5611 : Was nun ?

Die Jugend eines Landes stellt die Zukunft eines Landes dar. Marc Spautz, CSV Abgeordneter und LCGB Generalsekretär im Soziale Fortschrëtt
Dass der Gesetzesvorschlag mit der Nummer 5611 solch hohe Wellen vor allem bei den Schülern schlagen würde, hätte sich vor Wochen kaum jemand vorstellen können. An dieser Stelle aber auf den genauen Inhalt dieser Gesetzesvorlage einzugehen, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Aus diesem Grunde möchte ich mich dann nur auf einige wenige Überlegungen beschränken, die sich mit dem Protest der SchülerInnen beschäftigen, und die aus meiner Sicht aber wesentlich zum Verständnis und zur Klarstellung beitragen können oder könnten.

1. Die Gesetzesvorlage 5611 kann nicht zurückgezogen werden, da sie auf einem Tripartiteabkommen beruht und so nicht nur Teile umfasst, die vom Arbeitsamt, seinen Beschäftigungsmaßnahmen und Unterstützungen sprich Arbeitslosengeld handeln, sondern auch wesentliche Bestimmungen, die in die Bereiche der Sozialpartnerschaft oder auch in den Schutz der Umwelt sprich dem Kioto-Protokoll hineinspielen.

2 . Der massive Protest der Schüler, der hin zu einem Streik gipfelte, ist mit gemischten Gefühlen zu sehen. Einerseits ist es begrüßenswert, dass die Jugendlichen von heute, denen ja gerne unterstellt wird, sie würden sich für Nichts und Niemanden engagieren, sich massiv und nachdrücklich zu Wort gemeldet haben. Zu bedauern ist aber in diesem Zusammenhang, dass der Dialog zuerst auf der Strasse stattfand und erst im Nachhinein versucht wurde, in das Gespräch mit den Verantwortlichen zu treten. In einer Demokratie ist es nun noch immer so, dass das Parlament und somit die Abgeordneten für die Verabschiedung der Gesetze zuständig sind.

3. Die Entscheidung in Ausbildung und Beschäftigung anstatt in Arbeitslosigkeit zu investieren ist der richtige und in meinen Augen auch der einzig gangbare Weg. Es ist sinnvoller Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, erste Berufserfahrungen zu sammeln und dies in Verbindung mit einem Aus- und Fortbildungsplan, wenn auf dem ersten Arbeitsmarkt keine adäquaten freien Stellen zu finden sind. Dass aber in diesem Zusammenhang das Arbeitsamt den Jugendlichen jene Qualifikationen im Rahmen von Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen vermitteln muss, die eigentlich in der Schule gelernt hätten werden sollen, ist der eigentliche Skandal.

4. Es wäre also dringend nötig und notwendig eine Debatte über die Schulinhalte zu führen. Und nicht nur über Inhalte, sondern vor allem auch über die Orientierung hin zum späteren Beruf, also der Arbeitswelt. Die Zahl jener, die unser Schulsystem ohne Abschluss rsp. mit einem Abschluss verlassen, der von den Betrieben nicht gebraucht wird, nimmt erschreckende Ausmaße an. Jeder Cent, der in eine gute Präventionsarbeit gesteckt wird, wird nachher nicht mehr bei der Heilung gebraucht. Dieses Prinzip scheint in Luxemburg aber nur im Bereich der Gesundheit seine Früchte zu tragen: Im Bereich der Schul- und Berufsberatung sind da noch viele Schritte zu tun.

5. Dass sich im gezeigten Protest der Jugendlichen auch ein großer Teil von Zukunftsangst verbirgt, muss uns alle aber zum Nachdenken anregen. Wir können und sollten es uns nicht erlauben, große Teile der Jugend mit ihren Ängsten und Sorgen alleine zu lassen. Hier sind wir alle gefordert!

6. Was nun? 5611 wird mit den geplanten Änderungen voraussichtlich im Dezember im Parlament zur Abstimmung gelangen. Die Proteste der SchülerInnen sollten uns aber allen, die Verantwortung in der Gesellschaft tragen, zu Denken geben. Wir sollten ihre Ängste und Sorgen ernst nehmen und den Dialog mit der überwiegend nicht organisierten Jugend über den “5611” hinaus suchen. Erinnert sei daran, dass die Jugend eines Landes die Zukunft eines Landes darstellt!

Marc SPAUTZ
LCGB Generalsekretär und CSV Abgeordneter im Soziale Fortschrëtt, Dezember 2006