Rückblick mit dem Landwirtschaftsminister Fernand Boden auf die fünfte Ministerkonferenz der Welthandelskonferenz in Cancun; lesen Sie an dieser Stelle Auszüge aus einem Luxemburger Wort-Interview.
Enttäuscht zeigt sich Fernand Boden im Interview mit dem “Luxemburger Wort” über den Ausgang der Ministerkonferenz in Cancun. Gleichermaßen enttäuscht ist der Landwirtschaftsminister über den Umstand, dass der Agrarsektor infolge einer groß angelegten Mediatisierung als Sündenbock für das Scheitern hingestellt wird.
LW: “Stolperte die WTO in Cancun letztlich über die Landwirtschaft?”
Fernand Boden:” Nein. Ich finde es mehr als bedauerlich, dass der Landwirtschaft nach dem ergebnislosen Abbruch der Verhandlungen der Schwarze Peter in die Schuhe geschoben wird.
Gescheitert ist Cancun letztlich an den so genannten Singapur-Themen – Investitionsschutz, transparente Vergabe von Regierungsaufträgen, fairer Wettbewerb, Abbau bürokratischer Handelshemmnisse- und an der Tatsache, dass der WTO-Generaldirektor keine anderen Punkte in die Verhandlungen einbeziehen wollte.”
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LW: “Die schwerwiegende Problematik der handelsverzerrenden Subventionen kann indes nicht geleugnet werden!”
Fernand Boden: “In diesem Punkt hat die Europäische Union im Vorfeld von Cancun ihre Hausaufgaben gemacht. Dies gilt für die weit reichende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, aber auch für die Initiative “Alles außer Waffen”, mit der die EU ihre Märkte für die Produkte der am wenigsten entwickelten Staaten geöffnet hat. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten hat Europa Kompromissbereitschaft gezeigt.
Die Angebote werden aufrecht erhalten. Wir dürfen Cancun jetzt nicht zum Vorwand nehmen, um beispielsweise die GAP-Reform wieder in Frage zu stellen – auch wenn ihre Umsetzung alles andere als einfach zu bewerkstelligen sein wird. … “
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LW: Wie sehen Sie denn nun die Zukunft der Welthandelsorganisation? Wird der Handel künftig verstärkt auf bilaterale Beziehungen aufbauen?
Fernand Boden: “Das wäre mit Sicherheit eine für die Dritt-Welt-Staaten Folgen schwere Entwicklung. Der Multilateralismus darf nicht in Frage gestellt werden, weil er allen Mitgliedern, auch den Ärmsten, Gehör verschafft. Bei einer Weichenstellung, die in bilateralen Abkommen mündet, werden viele armen Länder, die für den reichen Norden uninteressant sind, auf der Strecke bleiben.”
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(Ausschnitt aus Luxemburger Wort 20. September 2003 Seite 3)