Am Rande der diesjährigen REEL in München unterhielt sich das Tageblatt mit Hochschul- und Forschungsminister Francois Biltgen.
Tageblatt: Wenn ich mich gut erinnere, ist es für Sie bereits die dritte REEL. Welchen Stellenwert hat die REEL für Sie?
Francois Biltgen: "Es ist die dritte REEL für mich. Bei einer war ich nicht dabei. Letztes Jahr hat mich Staatssekretärin Octavie Modert vertreten. Ich habe diese Veranstaltung unheimlich gern, vor allem das Streitgespräch mit den Studenten. Diese Formel haben wir so vereinbart, weil es nicht darum geht, dass der Minister eine lange Rede hält. Die Studenten setzen sich in Workshops zusammen, bringen ihre Erfahrungen ein. Dann werden die Fragen in einem lockeren Streitgespräch mit dem Minister erörtert. Dieses Formel liegt mir besonders, weil sie lebendig ist. Ich werde gerne gefordert und stehe Rede und Antwort. Darüber hinaus ist es auch für mich sehr informativ, weil die Studenten aus ihrer persönlichen Erfahrung heraus reden. Das ist sehr gut so. Der Minister braucht ein Feedback."
Suche nach Kompromiss
Tageblatt: Was nehmen Sie mit nach Hause?
F. Biltgen.: "Eine Reihe von Ideen und Bestätigungen. U.a., dass die Studenten darüber verunsichert sind, dass beim Staat keine Klarheit herrscht, wie Bologna umgesetzt wird. Bislang gab es noch keine klare Botschaft. Da muss etwas passieren. Das höre ich nun schon vier Jahre lang.
Es ist klar, die Studenten befinden "sich in einer Übergangsphase
und wissen nicht genau, was auf sie zukommt. Sie wollen wissen, welches Di-
plom sie haben müssen, um in den Staatsdienst eintreten zu können. Hier muss ich weiter für einen Kompromiss kämpfen, der mir Bologna-konform scheint. Darüber hinaus nehme ich die gute Stimmung mit nach Hause und das Gefühl, dass die 150 Studenten hier gute Ideen haben. Menschen mit guten Ideen brauchen wir in Luxemburg. Ich hoffe, dass eine ganze Reihe von ihnen diese Ideen später in ihrem Beruf und vielleicht auch in der Politik einbringen."
Tageblatt: Sie haben den angestrebten Kompromiss angesprochen. Wie nahe sind Sie dran?
F. Biltgen: "In den letzten Wochen haben sich die betroffenen Minister ein paar Mal gesehen, um zu schauen, wie eine Bologna-konforme Lösung ausschauen könnte, ohne dass dabei die gesamte Gehälterstruktur beim Staat von heute auf morgen auseinanderbrechen wird."
Tageblatt: Sie setzen dabei eher auf eine vorsichtige Strategie?
F. Biltgen: "Ja, einerseits müssen wir schauen, dass wir Bologna in Luxemburg nicht vergessen. Darauf besteht der Hochschulminister. Andererseits können wir nicht den öffentlichen Dienst über den Haufen werfen und komplett neu anfangen. Das geht nicht. Wir müssen schrittweise vorgehen."
Tageblatt: Was sind die heiklen Punkte?
F. Biltgen: "Nehmen wir das Beispiel der oberen Laufbahnen. Wir müssen wissen, welche Berufseinstiegsmöglichkeiten Bachelor-Diplome künftig bieten. In Zukunft wird der Bachelor das, Hauptdiplom sein. Daneben müssen wir wissen, für was man welchen Master braucht. Das sind die Fragen, die im Raum stehen.
Selbstverständlich sind wir uns bewusst, dass daran Gehälterforderungen geknüpft werden. Das ist im Leben so. Wir wollen keine Gehälterdiskussionen lostreten, müssen aber den Bachelor respektieren. Immerhin ist der Bachelor das Grunddiplom. In dem Sinn muss der Bachelor als Universitätsdiplom anerkannt werden. Ohne dass wir uns gleich auf Gehälter-Arithmetik einlassen."
Tageblatt: Auch der Uni-Standort war ein Thema der diesjährigen REEL. Ende 2005 haben Sie eine definitive Entscheidung für 2009 angekündigt. Wie nahe sind wir an einem endgültigen Regierungsbeschluss, wohl wissend, dass 2009 ein Wahljahr sein wird?
F. Biltgen: "Der Horizont 2009 ist eine vage Formulierung. Meine Sorge liegt darin, eine Entscheidung im Interesse der Universität Luxemburg zu treffen. Für die Planungssicherheit der Uni wäre ich froh, wenn wir früher zu einer Entscheidung kämen. Das Problem liegt darin, dass es für jede Entscheidung eine politische Mehrheit geben muss. Es gibt Sohdierungsgespräche. Jeder macht sich so seine Gedanken.
Ich werde dem Parlament nur einen Vorschlag unterbreiten, der für mich Sinn im Interesse der Universität macht. Es geht nicht darum, hier und dort zu schneiden, damit jeder ein Stück vom Kuchen bekommt. Ich kann mit jeder Lösung leben, die für die Uni wichtig ist. Ich lege Wert auf eine konzeptuelle Einheit der Universität, was nicht heißen muss, dass es nicht auch andernorts etwas geben kann. Doch ich will keine Spaltung oder zwei Universitäten."
Tageblatt: Könnte die Frage noch zum Wahlkampfthema werden?
F. Biltgen: "So oder so will ich das nicht. Entweder wir haben vorher eine ordentliche Lösung, die politisch akzeptabel ist, oder wir haben sie nicht. Dann werde ich selbst dafür eintreten, dass, die Uni kein Wahlkampfthema wird: Die Standortfrage darf kein Wahlkampfthema seitt."
Interview: Alex Fohl
Quelle: Tageblatt, vom 16. Oktober 2007