Lesen sie an dieser Stelle das aktuelle Luxemburger Wort Interview mit Minister François Biltgen, der seine Kandidatur für die Nachfolge von Erna Hennicot-Schoepges eingereicht hat. Im Luxemburger Wort-Interview mit dem Journalisten Marc Glesener bezog der CSV-Politiker Stellung zu diesem Schritt.
Lesen sie an dieser Stelle das aktuelle Luxemburger Wort Interview mit Minister François Biltgen, der seine Kandidatur für die Nachfolge von Erna Hennicot-Schoepges eingereicht hat. Im Luxemburger Wort-Interview mit dem Journalisten Marc Glesener bezog der CSV-Politiker Stellung zu diesem Schritt.
(MaG) François Biltgen möchte neuer Präsident der CSV werden. Gestern Morgen reichte er seine Kandidaturerklärung ein. Demnach wird der Minister sich am 18. Januar 2003 der Parteibasis stellen. Dann wird beim Nationalkongress der Christlich-Sozialen über den Nachfolger von Parteichefin Erna Hennicot-Schoepges abgestimmt. “Ich bin fit fürs Präsidentenamt” , erklärte Minister Biltgen (Jahrgang 1958) im LW-Interview.
Luxemburger Wort: Herr Biltgen, seit Wochen kursiert Ihr Name als potentieller Nachfolger von Erna Hennicot-Schoepges an der CSV-Spitze. Werden sie am 18. Januar 2003 kandidieren?
François Biltgen: Ja, ich habe meine Kandidatur gerade eben schriftlich eingereicht. Das zu tun, habe ich mir gründlich überlegt. Doch jetzt steht fest: Ich möchte, wenn die Basis mir das Vertrauen schenkt, die Präsidentschaft der Partei übernehmen.
“Das kostet sehr viel Kraft und eine Menge Zeit”
LW: Sie haben eine ganze Weile gezögert.
F. Biltgen: Ja, das war auch keine einfache Entscheidung. Es geht um einen besonders verantwortungsvollen Posten. Man wird nicht Präsident der CSV, um mit diesem Titel seine Visitenkarte zu schmücken. Ich bin seit 20 Jahren auf verschiedensten Ebenen in der Partei aktiv. In all den Jahren habe ich versucht, meine Arbeit ordentlich zu machen. Mein Bestes zu geben. ? Als immer mehr Freunde aus der Partei und andere Vertraute mir nahe legten, ich sei der Richtige, um das Steuer in der CSV zu übernehmen, habe ich schließlich ja gesagt. Wohlwissend, dass der neue Job sehr viel Kraft kosten und eine Menge Zeit beanspruchen wird.
LW. Sie legen die Betonung auf Kraft.
F. Biltgen: Ganz richtig. Wie Sie wissen, befand ich mich vor genau einem Jahr in Rekonvaleszenz. Nach einem Krebsleiden und einer Operation musste ich mich erholen, neue Kraft sammeln. Heute bin ich wieder fit. Doch während meiner Krankheit merkte ich, dass man nicht unendlich an seinen Kräften zehren kann. Das Leben als echter Workaholic ist nicht alles. Man braucht ein physisches und psychisches Gleichgewicht. Das ist für mich eine Erkenntnis, an der ich mein Leben heute als glücklicherweise wieder gesunder Mensch ausrichte.
“Eine Sache der Organisation und des Delegierens”
LW: Das Arbeitsministerium und das Ressort Medien und Telekommunikation fordern Ihnen so Manches ab. Haben Sie da überhaupt noch Zeit, sich um die Partei zu kümmern?
F. Biltgen: Das könnte eng werden mit der Zeit. Aber alles ist eine Sache der Organisation und des Delegierens. Erlauben Sie mir aber auch daran zu erinnern, dass zum Beispiel im Arbeitsministerium die meisten der ganz dicken Brocken aus der Regierungserklärung bereits bewältigt worden sind, oder sich auf der richtigen Bahn befinden. Ich denke da zum Beispiel an das Kollektivvertragsgesetz. Andere wichtige Texte sind in Vorbereitung. Auch im Mediensektor läuft so gut wie alles nach Plan. Ich habe demnach Spielraum.
LW: Doch in Krisenzeiten könnte sehr schnell immer mehr vom Arbeitsminister abverlangt werden.
F. Biltgen: Dessen bin ich mir voll bewusst. Gerade deshalb will ich ja auch, vorausgesetzt ich werde gewählt, in der Partei auf Mannschaftsspiel setzen. Die Partei ist nicht nur ein Präsident.
