Haushalt 2008: Es bleibt spannend

Die Steuern, die Ausgaben und die Zukunft des Landes: ein Gespräch mit Luc Frieden

Am Mittwoch stellte Luc Frieden den Haushaltsentwurf für 2008 im Parlament vor. Vorsichtig optimistisch blickt der Minister in die Zukunft. Die Steuern sinken, die Investitionen steigen, ein Land im Glück?

d’Wort: Herr Minister, der Haushalt 2008 ist nahezu im Gleichgewicht. Statt der angekündigten Defizite konnten in den vergangenen Jahren Überschüsse erwirtschaftet werden. Leben wir in einem anderen Land als im Dezember 2005?

Luc Frieden: Wir leben nach wie vor in einem Land, das sich gesunde Staatsfinanzen zum Ziel gesetzt hat. Das heißt, dass die öffentlichen Finanzen – über mehrere Jahre betrachtet – im Gleichgewicht sein sollen. 2004 und 2005 gaben wir mehr Geld aus als wir einnahmen. Daher war es richtig, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, um das Wachstum der Ausgaben zu bremsen bei gleichzeitig hohen und stabilen Investitions- und Sozialausgaben. Das Resultat dieser Bemühungen und eine bessere Konjunktur – vor allem 2006 und im ersten Halbjahr 2007 – haben uns erlaubt, wieder unter den Klassenbesten in Europa zu sein. Es wäre jetzt falsch, diesen Sparwillen aufzugeben. Man muss die Staatsfinanzen immer über einen längeren Zeitraum begutachten. Konjunkturabhängige Mehreinnahmen können morgen wieder sinken. Es bleibt also richtig, die Ausgaben weiter langsamer ansteigen zu lassen, als wir es vielleicht in der Vergangenheit getan haben. Unsere vorsichtige Politik trägt nun ihre Früchte.

d’Wort: Ihr Ziel, 2009 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wurde eigentlich bereits erreicht. Was bleibt noch zu tun?

Luc Frieden: Das ist richtig. Die Budgetdisziplin hat sich ausgezahlt. Aber dieses Resultat darf auch in der jetzigen Situation nicht in Frage gestellt werden. 2009 und 2010 wird es bei dieser Disziplin bleiben.

d’Wort:  War es anstrengend, den Kon- solidierungskurs gegen die Kollegen in der Regierung durchzusetzen?

Luc Frieden: Das war dieses Jahr besonders schwer. Durch die steigenden Steuereinnahmen wurden natürlich von allen Seiten höhere Ansprüche gestellt. Es bedurfte anstrengender Verhandlungen, um die Ausgaben lediglich um 5,3 Prozent ansteigen zu lassen.

d’Wort: Wohnungsbau, Kinderbetreuung und Bildung nannten Sie als Schwerpunkte dieses Budgets. Das sind aber keine neuen Prioritäten.

Luc Frieden: Das Budget zeichnet sich durch ein Gleichgewicht der öffentlichen Finanzen, eine starke Sozialpolitik und seine Wirtschafts- und Leistungsfreundlichkeit aus. In den drei von Ihnen genannten Bereichen liegen die Investitionen bewusst über dem normalen Ausgabenwachstum für 2008. Wir geben 15 Prozent mehr für den Wohnungsbau aus, wir schaffen 2 500 neue Betreuungsplätze in den Maisons relais und wir steigern unsere Ausgaben für Forschung und Bildung. Ohne jedoch andere Aufgaben wie den Umweltschutz oder die öffentlichen Verkehrsmittel zu vernachlässigen.

d’Wort: Eine Steuererleichterung für alle soll es geben. Fällt dies dem Budgetminister leicht?

Luc Frieden: Die Steuererleichterungen waren bei der Aufstellung des Budgets natürlich ein Problem. Wir verzichten bei den Einnahmen immerhin auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese Steuersenkung wird neben ihrer sozialen Ausrichtung auch die Wirtschaft ankurbeln. Es ist ja klar, dass das Geld, das die Leute jetzt netto mehr haben, wieder in die Wirtschaft zurückfließt. Der Budgetminister wird die Entlastung also später wiederfinden. Jedem Steuerzahler geht es nach den Erleichterungen besser. Ein Grund mehr, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken.

d’Wort: Manchen geht die Anpassung der Steuertabellen um sechs Prozent nicht weit genug…

Luc Frieden: Das mag sein. Aber eine höhere Steuererleichterung wäre nicht finanzierbar gewesen. Es sei denn, wir wollen auf neue Infrastrukturen wie Schulen, Schienen, Straßen und Flughafen verzichten. Wir wollen eine leistungsfreundliche Besteuerung und sicherstellen, dass der Staat genug Finanzmittel hat, um seinen Grundaufgaben gerecht zu werden. Diese Steuererleichterung um sechs Prozent, kombiniert mit der Steuertarifreform von 2002, wird diesen Kriterien gerecht. Es gibt im Übrigen kein Prinzip, das eine Anpassung der Steuertabellen an die Inflation vorschreibt. Regierung und Parlament müssen die Besteuerung so festlegen, dass der Staat seine Aufgaben erfüllen kann. Man muss sich nach den Bedürfnissen des Staates richten. Es freut mich, dass Leistung und Arbeit ermutigt werden.

d’Wort: Die Regierung hatte angekündigt, steuerliche Anreize für Unternehmen vorzuschlagen. Nun wird die Gesellschaftssteuer gesenkt und soll spätestens 2010 wegfallen. Bleibt es bei dieser einzelnen Maßnahme?

