Paul-Henri Meyers will der Verfassung ein modernes Gesicht geben.
Wort Serie über die luxemburgischen Abgeordneten
Paul-Henri Meyers besetzt eine der Schlüsselpositionen auf Krautmarkt. Als Vorsitzender des Ausschusses für institutionelle Fragen hütet der CSV-Abgeordnete die Verfassung des Landes. Doch Meyers will nicht lediglich bewahren. Still und leise arbeitet der Siebzigjährige an einer tiefgreifenden Modernisierung der Verfassung von 1868.
Es gibt Abgeordnete, die wechseln nach einer gewissen Zeit in den Staatsrat. Paul-Henri Meyers von der CSV machte es andersrum. 14 Jahre war er Mitglied der Hohen Körperschaft. Bereits 1994 hätte Meyers für die Christlich-Sozialen ins Parlament einziehen können. Doch er verzichtete und wollte seine Arbeit lieber im Staatsrat fortsetzen. “Ich hatte den Eindruck, ich könnte da mehr bewirken.” Als er dann 1999 ein zweites Mal ins Parlament nachrücken konnte, wollte und konnte er sich nicht noch einmal dem Wählerwillen entziehen.
“Eine gute Schule” sei die Zeit im Staatsrat gewesen. Der Öslinger studierte Rechtswissenschaften in Paris und mag die juristische Feinarbeit an Gesetzestexten. Die Kritik am Staatsrat kann Meyers nicht nachvollziehen. Der Abgeordnete hält die Institution sogar für “nötiger denn je”. “Ohne die Gutachten des Staatsrats müsste sich das Parlament ganz anders strukturieren”, gibt Meyers zu bedenken. Es sei von Vorteil, dass die Öffentlichkeit nicht wisse, wer die Gutachten am Ende schreibt. “Der Staatsrat trägt die Verantwortung kollektiv”, erklärt der frühere Vizepräsident des Gremiums. “Jeder kann unabhängig seine Meinung sagen und sich einbringen.” Der weit überwiegende Teil der Gutachten werde vom Staatsrat einstimmig verabschiedet.
Meyers kann auch nicht erkennen, dass die Begründung der Gutachten bisweilen zu “politisch” ausfalle. Der Staatsrat erfülle nun eben zum Teil die Rolle einer zweiten Kammer. Wenn nach Auffassung der Mitglieder eine Gesetzvorlage gegen die Interessen des Landes verstoße, sei es ihre Pflicht, ein Warnsignal ertönen zu lassen. Das letzte Wort habe ohnehin immer das Parlament.
Für großartige Änderungen an dem Zusammenspiel zwischen Kammer und Staatsrat erkennt der Präsident der Institutionen-Kommission denn auch “keine zwingenden Gründe”. Den Gesetzentwurf der Regierung zur personellen Aufstockung des Staatsrats hat Paul-Henri Meyers fürsorglich schubladisiert. “Wenn die Zuständigkeiten des Staatsrats beschnitten werden sollen, wieso bräuchte die Institution dann mehr Mitglieder?”, fragt sich Meyers, obwohl der schlaue Fuchs die Antwort natürlich kennt. “Die Reform des Staatsrats” – wenn es denn eine werden muss – “muss ein Ganzes sein”, auf dieser Forderung beharrt Meyers und gibt zu bedenken, dass der Staatsrat selbst mehr Personal fordert, um die Arbeit erledigen zu können. Meyers weist den Vorwurf zurück, die Staatsräte würden unliebsame Regierungsvorhaben verschleppen. “Wenn ein Entwurf zur Priorität erklärt wurde, dann wird das Gutachten ziemlich schnell verfasst.” Wenn die Regierung allerdings eine Vorlage zur Priorität erklärt, dann soll sie sich auch daran halten. Niemand macht schließlich gerne wertvolle Arbeit umsonst. “Vielleicht wurde früher die Agenda zwischen Staatsrat, Parlament und Regierung besser abgestimmt”, stichelt Meyers.
Seit 1966 gehört der Politiker der CSV an. Damals fühlte sich Paul-Henri Meyers vom frischen Wind angesprochen, den Jean Dupong durch die ehrwürdige Volkspartei wehen ließ. Eine “gewisse Öffnung” und neue Akzente seien spürbar gewesen. “Zu diesem Zeitpunkt hat die CSV meinen Auffassungen am ehesten entsprochen.” Die zeitliche Einschränkung macht stutzig. Entspricht die Partei heute nicht mehr seinen Auffassungen? “Doch, doch”, versichert Meyers. Er zählt sich selbst “absolut nicht” zu den konservativen Kräften seiner Partei. “Ich gehöre eher zum fortschrittlichen Flügel”, sagt er verschmitzt, “um nicht zu sagen revolutionär.” Trotzdem erstaunt es, dass zu den historischen Lieblingsfiguren des christlich-sozialen Politikers der französische Oberrevolutionär Maximilien de Robespierre zählt.
Seine fortschrittliche Ader konnte er in seiner Zeit bei den Sozialversicherungen voll zur Geltung bringen. Die Idee eines garantierten Mindesteinkommens stammt von ihm. Heute arbeitet Paul-Henri Meyers gewissenhaft an seiner eigenen, kleinen Revolution. Die ständigen Anpassungen an der Verfassung sollen ein Ende haben. “Wir können nicht nur herumbasteln.” Die Verfassung von 1868 soll neu geordnet werden. Auch die Thronfolge soll in der Verfassung geregelt werden. Die Reform “in einem Wurf” sei “erstaunlich revolutionär”. Auf die gute Zusammenarbeit in seiner Kommission ist Meyers besonders stolz. Wenn die leise Revolution gelingt, hat die Verfassung am Ende ein “modernes Gesicht”. Geht alles nach Plan, soll die große Verfassungsänderung noch vor Ende des Jahres den Weg durch die Instanzen antreten.
Steckbrief: Paul-Henri Meyers
Im Parlament seit: dem 12. August 1999.
Geboren am: 1. Januar 1937 in Binsfeld.
Wahlbezirk: Zentrum.
Andere politische Mandate: Gemeinderat, Erster Schöffe der Hauptstadt (1997 bis 2005), Mitglied des Staatsrats (1985 bis 1999).
Andere Aufgaben: Präsident der Stiftung Hëllef doheem, Präsident der Asbl Home pour personnes âgées, Präsident der Mutualité der CGFP.
Wohnt in: Luxemburg/Cents.
Familienstand: verheiratet, drei Kinder.
Beruf: Präsident der Caisse de Pension des Employés privés i.R.
Parlamentarische Kommissionen: Institutionelle Fragen und Verfassungsänderungen (Präsident), Justiz, Territorialreform, Öffentlicher Dienst, Gesundheit.
Themen: Meyers ist verfassungsrechtlicher Sprecher der CSV-Fraktion.
Quelle: Wort, 31. August 2007, Laurent Zeimet