Stichwort Erziehungspauschale

Der CSV-Abgeordnete und Sozialexperte Paul-Henri Meyers erläutert in einem Profil-Beitrag die Erziehungspauschale.

Stichwort: Erziehungspauschale

Der CSV-Abgeordnete und Sozialexperte Paul-Henri Meyers erläutert in einem Profil-Beitrag die Erziehungspauschale.

Durch das Gesetz vom 28. Juni 2002 wurde die Erziehungspauschale geschaffen. Ihre Bewilligung ist an mehrere Bedingungen geknüpft: Die Antragstellerin, bzw. der Antragsteller

  • muss sich der Erziehung eines eigenen Kindes oder eines Adoptivkindes gewidmet haben;
  • muss in Luxemburg wohnen (domicile) und sich zur Zeit der Geburt des Kindes oder der Adoption in Luxemburg aufgehalten haben (résidence);
  • darf in der Pension keine Leistungen beziehen durch Anrechnung der sogenannten Babyjahre oder der Erziehungsjahre;
  • muss 60 Jahre alt sein (oder vor dem 60. Lebensjahr eine Rente oder Pension beziehen).

Der Beitrag der Erziehungspauschale beläuft sich auf 80,76 Euro pro Monat.

Ausgleich für Erziehungsleistungen

Durch die Erziehungspauschale soll ein Ausgleich für Erziehungsleistungen bewilligt werden, der bei Pensionsbeziehern durch Baby- oder Erziehungsjahre erfolgt.

Die Erziehungspauschale wird daher im Hinblick auf Steuern und Beiträge für die soziale Sicherheit genau so behandelt wie die Pensionsleistungen: Es werden Beiträge für Krankenkassenversicherung und, gegebenenfalls, Steuern angerechnet.

Dadurch wird auch eine angemessene Gerechtigkeit erreicht, da “besserverdienende Erziehungspauschalbezieher” durch Steuerabzug nur mehr einen reduzierten Betrag erhalten.

Warum wurde die Erziehungspauschale geschaffen?

Durch das Gesetz vom 28. Juli 1987 wurden die Baby- und Erziehungsjahre in der Pensionsversicherung eingeführt.

Babyjahre bezogen sich lediglich auf Kinder, die nach dem 31. Dezember 1987 zur Welt kamen. Mütter (und Väter) von Kindern, die vor dem 31. Dezember 1987 geboren wurden, blieben also von dieser Maßnahme ausgeschlossen.

Babyjahre bestehen in der Anrechnung von maximal:

  • zwei Versicherungsjahren beim ersten Kind;
  • zwei Versicherungsjahren beim zweiten Kind;
  • vier Versicherungsjahren beim dritten und jedem weiteren Kind.

Die Babyjahrregelung gilt für eigene Kinder und Adoptivkinder unter vier Jahren.

Die Babyjahre können sich nicht mit anderen Versicherungszeiten überschneiden, auch nicht mit den Babyjahren selbst. Beispiel: Eine Mutter hat ein Kind im Alter von einem Jahr und sie bekommt ein zweites Kind. Das zweite Babyjahr des ersten Kindes kann nicht gleichzeitig mit dem ersten Babyjahr des zweiten Kindes angerechnet werden!

Babyjahre sind Weiterversicherungszeiten (assurance continue) und werden nur

bewilligt, wenn die in Frage kommende Versicherte, bzw. Versicherter in den 36 Monaten vor der Geburt des Kindes wenigstens 12 Monate versichert war (Referenzzeit).

Baby- und Erziehungsjahre gelten als Referenzjahre, so dass bei der Geburt des zweiten Kindes Babyjahre angerechnet werden, wenn das Kind vor Ablauf des

achten Lebensjahres des ersten Kindes zur Welt kommt.

Babyjahre sind ganz zu Lasten des Staates.

Erziehungsjahre sind Stagejahre. Letztere dienen der Vervollständigung der erforderlichen Stagezeit (40 Jahre), um in den Genuss der Mindestpension zu gelangen. Erziehungsjahre werden angerechnet für die Zeiten in denen der Versicherte ein oder mehrere Kinder unter sechs Jahren erzogen hat.

Beispiel: Frau Schmit, Jahrgang 1945, war vor der Geburt ihrer drei Kinder nicht pensionsversichert. Es können keine Babyjahre angerechnet werden. Die Kinder sind 1965, 1968 und 1970 geboren.

Im Jahre 1984 nimmt Frau Schmit eine Teilzeitarbeit an und arbeitet 20 Stunden pro Woche mit einer Entlöhnung, die dem Stundenmindestlohn entspricht. Sie arbeitet bis 1995, gibt die Arbeit auf und widmet sich der Pflege ihrer Mutter, die die Pflegezulage erhält. Die Mutter stirbt 1998. Seither arbeitet Frau Schmit nicht mehr. Frau Schmit war während 11 Jahren pensionsversichert: Sie erfüllt die Bedingung von zehn Pflichtversicherungsjahren, um eine Pension zu erhalten. Außerdem wurden 3 + 2 + 6 = 11 Erziehungsjahre angerechnet, sowie drei “Pflegejahre”. Versicherungs- und Stagezeit: 11 + 11 + 3 = 25 Jahre. Die Pension kann erst ab 2010 bewilligt werden.

