Von der Freiheit, ohne Besetzung leben zu dürfen

Gute Gründe, an der sogenannten “Lex Greepeace” festzuhalten
Als im Dezember letzten Jahres die Gesetzvorlage zur Erweiterung des Schutzes von Privateigentum gegen unerlaubte Besetzung im Parlament eingebracht wurde, fiel dies in der vorweihnachtlich friedlichen Stimmung zu Jahresende nicht weiter auf. Tatsächlich werden zu Weihnachten kaum noch Tankstellen oder sonstige Einrichtungen besetzt. Sogar die aktivsten Militanten der sogenannten Zivilgesellschaft sind kurz vor Heiligabend mehr mit Weihnachtseinkäufen als mit Blockadeaktionen beschäftigt.

Einen Monat später ist Weihnachten vergessen, und man kehrt zurück zur politischen Tagesordnung. Und die offenbart eine Gesetzvorlage, die Gewerkschaften, Oppositionsparteien und gesellschaftlichen Organisationen gleichermassen auf den Magen zu schlagen scheint. Ihren wahren Titel hat auch in der Presse kaum jemand zur Kenntnis genommen : die Rede ist von der sogenannten ” Lex Greenpeace “, jenem Regierungsvorhaben, mit dem die Schutzbestimmungen gegenüber Privateigentum auf Häuser, Gelände, Bürogebäude und öffentliche Einrichtungen ausgeweitet werden sollen, die bis dato nicht vom Schutz der Privatwohnung betroffen sind. Im Klartext : es geht um jenen Zusatz zum Strafgesetzbuch, mit dem der deutsche Begriff des ” Hausfriedensbruchs ” auf alle Immobilien Anwendung finden soll, ob es sich hierbei um reine Privatwohnungen, Tankstellen, Schulen oder Kirchen handelt. Dass sich über das Prinzip einer solchen Strafrechtsergänzung in Luxemburg überhaupt jemand aufregt, ist bereits ein starkes Stück !

Tatsache ist : wenn heute jemand in eine Privatwohnung eindringt, kann er dafür mit einem Bussgeld belegt werden – es sei denn, er tut es mit Gewalt und unlauterer Absicht, dann gelten selbstverständlich härtere Strafen. Wenn jemand eine Strasse blockiert, dann kann er nicht nur von dort entfernt, sondern auch wegen der Blockade strafrechtlich belangt werden. Nur wenn jemand ein Bürogebäude, eine Zeitungsredaktion, eine Grundschule oder eine Tankstelle – wie vergangenen Oktober von Hunderten Greenpeace-Aktivisten vorexerziert – besetzt, dann kann ihm nichts passieren, da sein Verhalten unter keine Strafbestimmung der heute geltenden Gesetze fällt. Ist das normal ? Für Menschen mit einer gesunden Rechts- und Freiheitsauffassung sicher nicht !

Genau so, wie niemandem zugemutet werden kann, dass er während Stunden in einer Verkehrsblockade festsitzt, mit deren Anlass er rein gar nichts zu tun hat, muss es auch möglich sein, Personen, die auf einem Grundstück oder in einem Gebäude nichts verloren haben, und dort den normalen Ablauf der Tätigkeiten, gleich welcher Art, behindern, für ihr Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen.

Doch was sagt die Opposition ? In rhetorischem Überschwang wird die Regierung verdächtigt, dem Rechtsstaat abgeschworen zu haben. Eine Gesetzvorlage, durch die ein auch anderswo längst unter Strafe stehendes Verhalten auch in Luxemburg soll geahndet werden können, wird als Rückfall in finterste Tage politischen Unwesens bezeichnet. Doch ganz gleich, was diverse Oppositionsführer noch an verbaler Ballistik auffahren : die Vorlage wird gestimmt – im Namen des Schutzes des Freiheiten jener, die sich nicht besetzen lassen wollen !

Dass in Bezug auf die Ausübung des legalen Streikrechts die eine oder andere sinnvolle Anpassung der Gesetzvorlage ergeben kann, wird von niemandem, auch nicht vom Justizminister, als Problem aufgefasst. Das Prinzip jedoch, dass niemand sich von irgend einem anderen in seiner Freiheit einschränken zu lassen braucht, ist für die CSV in dieser Angelegenheit massgebend. Und an diesem Prinzip orientiert sich auch unsere Haltung zur Vorlage von Minister Luc Frieden.

Die Mittel, zu denen die versammelte Linke greift, um die Politik der CSV, und das Ansehen einzelner christlich sozialer Spitzenpolitiker in Misskredit zu bringen, sind unerträglich geworden. Was sich Kongressredner der grünen und Leserbriefschreiber der roten Opposition in rein emotional bestimmten Wortausbrüchen erlauben, hat mit fairer politischer Auseinandersetzung nichts mehr zu tun. Doch eigentlich ist es gut, dass es so kommt.

Die Wähler können sich nun endlich ein klares Bild von dem machen, was die linke Opposition antreibt. Hier kommt Militanz vor Freiheit, Blockade vor Freizügigkeit, Besetzung vor Dialog. Wenn dies die Prioritäten der Opposition sind, dann nehmen wir das mit Interesse zur Kenntnis. Und bekennen uns weiterhin, ohne Abstriche, zu den bürgerlichen Freiheiten und zur Achtung der Rechte jedes Einzelnen. Im konkreten Fall der umstrittenen Gesetzvorlage in erster Linie zur Freiheit jener, die ohne Besetzung und Blockaden leben wollen !

Lucien WeilerFraktionspräsident der CSV