Ein Interview aus “Luxemburger Wort” mit der parlamentarischen Berichterstatterin Nelly Stein über den Gesetzentwurf zur Schaffung einer “Université de Luxembourg”.
Mit den Stimmen der CSV-DP-Mehrheit hat bekanntlich die parlamentarische Hochschulkommission vergangene Woche den Bericht über die Gesetzvorlage zur Schaffung einer “Université de Luxembourg” angenommen. Obwohl sich die Opposition bei der Abstimmung enthielt, bescheinigte die Ausschussvorsitzende und Berichterstatterin Nelly Stein (CSV) allen Mitgliedern eine konstruktive Kooperation. Im Interview mit dem “Luxemburger Wort” erläuterte die CSV-Politikerin die wesentlichen Merkmale des für Luxemburg zukunftsweisenden Projektes, das am kommenden Donnerstag im Kammerplenum die Abstimmungshürde nehmen und im Herbst in Kraft treten soll.
Luxemburger Wort: Welches sind die wesentlichen Merkmale des Projektes “Uni Lëtzebuerg”?
Nelly Stein: Von der Organisation her setzt sich die Univesité de Luxembourg aus drei Fakultäten zusammen: Finanz-, Rechts- und Wirtschaftsfakultät, Fakultät der Erziehungswissenschaften, Fakultät für Kommunikation, Technologie und Wissenschaft.
Als weitere Kennzeichen würde ich die Mehrsprachigkeit, die Bedeutung der Forschung, die Absolvierung eines Jahres an einer ausländischen Universität angeben.
Dreistandorte
Luxemburger Wort: Ein weiteres Merkmal sind die drei Standorte – Esch/Belval, Luxemburg-Stadt, Walferdingen-, im Gegensatz zu den meisten ausländischen Universitäten. Bleibt da nicht die Seele der Schule auf der Strecke?
Nelly Stein: Die Planung der Universität ist Bestandteil der Landesplanung und der Dezentralisierung. Ausserdem gibt es in Europa genügend Beispiele, wo sich eine Universität über ein Stadtgebiet erstreckt, so dass ich diese Gefahr nicht sehe. Nebenbei bemerkt ist die Schaffung von drei Standorten nicht im Gesetzentwurf vorgesehen, so dass gegebenenfalls andere Entscheidungen getroffen werden können.
Finanzielle Aufwendungen
Luxemburger Wort: Im Gesetzprojekt selbst erfährt man nichts über den Kostenpunkt der “Uni Lëtzebuerg”. Kann sich Luxemburg angesichts der veränderten wirtschaftlichen Voraussetzungen überhaupt noch eine Universität leisten?
Nelly Stein: Zuerst einmal will ich darauf hinweisen, dass die Ministerin die notwendige “fiche financière” eingereicht hat, die die einzelnen Kostenposten aufschlüsselt. Dann sollten Kritiker auch nicht außer Acht lassen, dass wir heute schon vier Hochschulen zu finanzieren haben. Und über den Vierjahresplan sollte es doch möglich sein, die Entwicklung der Universität vorausschauend zu steuern.
Ich weise auch darauf hin, dass die “Uni Lëtzebuerg” dazu dienen soll, die Attraktivität des Standortes Luxemburg zu steigern und neue Unternehmen anzuziehen, die wiederum für Steuereinnahmen sorgen. Es ist also falsch, zu behaupten, das Vorhaben würde Luxemburg nur Geld kosten.
Aspekt Forschung
Luxemburger Wort: Wäre es aber nicht sinnvoll gewesen, wie verschiedentlich von Fachleuten angeregt, sich auf eine Fakultät zu konzentrieren und das Hauptgewicht auf den Aspekt Forschung zu legen?
Nelly Stein: Ich sehe eine Universität als Spiegelbild der Gesellschaft. Als solche muss sie dann auch sämtliche Facetten dieser Gesellschaft reflektieren. Hinzu kommt, dass für die “Université de Luxembourg” und ihre drei Fakultäten ja schon die Fundamente bestehen und nun gewissermaßen der Oberbau geschaffen wird.
Neues Miteinander
Luxemburger Wort: Wie wird denn überhaupt das Miteinander der bestehenden Hochschulen – Cunlux. IEES, Iserp, IST – mit der neuen Struktur aussehen?
Nelly Stein: Mit Inkrafttreten des Gesetzes werden die jetzigen Hochschuleinrichtungen nicht mehr bestehen. Die von ihnen angebotenen Studiengänge werden, in der Übergangsphase, von der “Uni Lëtzebuerg” übernommen. Demzufolge wird es auch bei den bestehenden Studiengängen zu Änderungen kommen, beispielsweise bei der Ausbildung der Primärschullehrer.
Starttermin September 2003!
Luxemburger Wort: Starttermin für die Uni Lëtzebuerg soll September 2003 sein.
Nelly Stein: Richtig. Die “rentrée académique” 2003/2004 wird ganz im Zeichen der “Université de Luxembourg” stehen. Dabei geht es in einer ersten Etappe darum, die neuen Gremien zu besetzen und den Vierjahresplan zu definieren. An den Einschreibungsprozeduren für die Studenten wird sich vorerst nichts ändern; ihr Diplom zum Abschluss des Jahres wird lediglich die Bezeichnung, “Université de Luxembourg” zieren.
2003/2004 wird ein Übergangsjahr für das Hochschulwesen in Luxemburg. Weit reichendere Änderungen wird es erst zum Start 2004 geben. Und der Standort Esch/Belval wird voraussichtlich in acht Jahren die Fakultät für Kommunikation, Technologie und Wissenschaft aufnehmen können.
Das Interview mit der CSV Deputierten Nelly Stein führte Marc Schlames.