend von Brüssel aus beeinflusst. Derzeit ist eine neue Fonds-Direktive (Ucits-IV) in der Diskussion, die einen europäischen Pass für Managementgesellschaften vorsieht. Erwachsen Luxemburg daraus Nachteile? 

Es ist wichtig, dass wir die Ucits-Direktiven weiterfuhren. Wir haben uns immer für den Abbau von grenzüberschreitenden Hürden beim Vertrieb eingesetzt. Daher begrüßen wir die Initiative, Ucits als weltweit anerkannte Marke zu erhalten. Luxemburg begleitet die Diskussionen konstruktiv. Es muss jedoch sichergestellt bleiben, dass die Aufsicht effizient dort ausgeführt werden kann, wo ein Fonds beheimatet sind. 

Die Steueraffäre zwischen Deutschland und Liechtenstein hat die Diskussionen über die Erweiterung der Zinsertragssteuer angefacht. Welche Folgen könnten sich daraus für Luxemburg ergeben? 

In der 2005 umgesetzten Direktive zur Zinsbesteuerung war vorgesehen, dass die EU-Kommission 2008 eine Überprüfung der Direktive vornimmt. Das wäre also auch ohne die Steueraffäre in Deutschland auf die Tagesordnung gekommen. Im Zuge einer solchen Bilanz, deren Ergebnisse von uns eingehend geprüft werden, ist es normal, dass auch einzelne Elemente der Direktive neu diskutiert werden. Diskussionen über den Anwendungsbereich der Richtlinie, die quantitativen und qualitativen Ergebnisse des Informationsaustauschs und der Quellensteuer, die Höhe der Quellensteuer sind Themen die wir zehn Jahre lang diskutiert haben. Ich erwarte mir keine schnelle einstimmige Abänderung der Richtlinie. 

Welchen Einfluss hat die Luxemburger Regierung auf die Diskussionen? 

Luxemburg wird sich konstruktiv an den Debatten beteiligen, es dürfen sich jedoch keine Nachteile für Europa und Luxemburg ergeben. Die Regierung wird unabhängig von den Diskussionen über einzelne Direktiven weiterhin hart daran arbeiten, unsere Führungsposition im Fondsgeschäft in Europa auszubauen. Eine einzelne europäische Richtlinie wird den Fondsstandort Luxemburg nicht in Frage stellen können. 

Quelle: Wort, 19. März 2008, Andreas Holpert