Vom Schmelzarbeiter zum Ersten Bürger

Parlamentspräsident Jean Spautz nimmt Abschied vom Krautmarkt und wird Ehrenpräsident
Vom Arbeiter zum ersten Bürger des Landes: Auch 45 Jahre nach seinem Einstieg in die Politik verkörpert Jean Spautz am liebsten den volksnahen Politiker, der mitunter das Herz auf der Zunge trägt .

Mit einer stehenden Ovation verabschiedeten seine Abgeordnetenkollegen und die anwesenden Regierungsmitglieder am Freitag Kammerpräsident Jean Spautz nach 45 Jahren aus der nationalen Politik. Ganz im Zeichen des Abschieds stand diese letzte Sitzung der Legislaturperiode; mit Renée Wagener und Nicolas Strotz zogen zwei weitere Deputierte einen Schlussstrich unter ihr nationalpolitisches Engagement. Jean Spautz wurde der Titel des Ehrenpräsidenten der Chamber verliehen.

456 Gesetzvorlagen verabschiedet

In seiner Abschlussrede blickte der Erste Bürger des Landes auf die vergangenen fünf Jahre zurück, wo das Parlament den Beweis erbracht habe, seiner Rolle als gesetzgeberische Gewalt gerecht zu werden, so Spautz: “In 335 öffentlichen Sitzungen und in über 2 000 Ausschusstagungen wurden 456 Gesetzvorlagen verabschiedet und 80 Gesetzvorschläge eingereicht”.

Der Kammerpräsident ließ aber auch die schönen Momente – die Vereidigung von Großherzog Henri, die Eröffnung der Kammersession 2001/2002 durch den Staatschef – und die weniger schönen Augenblicke – Gedenkfeier für die Opfer der Anschläge vom 11. September 2001 – Revue passieren und gedachte der im Laufe der Legislaturperiode verstorbenen Deputierten: Alphonse Theis und Willy Bourg.

Ganz besonders würdigte Jean Spautz die Arbeit des Parlamentspersonals, wo die langjährige Mitarbeiterin Monique Krippel in den wohl verdienten Ruhestand geht, und verabschiedete dann seine Abgeordnetenkollegen Renée Wagener und Nicolas Strotz, die sich stets durch ein großes politisches Engagement ausgezeichnet hätten.

Politik als Berufung

Er selbst ziehe sich nach 45 Jahren zufrieden vom Krautmarkt zurück, verabschiedete sich Jean Spautz, “mit der Gewissheit, immer mein Bestes gegeben zu haben“. Und gab den Parlamentariern abschließend mit auf den Weg, die Politik immer als Berufung zu sehen, “wo es um das Land und seine Leute geht”.

Im Namen der Abgeordneten ergriff Niki Bettendorf (DP) das Wort. Mit Jean Spautz, dessen Familie der Abschiedsfeier beiwohnte, verliere die nationale Politik einen jovialen, toleranten und volksnahen Politiker, der sich durch sein ausgeprägtes Sozialbewsuttsein und seinen unermüdlichen Einsatz ausgezeichnet habe, zeichnete der Vizepräsident der Chamber den Charakter seines Präsidenten.

Bettendorf blickte auf die einzelnen Etappen der politischen Karriere des scheidenden Parlamenstvorsitzenden zurück, der es vom Schmelzarbeiter zum Ersten Bürger des Landes geschafft habe und in seiner Zeit als Innenminister “de Papp vun de Gemengen” gewesen sei.

Parlamentsminister François Biltgen, der auf der Regierungsbank der letzten Sitzung der Legislaturperiode ebenso beiwohnte wie Fernand Boden, Dienst ältestes Regierungsmitglied , und die beiden DP-Minister Anne Brasseur und François Biltgen, kennzeichnete “Spautze Jang” als einen Zeitzeugen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der alle Perspektiven der Politik durchlebt habe, Mehrheitsdeputierter, Abgeordneter in der Opposition , Regierungsmitglied, Präsident des Parlamentes. Dabei habe sein Parteikollege immer mit gesundem Menschenverstand agiert, unterstrich er insbesondere, dass “Jean Spautz immer Mensch geblieben ist“.

“E gudde Präsident”

Dem pflichtete beim anschließenden Empfang Claude Frieseisen, Generalsekretär der Chamber, bei: Jean Spautz habe ihm besonders durch sein pflegeleichtes und freundliches Auftreten imponiert, so Frieseisen: “Dir wart e gudde Präsident“.

Lesen Sie den vollständigen Artikel im Luxemburger Wort vom 22.5.2004