Auf dem EVP-Kongress in Rom plädierte Jean-Claude Juncker für eine neue integrale EU-Architektur die die Substanz der Verfassung bewahrt. Die CSV ist für einen raschen Beitritt Kroatiens
Am Freitag, dem 31. März 2006 ging in Rom der Kongress zu 30 Jahren Europäische Volkspartei mit 1500 Delegierten zu Ende. Die EVP will Europa erneut eine Seele geben und die Menschen wieder für Europa begeistern. Für Premier Jean-Claude Juncker geht das jedoch nicht mit einer EU-Variante der USA, sondern nur mit einer neuen integralen EU-Architektur. Überschattet war der Kongress vom italienischen Wahlkampf, der sich mehr und mehr zuspitzt.
Alles andere als diskret waren auch die Regierungs- und Parteichefs der Europäischen Volkspartei auf dem EVP-Kongress am Freitag und Donnerstag in Rom. Mit wenigen Ausnahmen haben sie Parteifreund Silvio Berlusconi viel Erfolg für die Wahlen am 9. und 10. April gewünscht.
Nicht so Premier Jean-Claude Juncker, der gestern kurz vor zwölf die Delegierten erneut für den europäischen Traum begeisterte. “Wir müssen mit dem andauernden Morositätsgerede aufhören. Wir haben Europa mit sich selbst wiedervereinigt. Darauf können wir stolz sein.” Allerdings sei den Menschen ein Europa nach Vorbild der USA nicht zu vermitteln: “Wir brauchen eine gänzliche neue, integrale EU-Architektur. Die Intersektionen der Souveränität treffen sich dabei in der Mitte.”
Juncker-Rede als Höhepunkt
Dabei dürfe man nicht übertreiben, sondern solle einen “echten Traum träumen”. “Und vergessen Sie nicht, dass die Kriegsgefahr nicht vom Tisch ist”, so der designierte Karlspreisträger. Autokritisch ermahnte Juncker die Staats- und Regierungschefs zu Initiativen für einen neuen EU-Gründungspakt: “Dabei müssen wir die Substanz der Verfassung bewahren. Genauso wie die Liebe zum Projekt Europa.”
Der Premier beendete seine Rede mit einem Mut machenden Aufruf zum Kampf gegen Armut. Gerade in Afrika. “Machen wir aus Europa und auch aus der EVP eine Maschine gegen Armut.” Die EVP sei nämlich mehr als nur eine Vereinigung von Nicht-Sozialisten. “Sie ist ein modernes Centre-droit.” Neben der Sarkozy-Rede war der Juncker-Aufruf für viele Delegierte einer der Kongresshöhepunkte. Angesprochen auf Sarkozys Definition der EVP als “Rechte-droite” sagte Martens: “Wir bleiben das große Mitte-Rechts-Zentrum. Der Rest ist nur Semantik.” Zur Lage in der Fraktion sagte der Vorsitzende, dass er David Cameron davon überzeugen wolle, in der EVP-Fraktion im Europaparlament zu bleiben.
Für EU-Beitritt Kroatiens
Mit zehn Enthaltungen verabschiedete der Kongress das neue Rom-Manifest der EVP mit dem Titel “Für ein Europa der Bürger”. “Wir wollen Europa wieder eine Seele geben” ruft der wiedergewählte EVP-Chef Wilfried Martens den Delegierten zu. Die Partei will Europa neu lancieren und aus seiner Krise herausführen. Dabei setzen die “Christdemokraten und Europäischen Demokraten” weiter auf die EU-Verfassung. Und auf die deutsche Ratspräsidentschaft im ersten Semester 2007. Die Menschen sollen mit mehr Arbeit und Transparenz sowie weniger Bürokratie und Bürgerferne erneut mit ins EU-Boot genommen werden.
Die EVP hat sich weiter auf Initiative der CSV für eine schnelle Aufnahme Kroatiens in die EU ausgesprochen. Die luxemburgische Delegation wurde, neben Juncker, angeführt von CSV-Chef François Biltgen. Weitere Delegierte waren Ehrenstaatsminister und dritter EVP-Präsident Jacques Santer, EU-Kommissarin Viviane Reding, die Europaabgeordneten Erna Hennicot-Schoepges, Astrid Lulling und Jean Spautz, Fraktionschef Michel Wolter, der beigeordnete Generalsekretär Maurice Bauer, Fraktionssekretär Frank Engel sowie Nationalvorstandsmitglied Roby Schadeck.
Mehr oder weniger diskret haben sich am Rande des Kongresses auch zahlreiche EVP-Abgeordnete mit Romano Prodi getroffen. So etwa CDU-Europaexperte Elmar Brok oder der ehemalige belgische Premier Jean-Luc Dehaene. Martens setzt derweil weiter als EVP-Präsident auf Berlusconi. “Ich glaube, er kann es schaffen, eine neue große Zentrumspartei in Italien aufzubauen.”
Treffen mit Prodi
Man werde dies nach den Wahlen tun, so Forza-Mann Antonio Tajani. Zu Prodi sagte Martens nur: “Ich weiß gar nicht, welcher Partei er angehört.” Ganz offiziell begegnet Premier Juncker heute dem ehemaligen Kommissionspräsidenten im römischen Hauptquartier seines Wahlbündnisses “Unione”. Noch sind die Wahlen für kein Lager gewonnen. Am Tiber bleibt alles offen.
Quelle: Wort, 3. April 2006, Ady richard