Neue Kompetenzen aneignen um am Ball zu bleiben

Gedanken zur Zeit von Marcel Oberweis, Mitglied des CSV-Nationakomitees.

Bildung und Qualifikation sind von entscheidender Bedeutung für die Lebenschancen der Menschen wie für die wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Entwicklung der Gesellschaft. Die Bildung zielt darauf, Jugendliche und Erwachsene zur Übernahme von Verantwortung im persönlichen und gesellschaftlichen Leben, in Arbeit und Beruf, in Kultur und Politik zu beschäftigen. Sie soll es ihnen ermöglichen, sich auf neue Herausforderungen, insbesondere auf den Strukturwandel in Gesellschaft und Wirtschaft, besser vorzubereiten.

Lebenslanges, kompetenzentwickelndes Lernen – eine Notwendigkeit

Die Weiterentwicklung der Erstausbildung stellt den zweiten Schritt, nicht nur hinsichtlich beruflicher Qualifikationen, sondern auch in Bezug auf gesellschaftliches Wissen und Orientierungsvermögen dar. Nur lebenslanges, kompetenzentwickelndes Lernen befähigt die Menschen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten ständig weiterzuentwickeln, ein eigenständiges Leben zu führen, die Gesellschaft mitzugestalten und ihren beruflichen Aufstieg und ihre Existenz zu sichern. Lebenslanges Lernen setzt eine Veränderung der Einstellung der Menschen zum Lernen voraus. Wesentliches Ziel aller Bildungsbemühungen muss es daher sein, die Befähigung zum selbständigen Lernen sowie die Akzeptanz und Bereitschaft zu lebenslangem Lernen zu fördern.

In der Wissensgesellschaft ist die Lern- und die Lehrzeit durch einen Beginn gekennzeichnet, ein Ende hingegen ist nicht vorgesehen, möglicherweise Zwischenziele. Wer sich aber in der wissensdurchfluteten Gesellschaft nicht weiterbildet, gerät angesichts der raschen System-, Methoden- und Produktwechsel in die berufliche Sackgasse. Sind es denn nicht die Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft über Entlassung, Umstrukturierung, Outsourcing, die alarmieren und uns deutlich machen, dass auch die Konjunkturflaute das wohlstandsverwöhnte Luxemburg eingeholt hat? Deshalb setzt lebenslanges Lernen eine Veränderung der Einstellung der Menschen zum Lernen voraus. Das wesentliche Ziel der Politik muss es sein, die Befähigung zum selbständigen Lernen sowie die Akzeptanz und Bereitschaft zum lebenslangen lernen zu fördern.

“Luxemburg weiterhin im Kreis der wettbewerbsfähigen und wissensgestützten Wirtschaften festigen”

Die Informationen seitens des Statec und der EU-Kommission hinsichtlich der Verlangsamung der Wirtschaft haben viele aus ihrem Traum wachgerüttelt. Müssen diese Meldungen jedoch Panik hervorrufen, sicherlich nicht , weiß man doch, dass Panik ein denkbar schlechter Ratgeber ist. Unser gemeinsames Ziel muss deshalb lauten, Luxemburg weiterhin im Kreis der wettbewerbsfähigen und wissensgestützten Wirtschaften zu festigen. Dies erfordert hohe Investitionen in mehreren Bereichen: Ausbildung, Weiterbildung, Forschung sowie in die bestehenden und in neu zu errichtenden Infrastrukturen. Wesentlich ist, dass größere Anstrengungen auch zu einer spürbaren Verbesserung der wissenschaftlichen und technologischen Ergebnisse, zu verstärkter Innovation und einer erfolgreichen Integration der neuen Technologien in das wirtschaftliche Umfeld führen. Insbesondere müssen wir uns dem e-business sowie dem e-learning auf breiter Front zuwenden. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung stellen einen wichtigen Aspekt dieser Bemühungen dar.

