Marc Spautz, CSV Abgeordneter und LCGB-Generalsekretär über die Notwendigkeit Schule und Ausbildung an das Berufsleben anzupassen
Mit dem Beginn der Ferienzeit im Juli und der Bekanntgabe der Examensresultate und Schulresultate müssen sich in nächster Zeit viele Schüler – aber auch ihre Eltern – diese Frage beantworten. Und es hängt von jedem Einzelnen bzw. jeder einzelnen Situation ab, in welche Richtung es geht. Die einen werden den Weg ins Arbeitsleben einschlagen, andere werden ihre Studien weiterführen.
Die heutige Arbeitsmarktsituation bzw. die Arbeitsmarktprognosen zeigen, dass je höher der Ausbildungsgrad desto größer die Chance einen Arbeitsplatz zu finden. Unsere westliche Gesellschaft wandelt sich von einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft, und dies setzt voraus, dass die Arbeitnehmer immer besser ausgebildet sind.
Deshalb ist es eigentlich auch nicht verständlich und auch nicht mehr nachvollziehbar, dass sich Luxemburg im Bereich Bildungs- und Ausbildungspolitik jahrelange Diskussionen leistet, ohne auf einen grünen Nenner zu kommen!
Seit Jahren wird im Ausbildungsbereich besonders von Arbeitgeberseite eine Reform gefordert und dem wurde dann auch Rechnung getragen. Die nun aber vorliegende Gesetzesvorlage stößt aber von Seiten der Berufskammern, sei es nun jene der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber, auf Ablehnung. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man weiß, dass im Vorfeld der Ausarbeitung der Gesetzesvorlage ein reger Austausch an Ideen und Vorstellungen zwischen den Partnern bestand. Eine Reform der Ausbildung nun gegen den Widerstand der Partner aus der Arbeitswelt durchzusetzen, scheint aber eine riskante Vorgehensweise.
Die Schule und auch die Ausbildung sind kein Selbstzweck! Wenn bekannt wird, dass Ausbildungen von der Wirtschaft nicht angenommen werden, wenn ausgebildete Jugendliche trotz abgeschlossener Lehre keinen Arbeitsplatz finden, dann liegt manches oder auch vieles im Argen. Und Luxemburg wird z.B. im bürokaufmännischen Bereich seit Jahren mit dieser Situation konfrontiert. Aber auch das Gegenteil ist richtig: Die Industrie sucht seit Jahren händeringend nach qualifizierten Mitarbeitern mit CATP-Abschluss.
Trotz all dieser gewussten Tatsachen geschieht wenig und wenn, dann nur zögerlich. Der Luxemburger Staat leistet sich seit Jahren den Luxus Jugendliche falsch oder überhaupt nicht zu beraten, zu orientieren, auszubilden. Und trotz internationaler Analysen und Aufforderungen, in den Bereichen Orientierung, Beratung, Neuausrichtung der Schulsysteme aktiv zu werden, wird von Jahr zu Jahr das Problem weiter aufgeschoben.
Viele Jugendliche müssen heute frühzeitig eine Entscheidung treffen, die ihren zukünftigen Beruf betrifft, wo es zu entscheiden gilt entweder die ersten Schritte hin in den Arbeitsmarkt zu tun oder weiterhin die Schule zu besuchen. Diese Entscheidung ist gemäß den Neigungen, den Fähigkeiten des Einzelnen zu treffen.
Aber es ist die Pflicht des Staates zu gewährleisten, dass dies unter optimalen Bedingungen geschieht! Das Ende eines Schuljahres stellt also viele vor wichtige Fragen: Schüler, Jugendliche und vor allem auch Eltern. Aber wäre es nicht auch endlich an der Zeit, dass die Entscheidungsträger vor allem auf den Verwaltungsebenen in den Ministerien die “Ferienzeit” benutzen würden, um endlich jene Weichen zu stellen, die unser Land im Bereich der Schulpolitik benötigt. Auch wenn dies heißt, dass man über seinen eigenen Schatten springen muss, und schon geplante Richtungen ändern muss.
Allen Militantinnen und Militanten sowie allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen angenehmen und erholsamen Urlaub.
Marc Spautz, LCGB-Generalsekretär
Quelle: Soziale Fortschrëtt, Juli 2007 // www.lcgb.lu