Ein Gespräch mit dem für den Mittelstand zuständigen Minister.
Den Espresso: Sie haben vor kurzem zwei Gesetzentwürfe im Parlament eingebracht, die den luxemburgischen Mittelstand unterstützen sollen. Was ist die Zielsetzung dieser Vorlagen?
Fernand Boden: Wir haben zwei wesentliche Bereiche der mittelständischen Betriebspolitik eingehend unter die Lupe genommen und tief greifende Reformvorschläge in die Gesetzentwürfe einfließen lassen. Vor allem geht es um das Niederlassungsrecht, das an die betriebliche Wirklichkeit angepasst werden muss.
Wir wollen vor allem weiterhin und verstärkt die Scheinfirmen bekämpfen, da sie der Wirtschaft nichts bringen, keine Arbeitsplätze schaffen und die Konkursstatistik verfälschen. Dann schien es uns wesentlich, einige Berufe, wie zum Beispiel denjenigen des Buchhalters, des Wirtschaftsberaters und des Immobilienhändlers zu regulieren, da es heute erhebliche Unsicherheiten bezüglich der wirklichen Qualifizierung von Unternehmern gibt, die sich so nennen.
Ein dritter großer Fortschritt, den wir anstreben, ist die Zusammenlegung von verschiedenen handwerklichen Berufen, da dies den Kundenwünschen entspricht und wir in einigen spezifischen Handwerksbereichen kaum noch Nachwuchskräfte finden. Deswegen wollen wir die Berufe attraktiver gestalten.
Zahlreiche Hilfen für Betriebe
Den Espresso: Der zweite Entwurf betrifft die finanziellen Beihilfen für mittelständische Betriebe. Wie sehen hier die Neuerungen aus?
Fernand Boden: Tatsächlich ist die luxemburgische Praxis der Betriebshilfen zur Förderung von Investitionen der zweite wesentliche Aspekt der mittelstandspolitischen Reform, die wir umsetzen wollen. Die Hilfen werden sowohl verstärkt wie auch auf Bereiche ausgedehnt, die mit unterstützenswerten Betriebspraktiken zu tun haben.
Wichtig sind neben der verstärkten Förderung von Jungunternehmern bei der Betriebsgründung und -übernahme zum Beispiel die vorgeschlagenen neuen Zuwendungen für Investitionen in den Umweltschutz und die rationelle Nutzung natürlicher Ressourcen. Auch Investitionen, die die Verstärkung der Lebensmittelsicherheit zum Ziel haben, werden gefördert. Die Hilfen für Betriebe, die in Forschung und Entwicklung investieren, werden erhöht, und ihr Anwendungsbereich erweitert.
Schließlich setzen wir auf die mittelständischen Unternehmen als unumgehbare Träger einer resoluten Innovationspolitik in der Nutzung neuer Technologien.
Besonders hervorstreichen wollte ich die so genannten “Startdarlehen” sein, mit denen zukünftig ein Betrieb bis zu 40% seiner geplanten Erstinvestitionen als zinsgünstigen Kredit, quasi als Teil seines Eigenkapitals, zur Verfügung gestellt bekommen kann, was ihm die Kapitalbeschaffung erheblich erleichtern wird. Diese Maßnahme ergänzt den ganzen Katalog der staatlichen Direkthilfen, welche die Integrationsbereitschaft der Betriebe fördern sollen.
Kompatibel mit europäischem Recht
Den Espresso: Sind die von Ihnen genannten Unterstützungsmassnahmen mit europäischen Bestimmungen vereinbar? Es handelt sich immerhin zu einem großen Teil um staatliche Direkthilfen…
Fernand Boden: Ja, die vorgesehenen Unterstützungen sind kompatibel mit europäischem Recht, wenn sie auch unseren diesbezüglichen Handlungsspielraum fast ganz ausreizen. Mit höheren Zuwendungen würden wir sicherlich in Konflikt mit europäischen Regeln geraten. Die luxemburgischen Fördermaßnahmen zugunsten mittelständischer Betriebe sind übrigens wohl die höchsten in ganz Europa.