“Ein Kompetenzteam an der Spitze”
LW: Haben Sie sich schon konkret Gedanken darüber gemacht, wie sie – um in der Fußballersprache zu bleiben ? ihre Parteimannschaft aufstellen werden?
F. Biltgen: Mit den neuen Statuten wurde eine Exekutive an der Parteispitze eingesetzt. Ich schlage vor, dieses Gremium zu einem echten Kompetenzteam auszubauen. Zu einer Gruppe, in der sämtliche Komponenten und Sensibilitäten der Volkspartei CSV vertreten sind.
LW: Die Bildung eines Kompetenzteams ist ? auf Luxemburg bezogen ? ganz neu. Welche anderen Akzente wollen sie als Parteichef setzen?
F. Biltgen: Mir scheint die Mobilisierung der Mitglieder durch gezielte Information über das politische Leben wichtig. Darüber hinaus möchte ich die Idee einer Stiftung zur politischen Bildung aufgreifen. Dann sollte die CSV im Sinne einer Öffnung auch verstärkt in die Diskussion mit Nicht-Mitgliedern treten. Parallel dazu muss die CSV immer wieder die eigene Identität hervorstreichen, wie sie es mit dem neuen Grundsatzprogramm getan hat. Das war übrigens ein starkes Stück Arbeit, was unter dem Impuls von Generalsekretär Jean-Louis Schiltz da geleistet worden ist. Ich möchte auch die Geschichtsschreibung der Partei fortführen. Ein Unterfangen, das von Erna Hennicot-Schoepges gestartet worden ist.
“Nicht der verlängerte Arm der Regierung”
LW: Öffnung der Partei. Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor?
F. Biltgen: Die Partei, wie ich sie sehe, ist keineswegs der verlängerte Arm der Regierung. Sie ist der Kopf, der über die Reformen von morgen nachdenken muss. Bei diesem Prozess ist es wichtig, möglichst viele Kräfte des Landes einzubinden.
LW: Ein Parteipräsident muss in erster Linie integrieren. Nun kommen sie aus dem Südbezirk, sind ein bekennender Sozialpolitiker. Das könnte manch einen konservativen Parteigänger – vor allem aus dem Zentrum ? stören.
F. Biltgen: Der Präsident muss für alle Bezirke und Mitglieder da sein. – In die Mannschaft des Bezirks Zentrum und Präsident Claude Wiseler habe ich volles Vertrauen. – Als sozial denkender Mensch bekenne ich mich – wie auch die CSV – zur sozialen Marktwirtschaft. Das heißt eben auch zum Markt und zur Eigenverantwortung. Aber eben auch zur sozialen Verantwortung. Was das von Ihnen angesprochene mögliche Konfliktpotenzial angeht, so muss die Partei auch in Zukunft das Gleichgewicht zwischen sozialen, konservativen und liberalen Elementen erhalten.
“Ja zu einem Gesetz über Parteienfinanzierung”
LW: Als Parteichef wären Sie auch mitverantwortlich für die CSV-Finanzen. Eine ganz konkrete Frage in diesem Zusammenhang: Braucht Luxemburg ein Parteienfinanzierungsgesetz?
F. Biltgen: Ja, die Finanzen der Parteien müssen offen gelegt werden. Da bin ich derselben Meinung wie Ex-Präsident Juncker. Wir haben prinzipiell mit einer gesetzlichen Regelung der Parteienfinanzierung kein Problem. Wo aber vorher viele technische Fragen beantwortet werden müssen.
LW: Die CSV ist ein Altherrenclub. Das hört man immer wieder …
F. Biltgen: … dabei stimmt es nicht. Fast ein Drittel unserer Mitglieder ist unter 36. Wenn man die Entwicklung der Mitgliederzahl genau betrachtet, stellt man fest, dass gerade immer mehr Jungendliche in die Partei eintreten. Das finde ich gut. Deshalb will ich auch die Mitsprache der jungen Mitglieder stärken.
“Verantwortungsbewusste Partei mit festen Grundsätzen”
LW: Wenn sie nun Parteipräsident werden, wollen Sie sicher auch neue Mitglieder anwerben. Mit welchem Argument würden Sie einen “potentiellen Kunden” zu überzeugen versuchen?
F. Biltgen: Ich würde Ihm sagen, dass die CSV eine Partei mit klaren humanistisch-ethischen Grundsätzen ist. Grundsätze, zu denen sie auch steht. Ferner würde ich ihm erklären, dass wir eine Partei sind, die besonders in schwierigen Zeiten, Verantwortung übernimmt.
LW: Herr Biltgen, wir danken Ihnen für dieses Gespräch
Das Gespräch, publiziert am 14.12.02 im Luxemburger Wort, führte Journalist Marc Glesener.