Frau Schmit erhält jedoch mit 60 Jahren, d.h. ab 2005 die Erziehungspauschale von 3 x 80,76 = 242,28 € Euro.

Mit 65 Jahren erhält sie, nach heutigem Gesetzesstand eine Pension von 789,3 €Euro ( = 31.809 LUF), in der für die Erziehungszeiten 347 Euro€ bewilligt werden. Pro Kind erhält Frau Schmit also in ihrer Pension eine Leistung von 115,76 Euro€.

Dieser Betrag ist höher als die Erziehungspauschale (80,76 Euro€) so dass Frau Schmit nach 65 die Erziehungspauschale nicht mehr beziehen kann.

Verallgemeinerung der Leistungen für die Erziehungsarbeit

Der “Rentendësch” beschloss, die Babyjahre auch für die Kinder anzurechnen, die vor 1988 geboren wurden.

Damit wurden die in der Pensionsversicherung vorgesehenen Leistungen für die Erziehungsarbeit verallgemeinert.

Es stellte sich für die CSV die Frage, welche finanziellen Leistungen denjenigen Eltern zu bewilligen sind, die kein Anrecht auf eine Pension und somit kein Anrecht auf Baby- und Erziehungsjahre hatten.

Sollte ihre Erziehungsarbeit nicht honoriert und anerkannt werden?

Die CSV ist der Meinung, dass jede Erziehungsarbeit anzuerkennen ist und durch eine gleichwertige Leistung honoriert werden soll.

Die CSV hat dem “Rentendësch” daher die Schaffung der Erziehungspauschale vorgeschlagen.

Prioritär bleiben die in der Pension bewilligten Leistungen der Baby- und Erziehungsjahre.

Subsidiär, soweit keine “Erziehungsleistungen” in der Pension bewilligt werden können, wird die Erziehungspauschale bewilligt.

Die Lösung ist gerecht.

Würde der Staat die Erziehungspauschale allen Müttern zuerkennen, würden diejenigen Mütter doppelt kassieren, die außer der Leistungen, die durch Baby- und Erziehungsjahre garantiert werden, auch noch die Erziehungspauschale erhielten.

Erziehungspauschale anhand von Fallbeispielen

Die zwei nachfolgenden Beispiele können diese Tatsache belegen.

Frau A, geboren 1940. Sie hatte eine versicherte Berufsaktivität von 1958 bis 1964, d.h. sechs Jahre. Frau A heiratete 1963. Ihr erstes Kind wurde 1965 geboren ((2 Babyjahre + 5 Erziehungsjahre), ihr zweites Kind 1970 (2 Babyjahre + 4 Erziehungsjahre) und ihr drittes Kind 1976 ((4 Babyjahre + 2 Erziehungsjahre).

Vor dem Inkrafttreten der Rententischbeschlüsse durch das Gesetz vom 28. Juni 2002 hatte Frau A keinen Anspruch auf eine Pension, da sie nur sechs Versicherungsjahre geltend machen konnte (erforderliche Mindestversicherung zehn Jahre).

Durch das Gesetz vom 28. Juni 2002 bekommt Frau A acht Babyjahre angerechnet. Dadurch hat Frau A Anrecht auf eine Pension (6 + 8 = 14 Versicherungsjahre).

Anrechnung von neun Erziehungsjahren: Dadurch kommt Frau A auf 23 angerechnete Jahre (14 + 9 = 23) für die Berechnung der Mindestpension.

Die Pension von Frau A ab dem 65. Lebensjahr beläuft sich auf 725 Euro, die Anrechnung der Baby- und Erziehungsjahre beläuft sich bei der Pensionsberechnung von Frau A auf 536 Euro (178 Euro pro Kind).

Frau A erhält von 60 bis 65 Jahren die Erziehungspauschale von 3 x 80,76 = 242,28 Euro.

Da sie ab dem 65. Lebensjahr Anrecht auf eine Pension hat in der die Erziehungsarbeit durch Leistungen in der Höhe von 536 Euro gewürdigt werden, wird mit der Auszahlung dieser Pension die Erziehungspauschale eingestellt.

Wäre es gerecht, wenn Frau A zu den 536 Euro Pensionsleistungen für die Kinder noch zusätzlich 242,28 Euro (3 x 80,76) Erziehungspauschale erhalten würde und somit ihre Erziehungsarbeit mit 778 Euro (536 + 242) honoriert würde?

Was sollte dann der Politiker der Frau B antworten deren Fall folgendermaßen aussieht:

Frau B, geboren 1940. Frau B hat keine Versicherungszeit. Sie heiratete 1958 und hat drei Kinder (geboren 1960, 1962 und 1965).

Frau B kann weder von Baby- noch von Erziehungsjahren profitieren, da überhaupt keine Pensionsversicherung besteht.

Da alle Bedingungen des Gesetzes vom 28. Juni 2002 (Mammerent) erfüllt sind, erhält Frau B ab dem 60. Lebensjahr die Erziehungspauschale von

3 x 80,76 = 242,28 Euro.

Paul-Henri Meyers
Abgeordneter