“Innovationsfähigkeit, Qualifikationen, Wissen und Fertigkeiten sind der Schlüssel zum Erfolg”

Die Zeiten sind endgültig vorbei, in denen der Mitarbeiter durch das Erlangen eines Diploms seinen einmal erlernten Beruf im Betrieb bis zur Pensionierung ausüben konnte. Eine solide Grundbildung und eine vielseitige Berufsausbildung müssen mit einem kontinuierlichen Zugang zu verschiedenen Formen des Lernens kombiniert werden. Die Jetztzeit verändert sich rasant, der Einzelne muss sich anpassungsfähig zeigen, sich neuen Herausforderungen stellen. Es zählt heute nicht mehr, wo sich jemand im Arbeitsprozess befindet, sondern es zählt vor allem, ob seine beruflichen Fähigkeiten konkurrenzfähig sind. Vom einzelnen Mitarbeiter wird verlangt, dass er sich einer stetigen Anpassung unterwirft und sein Fachwissen dauernd kritisch hinterfragt.

Vor allem jedoch die Befähigung zur Kombination von Know-how und Kreativität wird dabei Menschen von Maschinen unterscheiden und sie letztlich doch unersetzlich machen. Um nicht Opfer der täglichen Revolution der Technik, diese bewirkt immerhin den Fortschritt in der Gesellschaft, zu werden, ist es somit unerlässlich, sich dem lebensbegleitenden Lernen zuzuwenden. Die Welt von morgen wird nicht “arbeitslos” sein, sondern sie wird sich verändern, wobei für jeden Mitarbeiter, gemäss seinem Talent und Können, ein Arbeitsplatz zugewiesen werden kann. Wir müssen uns bemühen, die Fundamente für die wissensbasierte Wirtschaft und Gesellschaft zu legen und gleichzeitig die soziale Integration zu fördern.

“Wissen und Tatkraft werden weiterhin wichtige Beiträge zur Lebensgestaltung leisten”

Auf Basis der weltweit verfügbaren Informationen über neueste technische und naturwissenschaftliche Erkenntnisse wird die technische Entwicklung immer schneller voranschreiten. Die Schnelligkeit und Effizienz der Umsetzung von neuem Wissen in den Unternehmen und Verwaltungen wird ein entscheidender Wettbewerbsfaktor werden, heute bedeutet ein Informationsvorsprung auch einen Wettbewerbsvorteil, dies gilt im speziellen Maß auch für die technologischen Disziplinen. In diesem Zusammenhang mag unterstrichen werden, dass sowohl der Staat, die Arbeitgeber, die Berufskammern, die Arbeitnehmer sowie die Ausbildungsträger in einer “Task force – Wissen” zusammenwirken müssen. Die derzeitige Flaute in der Wirtschaft sollte genutzt werden, den Mitarbeitern durch die Weiterbildung neues Wissen zuzuführen um sich beim Aufschwung motiviert einzubringen. Das Lernen, sprich Vermehrung von Wissen, wird sich deshalb künftig stärker als bisher an den individuellen Arbeitsplatz verlagern und intensiver in den Arbeitsprozess einbinden.

“Weiterbildung – um mit der Welt Schritt zu halten”

Vor dem Hintergrund des berufsbegleitenden Lernens, dem Leitmotiv der zukünftigen Ausbildung, zeichnen sich Lernsysteme durch Lerninhalte mit kurzzyklischem Bestand, durch Aufgabenorientierung zur Integration von Lernen und Handeln, durch Selbstorganisation des Lerners sowie durch kooperative und zielgerichtete Lernmethoden aus. Während in den traditionellen Lernformen Wissen bisher auf Vorrat vermittelt wurde und dieses in zeitlicher und räumlicher Trennung zur Umsetzung kommt, findet neues Lernen eher verstärkt anwendungsorientiert statt. Künftige Qualifikationen stellen aber auch erhöhte Anforderungen an die Flexibilität und Geschwindigkeit des Lernens. Der zunehmende Umfang des im Laufe eines Erwerbslebens benötigten Wissens, aber auch dessen schwindende zeitliche Gültigkeit forcieren eine Dynamisierung der Wissensvermittlung. Eine kontinuierliche Weiterbildung zahlt sich in jedem Fall aus, sei es beim Weiterkommen im Berufsleben, sei es beim Wechsel des Arbeitsplatzes. Vielfach ist es wichtiger, nicht die Übernahme fremden Wissens zu verallgemeinern, sondern vor allem der Weg der eigenen erfahrungsorientierten Kompetenzaneignung ist einzuschlagen.

