In wesentlichen Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik gab es weitgehendes Einvernehmen. Die Gespräche werden morgen Mittwoch fortgesetzt.
In wesentlichen Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik gab es weitgehendes Einvernehmen. Die Gespräche werden morgen Mittwoch fortgesetzt.
Nach ersten Informationsversammlungen während der vergangenen Woche, dies mit der Anhörung mehrerer Vertreter der wichtigsten Verwaltungen und Behörden über die finanzielle, wirtschaftliche und soziale Lage des Landes sowie der Einsetzung von Arbeitsgruppen in den verschiedenen Bereichen, sind die Koalitionsgespräche nunmehr um eine weitere Etappe fortgesetzt worden.
Das Klima bei der ersten großen Koalitionsrunde beschrieb CSV-Präsident François Biltgen als “umgekehrt proportional zum Wetter”, als er gestern zusammen mit Regierungsformateur Jean-Claude Juncker und Jean Asselborn, dem Vorsitzenden des zukünftigen Koalitionspartners, der Presse Rede und Antwort stand. Sowohl Jean-Claude Juncker als auch Jean Asselborn bestätigten, dass es bislang keine schwerwiegenden Unstimmigkeiten bei der Gestaltung des zukünftigen Regierungsprogramms gegeben habe.
Investitionen bleiben auf hohem Niveau
Ein wichtiger Schwerpunkt der Verhandlungen von gestern Montag waren die zukünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik. Ein Bereich, in dem bereits im Wahlprogramm von CSV und LSAP keine einschneidenden Divergenzen sich herauskristallisiert hätten, so Jean-Claude Juncker. Die Finanzlage wurde als gesund, jedoch schwierig bezeichnet. Erwartet wird, dass die Konjunktur trotz einer Erholung nicht mehr das außerordentlich hohe Niveau der Vorjahre erreichen werde. Ein entsprechender kleiner Spielraum sei daher bei der Ausarbeitung des Haushalts zu berücksichtigen. Auch die neue Regierung werde sich an den Maßgaben des Brüsseler Stabilitätspaktes orientieren.
Wirtschaftlicher Realismus, eine weiterhin vorsichtige Ausgabenpolitik und eine auf hohem Niveau gehaltene Investitionspolitik bleiben die Leitlinien bei der Aufstellung des kommenden Staatshaushalts. Dabei sollen die Eckdaten nicht mehr wie gewohnt im Frühsommer, sondern erst Mitte Oktober, wenn also verlässlichere Wirtschaftsdaten vorliegen, vorgestellt werden. Die Budgetvorlage solle jedoch bereits am 15. Dezember ohne Änderungen zur Abstimmung dem Parlament vorgelegt werden.
Nicht in Logik der Verschuldung hineingleiten
Wichtigster Grundsatz der Finanzpolitik werde sein, nicht in eine Logik der Verschuldung hineinzugleiten, so Juncker gegenüber der Presse, der mit Nachdruck betonte, dass die Investitionspolitik auf hohem Niveau gehalten werde. “An Infrastrukturen, die zwingend notwendig seien, um die Attraktivität und die Kompetitivität des luxemburgischen Standortes zu garantieren und zu erhalten, werden wir nicht sparen”, so der Regierungsformateur Juncker. Beide Verhandlungsparteien sprachen sich des Weiteren dafür aus, dass die Planung und Umsetzung wichtiger Projekte in Zukunft von einem von der Regierung eingesetzten Projektmanager zu überwachen seien. Dies sei auch aus finanzieller Sicht von Bedeutung.
Den Mittelstand stärken
Im Bereich der Körperschaftssteuern soll sich bei den Unternehmen nichts Wesentliches ändern. Die aktuelle Situation sei mehr als zufrieden stellend, hieß es. Dennoch seien gezielte Anpassungen vor allem bei den kleinen und mittleren Unternehmen nicht auszuschließen, gelte es doch deren Wirtschaftlichkeit immer wieder zu stärken. So stellte CSV-Parteipräsident Francois Biltgen fest, dass es mehr denn wichtig sei Mittelstand, Forschung und Entwicklung miteinander zu verbinden, wobei das Forschungsministerium und die Uni Luxemburg hier eine nicht unwichtige Rolle spielen könnten. Auch der Verwaltungsaufwand, dem besonders kleinere Unternehmen ausgesetzt sind, solle auf ein Minimum reduziert werden, hieß es. Eine Aufgabe, die von einem von der Regierung beauftragten Koordinator übernommen werden soll. Dieser solle den Zugang zu sämtlichen Verwaltungen erhalten und einen dementsprechenden Reformplan ausarbeiten.
Steuer gegen Grundstücksspekulation
Bei der Besteuerung von Personen werde die im europäischen Rahmen ausgehandelte Quellensteuer auf Zinserträge die größten Veränderungen bringen. Für luxemburgische Bürger werde ab 2006 eine Steuer von zehn Prozent auf Erträge von Ersparnissen gelten. Eine Maßnahme, die mit der Abschaffung der Vermögenssteuer einhergehen werde, so Juncker. Das Bankgeheimnis bleibe vorerst erhalten. Zur Beruhigung der Preisexplosion auf dem Immobilienmarkt sehe man steuerliche Maßnahmen zur Eindämmung der Grundstücksspekulation vor.
Unstimmigkeiten bei Immigrations- und Flüchtlingspolitik
Andiskutiert wurde ebenfalls die Immigrations- und Flüchtlingspolitik. “Obschon es keine unüberwindbaren Unstimmigkeiten zu dem Thema gibt, habe es trotz allem eine heftige Aussprache gegeben”, so François Biltgen. Regierungsformateur Jean-Claude Juncker hob dabei hervor, dass derartige Meinungsverschiedenheiten nicht nur zwischen den Verhandlungspartnern bestehen, sondern sich quer durch die Parteien ziehen würden. “Es gab in jedem Regierungsrat heftigste Aussprachen zu diesem Themenkomplex, so dass sich diese Auseinandersetzung keinesfalls auf Koalitionsverhandlungen beschränke!”
Wie geht es weiter?
Heute Dienstag treffen sich die Verhandlungspartner im Übrigen mit den Verantwortlichen der CFL, während am Nachmittag die neuen Abgeordneten vereidigt werden.
Bei der Fortsetzung der Koalitionsgespräche am Mittwoch und am Donnerstag stehen nach Aussagen von Parteipräsident François Biltgen, die Bereiche Wohnungsbau, Sozialversicherungen, Gesundheit, Landes- und Verkehrsplanung , Erziehung und Umwelt im Blickpunkt der Verhandlungen.
Am Freitag und am Samstag sollen vor der abschließenden Verhandlungsrunde die Gespräche zur Immigrations- und Flüchtlingspolitik weitergeführt werden, die am Montag begonnen wurden.