Astrid Lulling

Aktivitätsbericht der Europaabgeordneten Astrid Lulling

Juni bis Oktober 2004

1° Die Europawahlen

Ich werde an dieser Stelle keine grundlegende Wahlanalyse der Europawahlen vom 13 Juni 2004 erstellen, möchte aber ein paar Gedanken äussern:

1) das Resultat der CSV-Liste (37,1%) fiel bei den Europawahlen hervorragender aus als bei den Legislativwahlen; die CSV wird also von den Luxemburgern als die “Europa-Partei” schlechthin angesehen, und die Arbeit der Parteimandatäre, ob Minister oder Europaabgeordnete, wird in diesem Bereich von der Wählerschaft voll anerkannt;

2) die Ergebnisse mehrerer Kandidaten verdeutlichen, dass beide Wahlen immer mehr differenziert werden: insgesamt haben die austretenden Europaabgeordneten auf ihren jeweiligen Parteilisten gut abgeschnitten; meinen 5. Platz hinter drei Ministern und der Europakommissarin nahm ich mit viel Genugtuung auf; sicherlich ist es nun an der Zeit, diesen Wahltrend gesetzlich zu begleiten, indem man entweder Doppelkandidaturen unmöglich macht oder der Simultanäität beider Wahlen ein Ende setzt;

3) der Wiedergewinn des dritten Sitzes nach zwei ergebnislosen Versuchen ist nicht nur symbolisch von Bedeutung, die Position der CSV in der EVP-ED Fraktion wurde duch den zusätlichen Abgeordneten in hohem Masse gestärkt; sicher werden kleine Delegationen durch die Anwendung des DeHondtsystems weiterhin stark benachteiligt; weil sie aber mehr Arbeitsbereiche abdecken können, werden die drei CSV-Europaabgeordneten ein grösseres Mitspracherecht innerhalb der wichtigsten Fraktion im EP geltend machen und somit einflussreicher sein.

2° Eine neue Funktion als Quästorin

Mit meiner Wahl als Quästorin wurde mir eine grosse Ehre zuteil, insbesondere weil diese Wahl alles andere als eine Selbstverständlichkeit war. Ich trat sie nämlich ohne die offizielle Unterstützung meiner Fraktion an. Umso erfreuchlicher war die Unterstüzung zahlreicher Kollegen aller Gruppierungen im Europaparlament. Das Parlament wählt nebem dem Präsidenten und den Vizepräsidenten, fünf Quästoren. Die Quästoren sind gemäß vom Präsidium erlassenen Leitlinien mit Verwaltungs- und Finanzaufgaben betraut, die die Mitglieder direkt betreffen. Die Mandatsdauer beträgt zweieinhalb Jahre.

Am Anfang der Legislatur werden die Kompetenzen zwischen den fünf Quästoren aufgeteilt. Ich wurde mit dem Transport der Abgeordneten, den Sprach- und Informatikkursen, dem Post- und Druckdienst für Abgeordneten, der Vereinigung der ehemaligen Abgeordneten, dem Pensionsfonds der Abgeordneten, den Kontakten zu den Behörden in Luxemburg und in Strassburg und schliesslich mit dem Zugang zu der Sportinfrastruktur beauftragt. Konkret bin ich jeden Tag mit einer grosser Anzahl Belangen der EP-Mitglieder befasst; in meiner Funktion geht es in erster Linie darum, die offiziellen Regeln und die diversen Interessen der Abgeordneten auf einen gemeinamen Nenner zu bringen.

Dem muss man hinzufügen, dass die Quästoren Mitglied der Büros sind und ein Mitsprachrecht haben, wenn auch kein Stimmrecht. Dennoch kann man als Quästor einen grossen Einfluss auf wichtige Entscheidungen haben.

3° Mitglied des Wirtschafts- und Währungsausschusses

Ich habe mich entschlossen wiederum Vollmitglied dieses Ausschusses zu werden, Amt was ich schon von 1965 bis 1974 und seit 1989 bekleidete.

