CSV-Fraktionschef Michel Wolter zieht positive Bilanz der ersten neun Monate der Regierung Junker/Asselborn
Die CSV-Fraktion verspürte den Drang sich zu Wort zu melden. Nachdem die Oppositionsparteien die bisherige Arbeit der CSV/LSAP-Koalition in den vergangenen Tagen eher kritisch begutachtet hatten. “Eine einseitige Sicht der Dinge”, findet der Fraktionschef der Christlichsozialen, Michel Wolter. Die CSV müsse Widerspruch gegen die negative Darstellung erheben.
“Es gab in den vergangenen Monaten keinen innenpolitischen Stillstand. Die Politik wurde konsequent im Interesse des Landes vorangetrieben”, so Wolter. Er räumte ein, dass die Présidence Auswirkungen auf das politische Tagesgeschäft habe. Politiker und Beamte würden durch diese Aufgabe stark in Anspruch genommen. Trotzdem sei in den letzten neun Monaten eine solide parlamentarische Arbeit geleistet worden: Das Parlament habe nicht weniger als 76 Gesetze in 39 Plenarsitzungen verabschiedet.
Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sei abseits der Lissabon-Strategie durch das Telekom-Paket, den Beitritt zur europäischen Raumfahrtbehörde, die Umsetzung der Richtlinie über die Zinsbesteuerung, die Anpassung des Holdinggesetzes sowie mehrere Abkommen gegen Doppelbesteuerung verbessert worden. Auch die nachhaltige Entwicklung des Landes sei durch das Kioto-Protokoll, die Reorganisation der Superdreckskëscht, die Konvention über Tiertransporte und die kürzlich verankerte Zusammenarbeit von Staat und Gemeinden im Naturschutzbereich weiter gefördert worden.
Wolter hob die Investitionen in soziale und schulische Einrichtungen hervor, die von der Regierung weitergeführt wurden. Der Mindestlohn sei erhöht und die Renten an die Lohnentwicklung angepasst worden. Das Parlament habe die Augen vor dem Problem der Arbeitslosigkeit nicht verschlossen, sondern in einer ausführlichen Debatte die Situation auf dem Arbeitsmarkt analysiert. Dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen sei man weiter nachgekommen, indem entscheidende Schritte zu einer engeren grenzüberschreitenden polizeilichen und gerichtlichen Zusammenarbeit getan wurden. Die Rekrutierung neuer Richter sei beschlossene Sache.
Der Fraktionschef erinnerte an die verfassungsrechtlichen Änderungen und das neue Gesetz über Referenden. Zur Diskussion um das Referendum am 10. Juli meinte Wolter knapp, man müsse das Ergebnis des EU-Gipfels abwarten. Bis auf Weiteres werde die CSV ihre Pro-Ja-Kampagne weiterführen.
Die Ratspräsidentschaft habe nicht die Zeit gelassen, um die Kernstücke des Regierungsprogramms in Angriff zu nehmen. Im Herbst werde man sich den heiklen Dossiers zuwenden, so Wolter. Die Mehrheit habe sich vorgenommen, noch vor der Sommerpause den Gesetzentwurf über “De neie Lycée” über die Bühne zu kriegen und zumindest das neue Asylgesetz in erster Lesung zu verabschieden.
Der Abgeordnete Laurent Mosar gab zu verstehen, dass die CSV sich mit dem Gutachten des Staatsrats zum Asylgesetz schwer tut. Die Christlichsozialen wollen am Ziel, die Fristen zur Abhandlung der Asylanträge zu verkürzen, festhalten. Zusätzliche Rekursmöglichkeiten will die CSV nicht. Die Überlegungen des Staatsrats würden die Philosophie des Gesetzes wieder in Frage stellen. Auch das Centre de rétention stünde nicht zur Disposition. Mosar stellte jedoch klar, dass dieses Auffanglager nicht für Familien sondern für Flüchtlinge gedacht sei, die sich nicht an die öffentliche Ordnung hielten. Bei Rückführungen müsse die menschliche Würde geachtet werden. Flüchtlingskinder sollten einen begonnenen Schulzyklus in Luxemburg zu Ende führen können. Mosar wollte für Familien mit Schulkinder eine spätere Regularisierung nicht ausschließen.
Verwunderung über die DP
Mit dem Koalitionspartner LSAP sei man auf einer Linie, so Mosar. Allerdings wisse man nicht, wie die Liberalen sich positionierten. Die DP erwecke den Eindruck, als habe sie in dieser wichtigen Frage keine Meinung. Bekannt sei lediglich die Auffassung des Abgeordneten Xavier Bettel, der eine Unterbringung von Flüchtlingen, die sich nicht an die Spielregeln halten, im Centre de rétention ablehne.
Auch Michel Wolter wunderte sich über den einstigen liberalen Koalitionspartner. Besonders die Äußerungen des DP-Vizepräsidenten Georges Gudenburg über die “Besatzungsmacht CSV” fand der Fraktionspräsident mehr als unangebracht. “Solche Bemerkungen sind ein Schlag ins Gesicht der Wähler, die sich bei den letzten Wahlen zu 36 Prozent für die CSV entschieden haben”, findet Wolter. Die Verbalattacken der DP seien ein misslungener Versuch von ihrer inhaltlichen Leere abzulenken. Dieses Niveau sei kaum noch zu unterbieten.
Wolter glaubt, dass die CSV und Déi Gréng sich in wesentlichen Zukunftsfragen am nächsten stünden. Es gebe sicher nicht nur Gemeinsamkeiten aber die Herausforderungen schätze man auf beiden Seiten gleich ein. Bei den jeweiligen Lösungsvorschlägen seien eine Reihe gemeinsamer Punkte zu entdecken. Schwarz und Grün würden bereits auf kommunaler Ebene sehr anständig zusammenarbeiten, so der Fraktionschef.
LAURENT ZEIMET, d’Wort vom 16. Juni 2005