Schwierige Gesundung der Staatsfinanzen

Finanzsituation des Staates: Vorsicht und Haushaltsdisziplin bleiben weiterhin angesagt. “Es wird nicht in jedem Jahr eine wirtschaftliche Fusion geben, die dem Staat ordentliche zusätzliche Steuereinnahmen beschert”, so Michel Wolter, CSV Fraktionspräsident

Die Finanzsituation Luxemburgs hat sich 2006 wieder in die richtige Richtung entwickelt. Eine rigorose Durchführung des Staatshaushalts, boomende Geschäfte am Finanzplatz und die ARCELOR-MITTAL-Operation haben es erlaubt, die Konten für 2006 mit freundlicheren Zahlen abzuschließen, als erwartet worden war: das staatliche Defizit wird nicht 1.200 Millionen Euro, sondern wohl eher 700 Millionen Euro betragen.

2006 war ein gutes Jahr in finanzieller Hinsicht. Die Fusion der Stahlgiganten hat dem Luxemburger Staat einige hundert Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen beschert. Die außerordentlich gute Konjunktur am Investment-Fonds-Markt spülte rund 150 Millionen mehr “Abonnementstaxe” ins Staatsbudget, als man vorgesehen hatte. Auch bei der Mehrwertsteuer konnten erfreuliche Zusatzeinnahmen verzeichnet werden: die Konsumfreude der Menschen in Luxemburg ist demnach ungebrochen.

Die guten Zahlen von 2006 dürfen allerdings nicht überbewertet werden. 700 Millionen – Euro, wohlgemerkt, also immer noch rund 30 Milliarden alte Franken – sind nach wie vor ein problematisches Defizit. Fast jeder zehnte Euro, der momentan ausgegeben wird, ist ein geliehener, nicht vorhandener, Schulden verursachender Euro. Vor allem jedoch sind all die Faktoren, die 2006 für etwas bessere Zahlen gesorgt haben, entweder einmalig oder rein konjunkturell. Es wird nicht in jedem Jahr eine wirtschaftliche Fusion geben, die dem Staat ordentliche zusätzliche Steuereinnahmen beschert. Die ARCELOR-MITTAL-Operation ist einzigartig und wird sich nicht wiederholen. Der Boom bei den Investmentfonds kann im laufenden oder im nächsten Jahr wieder abflauen – darauf hat Luxemburg nicht den geringsten Einfluss. Es bleibt also Vorsicht geboten, solange wir es nicht geschafft haben, das Haushaltsdefizit auf strukturelle Art und Weise abzubauen.

Unter diesen Umständen bleiben die Beschlüsse der Tripartite vom letzten April integral gültig. Ihre Umsetzung ist eine absolute Notwendigkeit. Dazu gehört selbstverständlich auch die Nullrunde im öffentlichen Dienst – die Staatsfinanzen bieten keinen Spielraum für höhere Löhne. Dies ist umso richtiger als sämtliche Mehreinnahmen der letzten Jahre in die staatlichen Investmentfonds fließen müssen, die sonst gegen Ende des nächsten Jahres leer wären. Leere Fonds wären angesichts der ausstehenden Bauvorhaben des Staates eine Katastrophe – schließlich sind die Bedürfnisse in Sachen Schienen, Strassen und Schulen, um nur diese Beispiele zu geben, nach wie vor enorm. Die Investmentfonds des Staates müssen also gefüllt werden. Allein mit Haushaltsmitteln ist das allerdings nicht mehr möglich – steuerliche Mehreinnahmen sind demnach nicht nur gute Nachrichten, sondern im Grunde genommen vital für die Fortführung der staatlichen Investitionspolitik.

Wir stehen etwas besser da, als befürchtet – doch keineswegs so gut, dass der Staat sich Extravaganzen leisten könnte. Die Konsolidierung des Haushalts muss weitergehen, und bis 2009 sind noch viele Anstrengungen nötig, wenn dieses Ziel erreicht werden soll. Haushaltsdisziplin ist und bleibt bis zum Ende der Legislaturperiode angesagt!

Michel Wolter, CSV Fraktionspräsident

Quelle: Soziale Fortschrëtt, März 2007 / www.lcgb.lu

Michel Wolter: Ried zum Staatsbudget 2007