„Das Wort hat …“: Seit August 2004 ist der CSV-Nordabgeordnete Lucien Weiler Hausherr am Krautmarkt. 1984 gewählt, ist er unter seinen Kollegen Parlamentariern der Dienstälteste.
Wort Serie über die luxemburgischen Abgeordneten
Lucien Weiler ist, was man einen politischen Allrounder nennt. In 23 Jahren am Krautmarkt hat er eine Menge Erfahrungen sammeln können und etliche hitzige Debatten erlebt. Besonders aufreibend war die Zeit als CSV-Fraktionschef.
Acht Jahre erledigte der gelernte Rechtsanwalt diesen Knochenjob. Politische Kompromisse schmieden, gegnerische Attacken kontern, für Ruhe in der Koalition sorgen. Das war der Alltag des Fraktionsvorsitzenden Weiler, der seit August 2004 Präsident der Kammer ist.
Lucien Weiler ist ein streitbarer Politiker. Im guten Sinne des Wortes. Er ist keiner, der einfach so aufbraust, den Mann spielt oder auf Effekthascherei im Plenum aus ist. Weiler ist eher der Überzeugungstäter, der, ist er von einer Idee erstmal überzeugt, leidenschaftlich kämpfen kann. Und auch im Präsidentenamt scheut der CSV-Politiker nicht davor zurück, seine Meinung öffentlich zu sagen. Natürlich nicht ohne die Würde des Amtes zu vergessen.
„Parteipolitik ist in meinen Auge ganz klar nicht Sache des Kammerpräsidenten. Aber ich bin und bleibe Politiker und damit ein Mensch, der eine Meinung hat und diese auch zum Ausdruck bringen kann“, so der Erste Bürger des Landes, der sich in diesem hohen Amt bereits mehrere Male mit Initiativen zu Wort gemeldet hat. Ein letztes Mal in der Frage um die Doppelkandidaturen bei den Europawahlen. Weiler hat hier das ausgedrückt, was viele Menschen im Land empfinden und aus rechtsstaatlicher Sicht auch Sinn macht. „Das zu tun ist es im Endeffekt, was mich dazu gebracht hat Politik zu machen. Man muss sagen können, wo der Schuh drückt und Probleme lösen“, sagt Weiler rückblickend auf seine Polit-Karriere, die 1984 begann.
Weiler gehörte Anfang der 80- er – wie Jean-Claude Juncker, Marie-Josée Jacobs, Jo Meyers und andere – zur jungen Riege der CSV, die auf Erneuerung aus war. Der junge Rechtsanwalt wurde nach ersten lokalpolitischen Erfahrungen auf Anhieb im Nordbezirk ins Parlament gewählt. „Dort hatte ich das Glück relativ rasch in die juristische Kommission zu gelangen und konnte dort meine Erfahrungen aus dem Beruf mit in die Diskussionen einbringen“, erinnert sich Weiler, der eine ganz besondere Beziehung zum Anwaltsberuf und zur Juristerei hat. „Es ist die konkrete Arbeit auf dem Terrain, die es mir angetan hat. Sehen Sie, als Anwalt hat man ganz oft mit den Alltagsproblemen der Menschen zu tun. Von diesen Problemen sollte man sich auch in der politischen Tätigkeit leiten lassen“, so der christlich-soziale Politiker. Apropos christlich-sozial: Für Weiler gab es keine Alternative zum Engagement in der CSV. „Das hat etwas mit meinen familiären Wurzeln zu tun. Mit konkreten Werten, für die im politischen Spektrum die Christlich-Sozialen stehen“.
23 Jahre im Parlament, das ist eine lange Zeit. Beim Bilanzieren stellt Weiler einen erheblichen Wandel vor allem in der Art und Weise fest, wie Politik in den Medien aufbereitet und begleitet wird. „Ich habe den Eindruck, dass Debatten und Themen mehr und mehr aus dem Plenum ausgelagert werden. Dadurch riskieren wichtige Fragen nicht dort behandelt zu werden, wo das eigentlich der Fall sein sollte“, meint der Kammerpräsident. Er plädiert für ein Parlament, das neben seiner gesetzgeberischen Arbeit auch eine Art Denkfabrik und Diskussionsforum für Zukunftsthemen ist. „Dass wir das sein können, haben wir als Parlament mehrfach unter Beweis gestellt. Und wir müssen auch in Zukunft nah an den Themen dran bleiben, die die Menschen beschäftigen und für die Entwicklung des Landes von Bedeutung sind“, unterstreicht Weiler.
Auf die politische Allmacht der Regierung im Verhältnis zur Legislative angesprochen, betont Weiler, dass kaum noch Gesetzestexte die Kammer so verlassen, wie sie von der Exekutive eingebracht worden sind. „In den Kommissionen wird hervorragende Arbeit geleistet, die mit einer Menge Einsatz verbunden ist“, so der Kammerpräsident mit dem Hinweis, dass die Emanzipation des Parlaments längst stattgefunden habe.
Im Detail sämtliche Stationen im Abgeordnetenleben von Lucien Weiler zu beleuchten, würde zu weit führen. Hervorzustreichen ist allerdings der Einsatz des CSV-Politikers in der Finanzkommission. Weiler war lange Jahre eine der tragenden Säulen dieser Kommission. Das gilt wie erwähnt auch für den Justizausschuss Die Kompetenzkombination Finanzen/Justiz war wohl auch eine der Ursachen dafür, dass Weiler mehrfach in Untersuchungsausschüsse berufen wurde, beispielsweise als es darum ging, den Transportsektor zu durchleuchten. „Da gab es spannende Momente“, erinnert sich Weiler. Er kennt das Räderwerk der Politik wie kaum ein anderer. Das erklärt die gewisse Gelassenheit des Politikers Weiler. Kämpferisch ist er aber immer noch.
Steckbrief: Lucien Weiler
Im Parlament: seit dem 16. Juli 1984.
Geboren: am 3. August 1951 in Ettelbrück.
Wahlbezirk: Norden.
Andere politische Mandate: war u. a. von 1988 bis 1993 Schöffe in Diekirch.
Wohnt in: Diekirch.
Beruf: Docteur en Droit, Rechtsanwalt.
Familienstand: verheiratet, Vater von zwei Söhnen.
Parlamentarische Kommissionen: Präsident des Kammerbüros und der Präsidentenkonferenz.
Themen: Als Kammerpräsident hat Lucien Weiler mehrfach Initiativen in gesellschaftspolitischen oder institutionellen Fragen gestartet. In seiner Zeit als CSV-Fraktionschef beschäftigte er sich schwerpunktmäßig mit Finanzpolitik und Fragen der Justiz. Weiler legte vor Jahren einen Bericht über Reformen im Justizwesen vor. Ein anderer Bericht des Fraktionschefs handelte vom Jugendschutz (jeunesse en détresse). Weiler war Mitglied in verschiedenen Untersuchungsausschüssen und haushaltspolitischer Sprecher seiner Partei.
Quelle: Wort, 24. September 2007, Marc Glesener