Etwas Liberalismus…

Den CSV-Fraktiounssekretär Frank Engel “zu Gast im Land” (22/06/2006)
…muss übrig bleiben – auch wenn die DP sich momentan verschiedenen Umfragen zufolge im freien Fall befindet. Man gewinnt den Eindruck, im Europa des Jahres 2006, dass der Alte Kontinent, auf dem sich so gerne über einzelne Verrücktheiten der Amerikaner aufgeregt wird, definitiv zum transatlantischen Partner aufzuschließen gedenkt. Zumindest in Sachen Rauchverboten. Und das ist vielleicht eben nur ein Anfang.

Die öffentlichen Auseinandersetzungen über ein allgemeines Rauchverbot in öffentlichen Räumen, in Restaurants, in Kneipen und am Arbeitsplatz (wobei die Kneipe auch einer ist) zeigen, dass es eine durchaus ernst zu nehmende gesellschaftliche Strömung gibt, die gesundheitsschädlichen Praktiken an den Kragen will. Wo das wohl aufhören wird?

Dass Rauchen krank macht, wird nicht bestritten. Dass Tabak Abhängigkeit erzeugt – zumindest bei der übergroßen Mehrheit seiner Konsumenten – auch nicht. Alkohol tut das aber auch. Und krank werden kann man ebenfalls von den Schadstoffemissionen aller Verbrennungsmotoren. Auch jener, die in den Autos militanter Tabakgegner ihren Dienst verrichten. Demnach wird sich früher oder später die Frage stellen, was eine Gesellschaft, die sich ihrer gesundheitlichen Bedürfnisse auf mittlerweile krankhafte Art und Weise bewusst ist, noch an individuellem oder kollektivem Risikoverhalten tolerieren wird. Sich einzureden, ein mehr oder weniger allgemeines Rauchverbot sei hier bereits das Ende der Fahnenstange, hilft nicht. Das ist es nämlich nicht. Wie lange wird ein Raucher noch eine Lebensversicherung abschließen können? Wann werden wir 18jährigen, die bereits vor ihrer Volljährigkeit sechs Bier getrunken haben, den Führerschein verweigern…?

Tabak wurde in Europa als Medizin eingeführt. Die Befürworter einer Liberalisierung des Konsums “weicher” Drogen, wie Cannabis-Derivaten, beispielsweise, verpassen keine Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass eben diese Drogen noch heute medizinisch Anwendung finden. Dennoch wäre wohl eine gesellschaftliche Mehrheit gegen ihren straffreien Vertrieb und Konsum. Der maßvolle Genuss alkoholischer Getränke wird mit schöner Regelmäßigkeit als gesundheitliche Wohltat angepriesen. Ihr Missbrauch hingegen macht krank und kann auch andere töten…

Unter vernünftigen Menschen sollte es einen Konsens darüber geben können, dass alles eine Frage des Maßes und der Rücksichtnahme ist. Dieser Konsens ist allerdings in der heutigen Zeit dabei, zur Apanage einer sozialen Minderheit zu werden, die gegen die Verbotsschilder schwingende Mehrheit nicht mehr ankommt – weil sie es nicht mehr kann, oder eben nicht mehr will. Demnach leben wir potenziell in gefährlichen Zeiten. Es ist nicht auszuschließen, dass jene Gutmenschen, die immer am besten wissen, was auch für andere gut ist, ihren Kampf auch in Europa gewinnen. Von auf Zigarettenschachteln abgebildeten Raucherbeinen ist es nicht mehr sehr weit bis zu Weinflaschen, auf denen das Foto einer Leber mit Zirrhose prangt.

Etwas mehr Liberalismus täte der heutigen Gesellschaft gut. Wer weiß, wenn wir kollektiv zur Vernunft kämen, wäre es vielleicht sogar wieder möglich, Schulresultate einfach zu akzeptieren, anstatt sie von Anwälten anfechten zu lassen.

Frank Engel