LW: Drei Fragen an Jean-Louis Schiltz
LW: Herr Minister, vorgestern haben Sie Sri Lanka besucht, gestern Thailand und heute reisen Sie nach Indonesien. Welchen Eindruck haben die Tsunami-Schäden bis dato auf Sie gemacht?
Jean-Louis Schiltz: In Sri Lanka sah ich eine massive Zerstörung entlang der Küste. Das war ein Schock, der mit nichts zu vergleichen ist. Wir begaben uns an Orte, die dem Erdboden gleich gemacht wurden. In welchem Land die Schäden oder das Leid nun aber größer sind, da möchte ich mich nicht festlegen. Ich bin der Meinung, man sollte keine derartigen Vergleiche anstellen. Für beide Länder stellt der Schicksalsschlag eine nie da gewesene Katastrophe dar. Während in Thailand der Wiederaufbau schon auf Hochtouren läuft, trifft das in Sri Lanka nur auf einige wenige Ausnahmen zu. Viele Menschen verharren dort im wahrsten Sinne des Wortes im Nichts. Allerdings, das hat mir die Präsidentin des Landes versichert, soll am 15. Januar ein Plan zum Wiederaufbau anlaufen.
LW: Die Zahl der Personen aus Luxemburg, die im Zuge der Katastrophe als vermisst gemeldet wurden, ist in den letzten Tagen kontinuierlich gesunken. Von zwei Frauen aber fehlt jede Spur…
Jean-Louis Schiltz: Jedes menschliche Schicksal ist an und für sich dramatisch. Und hinter jeder Zahl verbirgt sich ein Mensch, das dürfen wir nie vergessen. Auf der anderen Seite habe ich mich natürlich jedes Mal gefreut, wenn unsere Liste kleiner wurde. Auch das ist menschlich. Was nun die beiden Personen angeht, die noch nicht lokalisiert werden konnten: Wir haben eine ganze Reihe von Informationen und Dokumenten hier gelassen, damit die Suche weitergehen kann. Eine DNA-Analyse aus Luxemburg reichen wir noch nach. Außerdem bleibt mit Roby Fehlen von der “Unité de support psychologique” eine Person noch einige Zeit vor Ort.
LW: Luxemburg hat fünf Millionen Euro für die Opfer der Tsunami-Tragödie bereit gestellt. Was soll mit dem Geld geschehen?
Jean-Louis Schiltz: Luxemburg hat schon des Öfteren viel Geld in die Entwicklungszusammenarbeit gesteckt. Zum Beispiel in der Kosovo-Krise oder für den Wiederaufbau nach dem Hurikan Mitch in Mittelamerika. Zurzeit versuchen wir, die Bedürfnisse der betroffenen Länder auszuloten, denn diese müssen richtig erkannt werden. Das heißt: Wir müssen die einzelnen Regierungspläne zum Wiederaufbau kennen, um zu entscheiden. Das in einer ersten Phase zur Verfügung gestellte Geld wurde an das internationale Rote Kreuz überwiesen – ganz einfach weil es als erstes um die Mitfinanzierung eines konkreten Projekts bat. Der größte Teil der restlichen Gelder dürfte in Projekte gesteckt werden, die von Uno-Institutionen initiiert werden. Ein Teil geht natürlich auch an Nicht-Regierungsorganisationen. Die internationale Solidarität ist zurzeit sehr groß. Ich hoffe, sie ist es auch dann noch, wenn es um langfristige Maßnahmen geht. So möchten wir auf den anstehenden Konferenzen zum Beispiel auch die Frage nach einem Frühwarnsystem im Indischen Ozean aufgeworfen werden. Denn auch wenn sich solche Katastrophen wohl nicht ganz verhindern lassen, ihre Ausmaße müssen zu mindern sein.
Die Fragen stellte Luc Marteling
Luxemburger Wort vom 5. Januar 2005