Dieser Ausschuss zählt zu den wichtigsten im EP, durch seinen breiten Zuständigkeitsbereich in allen Währungs-,Wirtschafts- und Steuerfragen. Auf der Tagesordnung der nächsten Monate stehen eine ganze Reihe von Sachfragen, welche die Interessen des Finanzplatzes direkt berühren werden: zweite Etappe der Umsetzung des Aktionsplanes für den Binnenmarkt der Finanzdienstleistungen, indirekte Steuern und Akzisen, Basel II, clearing and settlement, Zinsbesteuerung, coroporate governance.

Der Wirtschafts- und Währungsausschuss hat mich als Berichterstatterin zum Bericht über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke ernannt.

Die Kommission vertritt in ihrem Bericht feste Ansichten. Im Jahre 2002 hatte schon der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Bolkestein (welcher der neuen Kommission nicht mehr angehören wird) versucht, seine Kollegen für einen Vorschlag zur Abschaffung des Nullsatzes der Verbrauchsteuer auf Wein zu gewinnen. Der Bericht befürwortet wiederum diese Massnahme sowie die generelle Anpassung der Steuersätze auf Bier und Spirituosen an die Inflation, was einer Steigerung von 25% gleichkäme.

Ich zeigte mich diesen Vorschlägen sehr skeptisch gegenüber. Entgegen dem was im Bericht enthalten ist, ist der Binnenmarkt, meiner Meinung nach, keinesfalls durch die unterschiedlichen Verbrauchsteuersätze in der EU gefährdet. Auch hätte die Abschaffung des Nullsatzes verheerende Konsequenzen für die schon arg gebeutelte Weinindustrie. Schliesslich braucht die Europäische Union in der heutigen Konjunktur sicherlich keine neuen Steuererhöhungen, die die Inflation schüren würden.

Ich werde jetzt meine Arbeit unter anderem mit der Europäischen Kommission und den interessierten Berufsverbänden fortführen. Meine Absicht ist es, einen ersten Berichtsentwurf dem Wirtschafts- und Währungsausschuss im Januar nächsten Jahres vorzulegen. Die Abstimmung in der Plenarsitzung in Strassburg dürfte im Frühjahr 2005 erfolgen.

4° Ausschuss für die Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter

Im Ausschuss für die Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter wurde ich mit der Überwachung der Vorbereitungsarbeiten auf die Konferenz “Beijing + 10” beauftragt. Diese Konferenz wird unter luxemburgischer Präsidentschaft im Februar 2005 stattfinden und die Arbeit betreffend der Rechte der Frauen nach Naïrobi (1985), Kopenhagen (1990), Beijing (1995) und New-York (2000) fortführen.

5° Landwirtschaftsausschuss und Intergruppe “Wein, Qualität, Tradition”

Als Ersatzmitglied im Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments bemühe ich mich zur Zeit um den Schutz der europäischen Ursprungsbezeichnungen in der Welthandelsorganisation (WTO), da diese, insbesondere was den Weinsektor betrifft, von Konkurrenten in der dritten Welt schamlos usurpiert werden.

Die Intergruppen im Europäischen Parlament haben sich im Oktober neu gebildet. Ich wurde Präsidentin der wichtigen Intergruppe “Wein, Qualität, Tradition”, wo ich meine Aktivität zur Vertretung der Interessen der Luxemburger Weinprodukte und des europäischen Qualitätsweines nun mit noch mehr Durchschlagskraft fortsetzen und intensivieren kann.

6° Vize-Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung AKP-EU

Die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-UE umfasst Vertreter des Europaparlaments und der Parlamente der AKP-Staaten aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik. Ich hatte die Ehre an einen der Posten als Vizepräsident zu gelangen. Diese Versammlung tagt zweimal im Jahr, die nächste Sitzung ist in den Haag vom 22. bis zum 25. November vorgesehen.

Meine Öffentlichkeits- und Informationsarbeit habe ich auch wieder aufgenommen, und seit Juli 2004 zwei Gruppen mit insgesamt 75 Besuchern in Straßburg und Brüssel empfangen. Weitere Besuchergruppen sind für November bis Juni 2005 in Brüssel und Strassburg geplant.

Astrid LULLING