Eine leistungsfähige Gesellschaft, gestützt auf Kommunikation und Informatik, als Rückgrat für eine dynamische Wirtschaft, wird sich aber auch dem Thema der nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft widmen müssen. Die Veränderungen in der Arbeitswelt und den Produktionsmethoden sind nicht zuletzt auf die sich rasch wandelnde Nachfrage und die rasante technische Innovation zurückzuführen.

“Neue Maßstäbe für die Arbeitswelt von morgen”

Die wirtschaftliche Entwicklung Luxemburgs hängt entscheidend davon ab, ob und wie es uns gelingt, eine ausreichende Menge an Innovation mit hoher Wertschöpfung, sei dies nun am Bankenplatz, im Handel, im Handwerk und in den industriellen Betrieben zu generieren. Der Erfolg dieser Maßnahme setzt den effizienten Einsatz von wissenschaftlich – technischer Infrastruktur, verfügbarem Wissen, Arbeit und Kapital voraus.

Und dazu erfordern neue Arbeitsformen auch mehr geistige Mobilität, Selbstvertrauen und unternehmerisches Denken und Handeln. Hierbei kommen ureigene menschliche Qualitäten wie Initiativkraft, Kreativität, Intuition, Emotion und gesunder Menschenverstand zum Tragen. Neben der Stärkung eines individuellen Meinungsbildes umfasst die Persönlichkeitsbildung vor allem die Förderung von Offenheit, Sensibilität und Kritikfähigkeit sowie die Vermittlung von Werten wie Verantwortungsbewusstsein und Integrität.

Es steht außer Zweifle, dass in der Welt von heute die Erstausbildungselemente über kurz oder lang nicht mehr greifen, sie reichen nicht mehr aus um sich behaupten zu können. Nur durch Aufarbeitung des Bestehenden, durch Aneignung von neuem Wissen schafft es der einzelne Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz zu behaupten oder doch zumindestens eine neue Wirkungsstätte zu finden. Dieses ganzheitliche Denken in Richtung: Arbeitsplatzerhaltung und -schaffung, lässt sich aber nur erreichen, wenn die heute meist isoliert wirkenden Bereiche Wissenschaft, Wirtschaft, Schule und Staat für gemeinsame Aktionen in flexiblen Kooperationen zusammengespannt werden können.

Neue Strukturen schaffen

Wir müssen Strukturen schaffen, welche den gegenseitigen Informationsaustausch stimulieren, um das Know-how der einzelnen Wissensträger für Problemlösungen des Arbeitsmarktes einzusetzen und Synergien effizient zu nutzen. Das INFPC, als Zentralorgan für die berufliche Weiterbildung stellt sicherlich einen sehr wichtigen Pfeiler in dieser gesellschaftlichen Entwicklung dar; die Einhaltung der Gesetzesänderung vom 22. Juni 1999 bezüglich der beruflichen Weiterbildung stellt einen weiteren wichtigen Schritt auf diesem interessanten wirtschafts-politischen Bereich dar, auch lassen sich heute schon Möglichkeiten der Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinaus in die Grenzregionen ausmachen. Den einzelnen Bildungsträgern und -systemen kommt bei der Verwirklichung dieser Zielvorgabe ein eminent wichtige und entscheidende Rolle zu. Und hat nicht schon Thomas A. Edison gesagt:” Wenn wir alles täten, wozu wir im Stande sind, würden wir uns wahrscheinlich in Erstaunen versetzen”.

Marcel Oberweis

Professor Ingenieur am Institut supérieur de technologie