Luxemburg sagt Ja

56,52 Prozent von knapp 200 000 Wählern stimmten gestern beim Referendum mit Ja.Europäische Spitzenpolitiker sprechen von einem starken Signal für Europa
Luxemburg sagt Ja zum Europäischen Verfassungsvertrag. 56,52 Prozent von knapp 200 000 Wählern stimmten gestern beim Referendum mit Ja. Damit hat nun das 13. von 25 EU-Ländern dem am 29. Oktober 2004 in Rom unterzeichneten Vertragswerk zugestimmt. Europäische Spitzenpolitiker sprechen von einem starken Signal für Europa.

Darauf hatten viele in der Europäischen Union gehofft. Nach den negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden bekannten sich die Bürger eines dritten Gründerstaates klar zur EU-Verfassung. “Wenn Luxemburg heute mit Nein gestimmt hätte, wäre das der finale Genickschuss für den Verfassungsvertrag gewesen”, sagte ein zufriedener Premierminister gestern am frühen Abend vor der internationalen Presse.

Juncker hatte in den vergangenen zwei Wochen engagiert und unermüdlich für den Vertrag geworben. Dies nach einer aufreibenden EU-Ratspräsidentschaft, die Luxemburgs führenden Politikern, allen voran dem Premier selbst, so manches abverlangt hatte.

Ein langer Weg

Die prinzipielle Entscheidung, die EU-Verfassung einem Referendum zu unterziehen, war bereits im August 2004 gefallen, als CSV und LSAP die neue Regierung bildeten. Dieser Prinzipienentscheid wurde Anfang des Jahres vom Parlament bestätigt. Dieses hielt dann auch nach der im Juni von den EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel beschlossenen Denkpause am Ratifizierungsweg und damit am 10. Juli fest.

56,52 Prozent Zustimmung für den Vertrag, dieses Resultat entspricht in etwa dem, was die Meinungsforscher in der RTL/ILReS-Prognose vorausgesagt hatten. Von rund 223 000 aufgerufenen Wählern stimmten 109 494 mit Ja, 84 221 sagten Nein zum Vertrag.

Für Premier Juncker ist die Zustimmung deutlich, deutlicher als manche es erwarteten. “Der Verfassungsvertrag wird nun auf der europäischen Tagesordnung bleiben”, sagte der Regierungschef, der im Falle eines negativen Votums zurücktreten wollte. Weil es ihm im Falle eines Nein nicht mehr möglich gewesen wäre, die Interessen und Positionen des Landes auf der europäischen Bühne mit dem nötigen Nachdruck zu verteidigen.

Nun seien, darin waren sich die Sprecher sämtlicher Parteien beim Kommentieren der Resultate einig, Ansehen und Stellung Luxemburgs gestärkt. Dass dem so ist, untermauern erste Reaktionen ausländischer Spitzenpolitiker. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sieht in dem Ja der Luxemburger “eine Ermutigung und Aufforderung an alle Europäer, rasch nach gemeinsamen Wegen aus der gegenwärtigen Krise zu suchen”. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von “einem starken Signal”. Es gelte nun, den “Plan D” in Kraft zu setzen – “D” steht für Dialog, Diskussion und Demokratie.

Neun Gemeinden sagten Nein

Von den 118 Gemeinden stimmten beim Referendum nur neun mehrheitlich gegen den Verfassungsvertrag. Sieben dieser Gemeinden liegen im Kanton Esch/Alzette. Auch in der Minettemetropole selbst setzte sich das Nein mit 53,24 Prozent durch. Diesen Süd-Trend gegen den nationalen Trend führten die Kommentatoren auf den sozio-ökonomischen Hintergrund im Süden des Landes zurück. Die Escher Bürgermeisterin Lydia Mutsch erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass “60 Prozent der Einwohner der Minettemetropole Arbeiter sind”. Das erkläre, warum die soziale Zukunft der EU ein herausragendes Thema der Kampagne gewesen und im Endeffekt auch ausschlaggebend beim Urnengang gewesen sei.

Außenminister und LSAP-Leader Jean Asselborn warnte davor, die Nein-Tendenz im Süden zu verkennen. “Wir müssen auch dieses Signal ernst nehmen. Die soziale Debatte in Europa muss geführt werden. Hier stehen wir erst am Anfang” , so Asselborn.

Nach dem positiven Votum der Luxemburger wird die Abgeordnetenkammer nun im Oktober die EU-Verfassung in zweiter Lesung endgültig gutheißen. Letzter Akt der nationalen Ratifizierung wird die Unterzeichnung des Vertrags durch den Großherzog sein.

MARC GLESENER, d’Wort vom 11. Juli 2005