Marcel Oberweis: “Wenn wir das Leitmotiv: “Global denken – lokal handeln” in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten setzen, dann werden wir den Paradigmenwechsel durchführen können zum Schutz der Umwelt und zum Gedeihen der Generationen. Vielleicht sollten wir auch an die zwei Milliarden Menschen in den Drittweltländern denken, denen das Wort Energie ein Fremdwort ist, es tut sich hier eine ethische Aufgabe mit planetarischer Dimension auf.”
Die Klimaforscher sind sich weitgehend einig, dass die beobachtete Atmosphärenerwärmung der letzten 130 Jahre zum Großteil auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist. Weiterhin dürfte sich bei dem gegenwärtigen Energieverbrauch, insbesondere in den industrialisierten Ländern, die Erdtemperatur um bis 5 °C im schlimmsten Fall bis 2 100 erhöhen. Der Meeresspiegel demzufolge bis zu 90 cm ansteigen. Sommerliche Dürren, starke Niederschlagsschwankungen und Überschwemmungen werden in unseren Gegenden zunehmen.
Existenz in Einklang mit der Natur zu bringen
Das Bedürfnis der Menschen, ihre Existenz in Einklang mit der Natur zu bringen, stellt die Herausforderung unseres Jahrhunderts dar. Dem Anstieg der Industrieproduktion und dem damit verbundenen höheren Bedarf an Rohstoffen und Energie steht die Endlichkeit an fossilen Rohstoffen und Energieträgern gegenüber. Die Problematik bei der Verwendung fossiler Brennstoffe liegt darin, dass der gebundene Kohlenstoff in Form von CO2 freigesetzt und nicht innerhalb angemessener Zeit wieder aus der Atmosphäre entzogen wird. Dies erhöht die CO2-Konzentration der Erdatmosphäre und trägt damit maßgeblich zum Treibhauseffekt bei. Die erneuerbaren Energien sind dagegen nahezu CO2-neutral und beeinflussen das Klima nicht.
Umdenkprozess in Richtung einer erhöhten Energieeffizienz
Im Interesse der nachfolgenden Generationen ist dieser schädlichen Entwicklung unbedingt Einhalt zu gebieten. Nur durch einen schrittweisen Umdenkprozess in Richtung einer erhöhten Energieeffizienz und Nutzung der erneuerbaren Energiequellen wird es möglich, den drohenden Klimawandel zu vermeiden. Um die Klimaerwärmung infolge des “menschengemachten” Treibhauseffektes abzubremsen, wurde 1997 das Kyoto-Protokoll beschlossen mit dem Ziel, bis 2012 die Treibhausgasemissionen innerhalb der EU um 5,2 % gegenüber 1990 zu reduzieren. Wenn es denn demnächst durch die Unterzeichnung seitens Russland wirksam werden wird, bedingt dies für Luxemburg die Verringerung der Schadstoffemissionen um 28 % gegenüber 1990 und dies bis 2010, leider schaffen wir dies nicht.
Lösungen für die Probleme von heute
Angesichts der drohenden Knappheit der fossilen Energieträger, allen voran das Erdöl, müssten wir doch hellhörig werden. Aussagen von Erdölspezialisten zur Folge, muss damit gerechnet werden, dass das Maximum der Erdölförderung schon gegen Ende dieses Jahrzehntes erreicht wird. Auch wenn noch einige Mammutfelder entdeckt werden, so stellt diese Menge nur einen Tropfen auf den heißen Stein dar. Die Wissenschaftler sind sich einig, dass noch etwa 1500 Milliarden Fass Erdöl zur Verfügung stehen, mit einem jährlichen Verbrauch von 30 Milliarden Fass ergibt dies eine statische Reichweite von 50 Jahren. Deshalb sollen alle unsere Bestrebungen davon geleitet werden, heute schon langsam Abschied von den fossilen Energieträgern zu nehmen. Die erneuerbaren Energien sind nämlich in der Lage, neben der dringend erforderlichen Energieeinsparung und rationellen Energienutzung, einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Kostenlose Energie im Überfluss
Die Sonne schickt uns täglich kostenlose Energie im Überfluss. Der Unerschöpflichkeit des Sonnenstrahlungsangebots steht eine relativ geringe Energiedichte gegenüber, die einen hohen technischen und auch finanziellen Aufwand bei der Nutzung erfordert. Sonnenenergie kann auf verschiedene Art und Weise genutzt werden, entweder direkt, d.h. durch thermische Solarkollektorsysteme resp. Photovoltaik oder indirekt in Form von Biomasse, Windenergie und Wasserkraft. Der stetig anwachsende Markt für die erneuerbaren Energien erbringt auch eine permanente Kostendegression, die Anlagen werden billiger und der Markt kommt in Fahrt.