Luc Frieden: Der Haushalt 2008 ist wirtschaftsfreundlich. Erstens wird für 1,6 Milliarden Euro investiert, 120 Millionen Euro mehr als 2007. Davon profitiert nicht zuletzt das Handwerk. Durch die Absenkung des Droit d’apport verzichtet der Staat immerhin auf 40 Millionen Euro. Vor allem für neue Unternehmen ein enormes Geschenk.

d’Wort: Aber die Gesellschaftssteuer soll doch ohnehin europaweit abgeschafft werden.

Luc Frieden: Das ist noch nicht abgemacht. Der entsprechende Richtlinienentwurf ist heftig umstritten. Bei der Betriebsbesteuerung muss man zur Kenntnis nehmen, dass viele Unternehmen weit weniger Steuern zahlen als der Steuersatz eigentlich vorschreibt. Die Regierung kann sich vorstellen, den nominalen Steuersatz herabzusenken, wenn das Steuereinkommen gleichzeitig stabil bleibt. Wir wollen daher im November mit den Vertretern der Arbeitgeber konstruktive Gespräche über weitere neue Gestaltungsmöglichkeiten der Betriebsbesteuerung führen.

d’Wort: Die Maastricht-Kriterien werden erfüllt. Die Finanzen der öffentlichen Hand – von Staat, Gemeinden und den Sozialversicherungen– sind im Gleichgewicht. Doch es bleibt das Problem der hohen Transfers aus dem Staatshaushalt an die Sozialversicherungen. Alleine eine Milliarde Euro für die Pensionskassen.

Luc Frieden: Das Defizit der Zentralverwaltung erklärt sich in der Tat durch die hohen Sozialausgaben, aber auch durch die hohen Investitionen. Die Sozialtransfers sind ja nicht zuletzt ein Beitrag zum sozialen Zusammenhalt. Wir haben allerdings langfristig ein Problem. Das starke Wirtschaftswachstum schafft Arbeitsplätze und folglich Rentenansprüche, die wir später zu finanzieren haben. Wir müssen also über eine langfristige Absicherung mit den Sozialpartnern diskutieren. Ohne das System brutal zu ändern. Ich bin überzeugt, dass niemand sich einer solchen Debatte verschließen wird.

d’Wort: Auch die CGFP nicht?

Luc Frieden: Es wird Aufgabe der Parteien sein, aus diesen Diskussionen die nötigen Schlüsse zu ziehen.

d’Wort: DP-Fraktionschef Charles Goerens kritisierte, die Regierung vernachlässige die ökologische Ausrichtung.

Luc Frieden: Ich kann mich nicht erinnern, dass die Liberalen während ihrer Regierungszeit einen Vorschlag in Richtung ökologische Steuerreform unterbreitet hätten. Wir tragen dem Prinzip des Pollueur-payeur Rechnung. Zum Beispiel beim Wasser und bei den Treibstoffen. Das sind Elemente einer ökologischen Steuerreform. Die Grünen sollten den Bürgern erklären, dass vieles, was sie unter dem Deckmantel einer ökologischen Steuerreform verkaufen, in Wirklichkeit Steuererhöhungen mit sich bringen wird. Ein Umweltbewusstsein kann man nicht in erster Linie über die Steuerpolitik schaffen. Da gibt es bessere Mittel und Wege.

d’Wort: Ist es nicht einfach, Budgetminister eines Landes zu sein, wo dank eines Finanzplatzes die Steuerquellen ohne große Anstrengung sprudeln?

Luc Frieden: Leider nicht, denn in einem solch glücklichen Land sind die Ansprüche und Wünsche oft grenzenlos. Der Minister kann nicht jeden zufriedenstellen. Ein erfolgreicher Finanzplatz kommt zudem nicht von alleine. Es erfordert jeden Tag eine stundenlange und harte Arbeit. Die Politik sorgt für diesen erfolgreichen Finanzplatz. Mit dem Budget wird die Zukunft des Landes vorbereitet. Daher bleibt meine Aufgabe spannend.

INTERVIEW: LAURENT ZEIMET
Quelle: d’Wort, 13. Oktober 2007