Claude Wiseler: Mehr Planungssicherheit als Ziel

Der Minister will Budgetüberschreitungen bei Großprojekten in Zukunft verhindern

VON MARC GLESENER

Mehrkosten in Millionenhöhe bei öffentlichen Bauvorhaben, das ist keine Seltenheit. Ganz im Gegenteil. Philharmonie, Nordstraße, Cité judiciaire – drei Beispiele, die belegen, dass der Staat mehr Planungssicherheit braucht. Dessen ist sich auch Minister Claude Wiseler bewusst, der dem Parlament konkrete Maßnahmen vorschlägt. Damit auch die Kammer ihre Kontrollfunktion besser wahrnehmen kann.

Wer als Privatperson baut, weiß, wie schwierig es ist, die tatsächlichen Baukosten eines Projekts vorauszusagen. Daraus können sich natürlich Probleme beim Haushalten ergeben. Und was für den Privatmann gilt, gilt auch für den Staat, vor allem, wenn es um große Bauvorhaben geht. So kam es in in den letzten Jahren zu einer regelrechten Kostenexplosion bei fünf Großprojekten. Bei der Philharmonie auf Kirchberg, der “Cité judiciaire” auf dem Heilig-Geist-Plateau, der Nordstraße sowie bei zwei Straßenbauprojekten in Merl und am Gaspericher Kreuz wurden die ursprünglichen Kostenpläne um rund 330 Millionen Euro – satte 13 Milliarden alter Franken – übertroffen. “Damit soll nun Schluss sein”, wie Bautenminister Claude Wiseler im “Wort”-Gespräch erklärte.

Einbeziehung des Parlaments

Wiseler hat sich nach seinem Amtsantritt intensiv mit der Planung und Finanzierung von öffentlichen Infrastrukturprojekten beschäftigt und schlägt dem Parlament nun konkrete Maßnahmen im Sinne von mehr Planungssicherheit vor. Die Einbeziehung des Parlaments ist für den Minister besonders wichtig. “Schließlich muss die Legislative iher Kontrollfunktion gerecht werden können”, betonte der Minister, der konsequent auf Information setzt.

Wie Wiseler erklärte, sollen in Zukunft Bauvorhaben erst dann in die parlamentarische Genehmigungsphase gelangen, wenn sämtliche Planungsparameter definiert worden sind. Am Beispiel der Philharmonie sei klar geworden, so der Minister, welchen Impakt technische Studien haben können, die erst in einer späteren Phase der Projektverwirklichung durchgeführt werden. In ebendiesem Zusammenhang erinnerte Wiseler an die Kommodoprozedur und aufwendigen Akustikanalysen, deren Resultate für die Planer der Philharmonie unvorhersehbar waren. “Genau das soll sich in Zukunft ändern. Die Kammer soll erst dann mit Plänen befasst werden, wenn die anfallenden Kosten richtig abgeschätzt werden können. Dafür müssen sämtliche Studien vorliegen”, sagte Wiseler.

Apropos Kosten. Um eine möglichst genaue Budgetplanung zu erreichen, will der Minister in Zukunft etappenweise bei der Finanzplanung vorgehen. “Projekte, die über einen Zeitraum von fünf, sechs oder mehr Jahre abgewickelt werden, können so genauer evaluiert werden”, meinte Wiseler und führte die Nordstraße als Negativbeispiel an. “Mit der Planung wurde 1994 begonnen. Die Arbeiten sollen bis 2012 dauern. Da war es unmöglich, beim Votum im Parlament das genaue Finanzvolumen abzuschätzen”, so Wiseler weiter.

Eine andere Voraussetzung für eine präzise Finanzplanung ist die Kohärenz der Projekte. “Wenn wir unterwegs mehrmals Konzepte ändern, brauchen wir uns nicht über Mehrkosten zu wundern”, unterstrich Wiseler. Für ihn sollten Bauprojekte erst dann auf den Instanzenweg geschickt werden, wenn sie auch tatsächlich spruchreif sind. “Demnach sollte man genau wissen, welche Klassen oder Ateliers in einer Schule eingerichtet werden, bevor man mit Bauplänen ins Parlament geht”, erklärte der Minister.

Kein Allheilmittel

Trotz der von ihm initiierten Maßnahmen für mehr Planungssicherheit ist sich der Minister durchaus bewusst, dass bei Bauprojekten immer Schwiergkeiten auftauchen können, die Nachbesserungen erfordern. “Wenn z.B. eine Tunnelwand abrutscht, führt das logischerweise zu Mehrkosten. Wenn neue Sicherheitsstandards erfüllt werden müssen auch”, betonte Wiseler. Sein Ziel sei es allerdings, die voraussehbaren Kosten präziser einschätzen zu können.

Zu mehr Planungssicherheit gehört sicher auch eine konsequentere Vorgehensweise bei Enteignungen. Es gehe nicht darum, so Wiseler, über die Köpfe der Leute hinweg zu entscheiden. “Fakt ist, dass wir den nötigen Platz brauchen und notfalls freimachen müssen, um öffentliche Bauten und Straßen zu errichten”, so der Minister, der eine Anpassung der Enteignungsprozeduren anregte. Im Interesse aller Bürger.

Quelle: d’Wort vom 15. Juni 2005