Zusätzlich wird in den kommenden Jahren die Kostenschere von konventionell erzeugtem Strom und Strom aus erneuerbaren Energien nicht auseinander gehen, sondern im Gegenteil, der Strom aus erneuerbaren Energien wird immer billiger werden. Die heute abgeschriebenen alten Dampfkraftwerke werden binnen 20 Jahren aus dem Energieversorgungsnetz genommen, mit der zwangsläufigen Folge, dass sich dies auf den Strompreis auswirken wird. Allein in Europa rechnet man mit einer Ersatzinvestition von annähernd über 140.000 MW.
Was auch vielfach verschwiegen wird, sind die hohen Begleitkosten, die bei der Stromerzeugung aus den fossilen Energieträgern entstehen und die in keiner der kursierenden Rechnungen erscheinen, und das, obwohl einige dieser Begleitkosten noch von kommenden Generationen getragen werden müssen. Diese Kosten werden von der Allgemeinheit getragen, müssten jedoch vom Verursacher beglichen werden und sich demzufolge im Preis pro kWh widerspiegeln.
Die erneuerbaren Energien auf breiter Front unterstützen
Das Reglement zur Vergütung der elektrischen Energie, gewonnen aus den erneuerbaren Energien, wird am 31. Dezember 2004 auslaufen. Während den vergangenen drei Jahren wurde ein wahrer Boom entfacht, viele Menschen haben sich dafür entschieden, mittels der blauglitzernden Photovoltaikzellen die Erzeugung von elektrischer Energie durchzuführen und diese an die CEGEDEL abzuliefern. Für 20 Jahre wurde den Bauherren eine feste Vergütung zuerkannt und noch ist kein Ende der Erfolgsstory abzusehen.
Angesichts des Umstandes, dass nun das Reglement nicht weitergeführt werden soll, hebt sich allenthalben Unmut. Dies darf nicht geschehen, die Bereitschaft zur geforderten nachhaltigen Entwicklung darf nicht gebremst werden, viele Menschen haben auf die weltweiten Appelle gehört und wollen den Paradigmenwechsel herbeiführen. Bisher wurden Solaranlagen mit insgesamt 10.000 kW installiert und durch welche mehrere Tausend t Schadstoffgase pro Jahr nicht emittiert werden. Braucht es noch weiterer Beweise zum Umdenken, wenn jede zusätzlich emittierte t CO2, heute schon mit mindestens 10 € zu Buche schlägt, dieser Wert wird in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Und wie sollen wir das geforderte Ziel der 5,7 % Einspeisung elektrischer Energie im nationalen Verbrauch bis 2010 erreichen?
Ethische Aufgabe mit planetarischer Dimension
Wir werden einen blühenden Wirtschaftszweig mit vielen dauerhaften Arbeitsplätzen gefährden und den Jugendlichen, die sich in diesen vernetzten Denkprozess durch eine adäquate Ausbildung eingebracht haben, die Chancen verbauen. Die “Chambre des Métiers” hat auch ihre Stimme erhoben und kann dem Niedergang einer ganzen Berufsparte nicht tatenlos zusehen.
Wenn aber der Einspeisetarif für Aufregung sorgt, dann möge man das Reglement umschreiben, diesen finanziellen Anreiz über den Strompreis bezahlen und nicht mehr aus dem Staatshaushalt. Diese Umlagerung würde sich auf etwa 1 € pro Person in einem Monat belaufen, fürwahr ein niedriger Beitrag für eine saubere und gesunde Umwelt. Die aktuelle Energie- und Umweltdiskussion ist eine global geführte Diskussion, häufig wird jedoch dabei vergessen, dass sie auch lokales Handeln erfordert. Wenn wir das Leitmotiv: “Global denken – lokal handeln” in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten setzen, dann werden wir den Paradigmenwechsel durchführen können zum Schutz der Umwelt und zum Gedeihen der Generationen. Vielleicht sollten wir auch an die zwei Milliarden Menschen in den Drittweltländern denken, denen das Wort Energie ein Fremdwort ist, es tut sich hier eine ethische Aufgabe mit planetarischer Dimension auf.
Marcel Oberweis
Professor Ingenieur dipl. Universität Luxemburg