Interview mit der Familinministerin Marie-Josée Jacobs: Zitha-Gruppe wollte selbst Schließung des Altenheims
D’Wort: Wie hat das Ministerium versucht, seinen Einfluss geltend zu machen, die Schließung des Zitha-Altenheims und die Eröffnung des neuen Cipa zeitlich aufeinander abzustimmen?
Die Zitha-Gruppe hat mich über ihren Entschluss informiert, ihr Altenheim in Junglinster zu schließen und die Gebäude für ein alternatives Sozialprojekt zur Verfügung zu stellen. Dieser Entschluss kam für mich nicht überraschend. Seit 1999 entspricht die bestehende Infrastruktur keineswegs den damals eingeführten legalen Vorschriften, was die Betreuung pflegebedürftiger Senioren anbelangt. Dem Träger wurde eine zeitlich befristete Betriebsgenehmigung ausgestellt mit der formalen Auflage, das Heim zu schließen oder sehr aufwändige und kostspielige Umbauarbeiten durchzuführen. Das provisorische “Agrément” läuft im September 2006 aus.
D’Wort: Wie hat das Ministerium den Umzug der Bewohner des Zitha-Altenheims und deren Verteilung auf andere Einrichtungen zu vermeiden gesucht?
Um es noch mal klarzustellen, die Entscheidung das Junglinster Cipa zu schließen, wurde allein durch den zuständigen Besitzer und Betreiber der Einrichtung getroffen. Die Zitha-Gruppe hatte wohl kaum eine andere Wahl – nicht zuletzt auch im Interesse ihrer alten und pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner. Die Gruppe hätte für das Cipa Junglinster keine neue Betriebsgenehmigung bekommen. Die Entscheidung war eine Frage der Zeit. Mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ging es mir vorrangig darum, den Bewohnern einen neuen Heimplatz zuzusichern, der möglichst weitgehend ihren Wünschen und Ansprüchen sowie den Vorstellungen ihrer Familien entspricht.
D’Wort: Warum muss das Kinderheim in den Räumlichkeiten des früheren Zitha-Altenheims bereits 2006 eröffnet werden?
Je nach Sichtweise wird das neue Kinderheim somit schon sehr rasch oder erst relativ spät zur Verfügung stehen.
D’Wort: Welche Kinder werden dort wohnen? Wo wohnen diese bisher?
Das Heim in Junglinster wird vorrangig Kinder aufnehmen, die das Jugendgericht dort hin überweist. Das Heim hat zusätzlich die Auflage, eng mit den Eltern zusammenzuarbeiten. Somit haben diese Kinder die Chance, möglichst rasch wieder in ihre Familien eingegliedert werden zu können.
D’Wort: Unter welchen Umständen wäre es möglich, die Kinder bis zur Fertigstellung des neuen Cipa in von der Gemeinde zu Verfügung gestellten Räumlichkeiten unterzubringen, sodass die alten Menschen bis zur Eröffnung des neuen Cipa in ihren Zimmern bleiben könnten?
Dieser sicherlich gut gemeinte und sehr großzügig gedachte Vorschlag würde voraussetzen, dass der Träger des jetzigen Cipa sich dazu entscheidet, unter finanziell ungünstigen Voraussetzungen eine Einrichtung zu betreiben, für die ihm laut Gesetz keine weitere Betriebsgenehmigung zusteht. Wem wäre damit gedient? Ich meine, dass die Auflagen der bestehenden Gesetze alten und pflegebedürftigen Senioren ein Recht auf Sicherheit und Komfort zusichern. Der Entschluss, das Cipa Junglinster zu schließen, ist für die jetzigen Bewohnerinnen und Bewohner an die Chance gekoppelt, in besser angepasste Wohnstrukturen überzusiedeln.
D’Wort: Wann hat das Ministerium den Schöffenrat bzw. Gemeinderat Junglinster über die Umwandlung des Zitha-Altenheims in Kenntnis gesetzt?
An allererster Stelle wollte die Trägergesellschaft ihre Bewohnerinnen und Bewohner im Cipa Junglinster sowie deren Familien in Kenntnis setzen. Ich denke, dies war die richtige Entscheidung. Sofort nach der Informationsrunde mit den Cipa-Bewohnern kam es zu Gesprächen zwischen dem Familienministerium und der Gemeindeverwaltung. Der Bürgermeister, die Schöffen sowie die Mitglieder des Junglinster Gemeinderats haben sich dabei mit hohem Engagement für die Belange ihrer Mitbürger und Mitbürgerinnen im Altenheim stark gemacht
D’Wort: In welcher Hinsicht wurde die Kommunalverwaltung zur Umwandlung Altenheim/Kinderheim konsultiert?
Das Familienministerium hat Vertreter der Gemeindeverwaltung eingeladen, in der Projektgruppe für das neue Kinderheim aktiv mitzuarbeiten. Dieses Angebot wurde positiv angenommen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit.
D’Wort: Alte Menschen müssen ihre gewohnte Umgebung verlassen und sich mühsam neu eingewöhnen, damit Kinder ein neues Heim finden – wird hier nicht ein Problem gelöst, indem ein anderes neu geschaffen wird?
Es war nie unser Anliegen, zwei Probleme miteinander zu vermischen. Auch wenn dies leider so angekommen ist! Es ist mein Wunsch, aber auch meine Überzeugung, dass es bei der jetzigen Operation auf allen Seiten keine Verlierer, aber viele Gewinner geben wird. Meine Mitarbeiter und ich werden gerne unseren Beitrag dazu leisten, dass hilfsbedürftige Senioren und Not leidende Kinder gleichermaßen in ihren Rechten und Bedürfnissen respektiert werden.
Interview: Andreas Adam
Quelle: LW